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Die Tote am Watt

Die Tote am Watt

Titel: Die Tote am Watt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisa Pauly
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und seinem Laden, über dem der Pleitegeier kreiste, von seiner verbitterten Frau und dem todgeweihten Kind. Als der Wind durch eine Hofeinfahrt keuchte, hörte Mamma Carlotta das quälende Luftholen wieder und spürte erneut die Angst vor der Stille zwischen den Atemzügen. Tief atmete sie ein und aus und war glücklich über die eiskalte Luft, die ihre Lungen füllte.
    »Hallo, Signora!«
    Sie war gerade auf dem Bahnhofsvorplatz angekommen, als die Bremsen hinter ihr quietschten.
    Tove Griess öffnete die Beifahrertür, ohne lange zu fragen. »Steigen Sie ein! Anscheinend bin ich dazu berufen, Sie vor dem öffentlichen Nahverkehr Sylts zu bewahren.«
    Mamma Carlotta war hocherfreut. »Fahren Sie nach Wenningstedt?«
    »Und wenn ich nach Hörnum müsste, ich würde Sie erst nach Wenningstedt bringen, Signora!«
    Carlotta Capella war anfällig für Galanterien in jeglicher Form. Sie wäre nie auf die Idee gekommen, einer besonderen Freundlichkeit zu misstrauen. Auch jeden noch so verwegenen Schönredner nahm sie beim Wort, wenn er ihr Komplimente machte, die ihr guttaten. Wenn Tove Griess sagte, er wäre allein für Carlotta Capella in die entgegengesetzte Richtung gefahren, dann glaubte sie das unbedingt.
    Entsprechend zufrieden thronte sie kurz darauf auf dem Beifahrersitz. Aber ihr Wohlbehagen hielt nicht lange an. Sie waren noch nicht am Flughafen vorbeigefahren, da fiel ihr ein, warum sie zu Fisch-Andresen gegangen war. »Nicht nur, weil ich ihn für einen sehr, sehr merkwürdigen Menschen halte, sondern auch, damit ich den Kindern ein gutes Mittagessen vorsetzen kann! Zum Kochen bleibt ja keine Zeit mehr!«
    Tove nahm den Fuß vom Gas. »Merkwürdiger Mensch? Wie meinen Sie das?«
    Mamma Carlotta nickte zerstreut. »Dass ich ihm alles zutraue! Wie komme ich jetzt noch an einen schönen frischen Fisch? Enrico glaubt doch, dass ich zu Andresen gegangen bin, um einzukaufen. Er meint sonst noch, ich wollte mich in seine Ermittlungen einmischen.«
    »Und das wollen Sie natürlich nicht.« Tove warf Mamma Carlotta einen scharfen Blick zu.
    »No, no!«
    »Wir können in Wenningstedt bei Feinkost Meyer Halt machen. Die haben auch frischen Fisch. Sie müssen nur die Verpackung vernichten und behaupten, Sie hätten ihn bei Andresen gekauft.«
    Mamma Carlotta seufzte erleichtert auf. »Una buona idea!« Sie rutschte wieder in eine angenehme Position. »Enrico wird noch selbst darauf kommen, dass es Andresen gewesen sein könnte.«
    Wieder nahm Tove den Fuß vom Gas. »Sie meinen, er könnte der Mörder sein?«
    »Ich traue ihm das zu«, entgegnete Mamma Carlotta, als ginge es darum, ob jemand einen Blumentopf zerbrochen haben könnte. »Er gehört zu den wenigen, die regelmäßig bei Christa Kern waren. Und er braucht Geld. Wussten Sie, dass Andresens Kind nur noch durch eine Operation in den USA gerettet werden kann? Dass aber keine Krankenkasse sie bezahlt?«
    Tove nickte langsam. »So eine Operation kostet viel Geld, das habe ich schon gehört. Und Wolf Andresen ist ein unangenehmer Typ. Dem ist wirklich alles zuzutrauen.«
    »Ecco!« Mamma Carlotta saß nun kerzengerade. »Er hat ein Motiv, und er hatte Gelegenheit. Außerdem kannte er sich bei Christa Kern aus und wusste vermutlich, wo das viele Geld lag, das sie im Hause hatte.«
    Tove Griess trat auf die Bremse, dann wechselte er wieder aufs Gas. »Woher wissen Sie das?«
    Mamma Carlotta biss sich auf die Unterlippe. Erik hatte von Diskretion gesprochen, von internen Ermittlungsergebnissen, die nicht an die Öffentlichkeit gehörten. Deswegen entschloss sie sich, Toves Frage nicht zu beantworten, und hoffte, das würde ausreichen, ihre Unbedachtheit Wort für Wort zu denen zurückzuschweigen, die nie ausgesprochen worden waren.
    Von da an redete Tove kein Wort mehr. Mit zusammengezogenen Brauen starrte er auf die Straße und ließ sich kein Lächeln entlocken, obwohl Mamma Carlotta ihm die drolligsten Geschichten aus ihrer Verwandtschaft erzählte. So angenehm ihr Zuhörer sonst waren, die sie reden ließen und nicht darauf bestanden, mit eigenen Erzählungen zu wetteifern – diese Schweigsamkeit wurde bald beklemmend. Es fehlte einfach das rhythmische »Ja, ja!«, »Tatsächlich?«, »Nicht möglich!« oder mindestens ein summendes »Hmm«, das das Erzählen erst schön machte.
    Mamma Carlotta atmete erleichtert auf, als Tove auf den Parkplatz von Feinkost Meyer fuhr. Und es machte ihr nicht viel aus, dass er nun kein Charmeur mehr war.
    »Den Rest können Sie zu

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