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Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman

Titel: Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Rosman
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ihm zu sprechen, schien ihm zu erklären, wie er sich verhalten sollte und wie sich sein Vorgänger verhalten hatte. Alle seine Sinne waren geschärft, wenn er der Vergangenheit lauschte. Irgendetwas war geschehen, eine Kraft durchströmte ihn, eine Stärke und ein Scharfsinn, die er so noch nie erlebt hatte. Auf dem Maskenball traf er zum ersten Mal auf Menschen, die voll in ihrem »anderen Ich« aufgingen, sich verkleideten und andere Seiten ihrer Persönlichkeit auslebten. Rollenspieler.
    Marianne fühlte sich auf Nygård wie zu Hause und hieß die Gäste des Frühlingsfestes willkommen, als gehörte das Gut ihr. Und es hätte ihr auch gehören können, ihnen beiden. Kristian versuchte, den Gedanken abzuschütteln, aber er schien ihm nun immer öfter zu kommen. Er war froh, dass er sich entschlossen hatte, dabei zu sein. Er tanzte und nahm an den rituellen
Übungen teil. Marianne sah ihm erst verwundert, dann beeindruckt zu und stellte ihm schließlich in Avalon und Glastonbury ausgebildete Priesterinnen, Druiden und Schamanen vor. Ihre Begrüßungsrede hatte Marianne bereits vor ein paar Stunden gehalten, und seitdem war der Geräuschpegel beträchtlich gestiegen. Kristian hatte schon eine ganze Weile nur dagesessen und sie angesehen, als sie ihn schließlich bemerkte. Die Stiefel hatten so gescheuert, dass er sie ausziehen musste und nun ohne Schuhe auf den weißen Gartenmöbeln saß und seine bloßen Füße den kalten Steinfußboden berühren ließ.
    »Da bist du ja.« Marianne stellte sich neben ihn und legte ihm eine Hand auf die Schulter. »Wie gut das alles geklappt hat. Hast du Asko gesehen?«
    »Asko? Wir sind doch gleich angezogen.«
    »Ich weiß, aber er identifiziert sich wirklich mit seiner Rolle.«
    Kristian drehte sich um und erblickte den Freund. Er schritt durch die Menge und schenkte hin und wieder jemandem, der sich tief genug vor dem Pfarrer verbeugt hatte, ein gnädiges Nicken.
    »Mein Gott«, sagte Kristian. Nicht einmal die Körpersprache schien der von Asko zu entsprechen. Kristian konnte ihn verstehen. Die Stiefel waren zwar hart und unbequem, aber er fühlte sich in ihnen wirklich wie ein anderer Mensch.
    »Mir ist eine Idee gekommen.« Kristian massierte seine kalten Füße. Dann beschloss er, die Stiefel wieder anzuziehen. »Vielleicht wäre es einen Versuch wert, Asko an einem Rollenspiel teilnehmen zu lassen. Erinnerst du dich an unser Gespräch über meinen Patienten?«
    Marianne schwieg lange, bevor sie ihm eine Antwort gab.
    »Erstens bin ich mir nicht so sicher, ob das eine gute Idee ist, Kristian, und zweitens: Wie kommst du darauf, dass er das mitmachen würde?«
    »Glaubst du, dass er hier nur dir zuliebe mitmacht? Er hat sich immer gern verkleidet. Wusstest du das nicht? Blockierte Energien freisetzen, nennst du das nicht immer so? Ich halte es für eine gute Idee. Du könntest wenigstens darüber nachdenken.« Kristian stand auf.
    »Interessant, dass ausgerechnet du, der heimlich nach biologischen Müttern sucht, die nicht einmal die Bezeichnung verdient haben, von guten Ideen sprichst. Ehrlich gesagt, hätte ich nicht gedacht, dass er hier mitmacht.« Sie deutete auf die Menschen und die brennenden Fackeln, die den alten Gutshof umgaben.
    Er rauschte in seinem Mantel davon, obwohl er es eigentlich gar nicht wollte. Die Stiefel schienen einen eigenen Willen zu haben. Marianne sah ihm hinterher. Er spürte ihren Blick im Rücken.
    In dieser Nacht wandelten zwei Priester auf Nygård. Beide suchten sie in der Vergangenheit nach Antworten, und bei dem einen gewann allmählich eine noch ungewohnte Seite der Persönlichkeit an Gewicht. Das Rollenspiel bot ihm die Möglichkeit, seine verdrängte dunkle Seite auszuprobieren und zu entfalten. Erinnerungen aus einer längst vergangenen Zeit kamen zum Vorschein, und manchmal war schwer zu erkennen, ob es seine oder die eines anderen waren.
     
    Folke kam zum Drucker, neben dem Robban mit einem noch warmen Stapel Papier in der Hand stand, und berichtete, was bei Karins Besuch in Trollhättan herausgekommen war.
    »Die drei Frauen sind Schwestern?«, staunte Robban.
    »Damit nicht genug. Als Karin und der Kollege aus Trollhättan die Mutter der drei benachrichtigen wollen, stellt sich heraus, dass sie ebenfalls verstorben ist.«
    »Ermordet?«
    »Scheint so. Mal sehen, was sie sagt.« Folke zeigte auf Karin, die in diesem Moment zur Tür reinschritt, während vom anderen Ende des Flurs Jerker angerannt kam.
    »Geht hier denn niemand ans

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