Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
bogen sie in Richtung Malöga, dem Flugplatz von Trollhättan, und kurz darauf sahen sie das gelbe Schloss. Nygård.
Verwundert betrachtete Margareta die Testergebnisse vom Labor. Es war ein spontaner Einfall gewesen, die Blutproben miteinander vergleichen zu lassen. Sie wusste gar nicht genau, wie sie auf die Idee gekommen war.
»Das ist doch wie verhext!«, sagte sie laut zu sich selbst. »Wie verhext ist das.«
Sie griff zum Telefon und wählte vergeblich Karins Handynummer. Bei Folke und Robban war besetzt. Allmählich war Margareta frustriert. Sie musste die drei dringend erreichen. Am Ende meldete sich wenigstens Jerker.
»Sitzt Asko noch bei euch im Verhör?«, fragte Margareta.
»Ja, Carsten spricht gerade mit ihm. Wieso?«
»Ich habe eine entscheidende Frage an ihn«, erwiderte Margareta.
»Und die wäre?«
»Wie kommt es, dass er uns nicht erzählt hat, dass alle Opfer mit ihm verwandt sind?«
»Was? Sie sind verwandt? Das kann nicht sein. Wir haben doch seine Familie gecheckt. So etwas überprüfen wir immer zuerst, das weißt du doch.«
»Meiner Ansicht nach müssten sie seine Schwestern sein, und in Anbetracht der Tatsache, dass die Frau in dem Pflegeheim in Trollhättan ihre Mutter war, ist sie wahrscheinlich auch Askos Mutter.«
»Warte kurz, Margareta, ich glaube, Carsten ist gerade hier vorbeigegangen. Bleib mal eben dran.«
Margareta hörte, wie Jerker den Hörer auf den Schreibtisch legte und sich entfernte. Dann kam er schnellen Schrittes zurück.
»Keine Ahnung, wie wir das übersehen konnten«, sagte jemand anders im Raum, bevor Jerker wieder zum Telefon griff.
»Er ist nicht mehr da. Wir hatten nicht genügend Indizien, um ihn hierzubehalten«, sagte Jerker. »Er durfte vor einer halben Stunde gehen.«
19
Mit Maritas Hilfe suchte Carsten alle Unterlagen heraus, die mit Asko Ekstedt in Zusammenhang standen. So fanden sie endlich die Lücke. Die ersten sechs Jahre seines Lebens waren schlicht und einfach nirgendwo dokumentiert worden. Er hatte sogar erst im Alter von sechs Jahren eine Personenkennzahl erhalten, und da er zu diesem Zeitpunkt bereits bei Aina und Birger Ekstedt lebte, hielt man sie natürlich für seine Eltern. Diesen Fehler hat derjenige zu verantworten, der Asko damals registriert hatte, dachte Carsten. Da Asko denselben Nachnamen trug wie Birger und Aina, mussten sie ihn anscheinend adoptiert haben.
Später war die Familie nach Marstrand gezogen. Inger Nilsson vom Jugendamt in Trollhättan war als Ansprechpartnerin verzeichnet. Marita wählte die angegebene Telefonnummer, landete aber in der Gemeindezentrale, weil Inger Nilsson seit langem pensioniert war. Der Mitarbeiter im Amt brauchte eine Stunde, um den alten Ordner zu finden, den Inger vor so vielen Jahren weggeräumt hatte, ohne sich etwas dabei zu denken.
»Unterbringung in einer Pflegefamilie …«, las Marita laut, als der Bericht eingescannt und per E-Mail an sie geschickt worden war.
Dann entdeckte sie, was die Ärzte notiert hatten, als Birger mit Asko zu ihnen gekommen war. Obwohl die Worte vor so langer Zeit aufgeschrieben worden waren und sich ganz flach aufs Papier drückten, erfüllten sie Marita mit Abscheu. Sie drehte sich zu Carsten um.
»Wenn das kein Mordmotiv ist.«
Der Scheiterhaufen war so weit. Er blickte über den Platz, den er mit Bedacht gewählt hatte. Alles war bereit. In Kürze würde er das Feuer entzünden.
Das Schicksal an sich war seit langem vorbestimmt, aber nun würde er die Fäden kappen und die beiden befreien. Sorgfältig, wenn nicht in gewisser Weise sogar liebevoll, hatte er sich den Plan zurechtgelegt.
Marianne stand mit leerem Blick neben ihm. Ihr Mund stand halb offen, und aus dem linken Mundwinkel rann Speichel. Als er vorwärtsging, erfasste der Wind den schwarzen Talar und den weißen Pfeifenkragen. Der Ort barg so viel Geschichte, und es öffneten sich hier so viele Pforten in die Vergangenheit. Für Asko und ihn selbst auch in die Zukunft. Er schlug den
Hexenhammer
auf und las, ließ die Worte dort, wo das Richtrad stand, zu Boden fallen und vom Wind in die Abendluft und aufs Meer hinaustragen. Er las die Abschnitte über den Scheiterhaufen und die Leiter, strich über die ausgetretenen Sprossen und lehnte sie an den ordentlich aufgeschichteten Haufen aus Zweigen und Brennholz.
Dann griff er nach dem kleinen Kasten, dem Seelenschrein, drehte den Schlüssel im Schloss und klappte den gewölbten Deckel hoch. Die Nasen waren in Leintücher
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