Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
darauf, dass sie weitersprach.
»Es sah so aus, als wäre jemand dort gewesen. Als wäre da ein Bett auf dem Boden. Aber wer würde freiwillig in diesem Keller schlafen wollen? Außerdem handelte es sich um den Teil, der immer abgeschlossen gewesen war. Wer wegen Hexerei angeklagt war, wurde nämlich im Rathauskeller eingesperrt, und wer am nächsten Tag hingerichtet werden sollte, hatte dort einen besonderen Platz.«
»Was hast du gesagt?«, fragte Robban. »Dort war jemand eingesperrt?«
»Das weiß ich nicht, aber es sah so aus. Ich habe ein Geräusch gehört, aber die Tür war ja abgeschlossen. Während ich nach oben rannte, um den Schlüssel und eine Taschenlampe zu holen, hätte die Person, die sich hinter der verschlossenen Tür befunden hatte, ja verschwinden können«, sagte Sara.
»Aber wie? Auf welchem Weg? Ich meine, wenn die Tür abgeschlossen war?«, fragte Robban.
»Durch den anderen Ausgang. Die alte Eisentür, die zur Långgatan führt.«
»Warte mal kurz«, sagte Johan. »Wir waren doch gestern Abend noch bei Frau Wilson, und die hatte gesehen, dass die Tür offen stand. Sie hatte Windlichter im Garten angezündet, damit die Hexe nach Hause findet, und redete wirres Zeug.«
»Würdest du uns den Keller zeigen?«, erkundigte sich Robban.
»Na klar, wir können sofort hingehen.«
»Ist das Gebäude 1647 erbaut worden?«, fragte Robban, als Sara die Kellertür aufschloss.
»Ja, von den Dänen. Wir gehörten ja damals zu Dänemark. Alle Häuser waren aus Holz, und die Dänen hatten den Bewohnern von Marstrand Steuererleichterungen versprochen, wenn sie ihre Häuser aus Stein bauten, weil wegen der dichten Besiedlung die Feuergefahr so hoch war. Marstrand wurde natürlich weiterhin von Bränden heimgesucht. Es blieb bei einem einzigen Haus aus Stein, und das war dieses hier.«
Folke sah sich im Keller um. Die Decke war niedrig und die Wände waren weiß gestrichen. Hier und da war Putz abgeblättert, was die alten Ziegelsteine freigelegt hatte. Der Raum war vollgestopft mit Krempel, und das Metallregal an der einen Längswand war voller alter Holzkisten. Nur ein Fleckchen gleich neben der Treppe war noch frei. Theoretisch konnte hier jemand eingesperrt gewesen sein, aber ob es tatsächlich so war, ließ sich nur schwer oder überhaupt nicht sagen. Folkes Blick fiel auf ein Paar alter Handschellen an einer Eisenkette. Die Eisenkette war neben dem freien Fleckchen in die Wand eingelassen.
»Handschellen?«, fragte Folke. »Hängen die immer da?«
»Keine Ahnung. Sie wurden früher bei der Prügelstrafe verwendet, deswegen befindet sich neben der Kette ein Haken für den Stock. Ob sie gestern schon da waren, weiß ich nicht«, sagte Sara. »Sie hätten uns eigentlich auffallen müssen, aber das Licht funktionierte ja nicht, und wir hatten nur eine Taschenlampe.«
Robban musterte die alte Eisentür zur Långgatan. In dem Augenblick klingelte sein Handy. »Und die glauben, es ist Kristian Wester? Danke, wir machen uns sofort auf den Weg. Komm, Folke, wir müssen los. Auf Brattön brennt es, und angeblich befindet sich Kristian Wester dort, eventuell mit Marianne Ekstedt.«
Sara sah sie verwundert an.
»Kristian Wester? Wisst ihr, wer das ist?« Sie dachte an das, was Majken ihr am Telefon erzählt hatte.
»Ja, er spielt auch eine Rolle in unseren Ermittlungen.« Robban stieg die schmale Treppe hinauf.
Sara dachte nach. Brattön, die Familienbande, Ekstedt und Wester.
»Es klingt natürlich vollkommen verrückt, aber ich sage es trotzdem. Ich habe euch doch erzählt, dass Asko und Marianne Ekstedt verwandt sind mit Malin, die hier in Marstrand 1669 wegen Hexerei angeklagt und zum Tode verurteilt wurde. Asko und Marianne Ekstedt sind gut mit Kristian Wester befreundet. Das Interessanteste ist jedoch, dass Kristian Wester mit Fredrik Bagge verwandt ist, der an den Hexenprozessen beteiligt war. Wenn man es zuspitzen möchte, kann man sagen, dass der Ahnherr von Kristian Wester die Ahnherrin von Asko und Marianne hingerichtet hat. Vor dreihundert Jahren hier in Marstrand. Und Brattön sagt hier niemand, die Insel wird von allen nur der Blocksberg genannt.«
»Danke.« Carsten legte auf.
Er erhob sich vom Stuhl und ging zum Fenster. Es war Mariannes ungewöhnlichem Koffer zu verdanken, dass man sie auf dem Überwachungsvideo vom Flughafen Landvetter gefunden hatte. Carsten würde die Bilder jeden Moment per E-Mail bekommen. Als der Computer ein »Ping« von sich gab, setzte er sich
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