Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
vorknöpfen.«
»Es könnte auch eine Frau sein«, sagte Karin.
»Ja, ja, selbstverständlich. Wie war denn nun dein Date?«
»Unheimlich nett. Wir haben die ganze Nacht geredet. Ich habe in seinem Arm geschlafen. Etwas unbequem, aber romantisch.«
»Wie bitte? Mehr erfahre ich nicht?«, fragte Robban.
»Viel mehr gibt es da gar nicht zu erzählen. Abgesehen davon, dass wir mit Silberbesteck und von einem Service aus dem achtzehnten Jahrhundert gegessen haben und er wahnsinnig gut kocht. Er wohnt in der Prinsgatan in der großartigsten Wohnung, die ich je gesehen habe.«
»Prinsgatan – oha.« Robban grinste.
»Ich wollte noch berichten, was ich gestern in Trollhättan erfahren habe … Wo sind überhaupt Carsten und Folke?«
»Wo Carsten steckt, weiß ich nicht. Folke verbessert wahrscheinlich gerade einen armen Teufel, der im selben Fahrstuhl wie er gelandet ist.«
In diesem Augenblick kam Folke, mit dem Handy noch am Ohr, herein.
»Carsten hat angerufen, er ist beim Zahnarzt. Wir sollen ohne ihn anfangen.« Folke hängte seine Jacke auf.
Sie setzten sich in einen kleineren Konferenzraum, um den Stand der Dinge zu besprechen.
»Im schlimmsten Fall haben wir es mit drei Leichen zu tun«, sagte Folke. Karin und Robban blickten auf.
»Drei?«
Folke zählte an den Fingern ab.
»Die Leiche am Fluss in Trollhättan. Sie ist dort zerstückelt worden, doch der Kopf fehlt. Die Leiche am Opferstein in Marstrand hat auch keinen Kopf, und dann wäre da der Kopf in dem Garten. Er könnte rein theoretisch von einer dritten Person stammen. Falls er zu keiner unserer Leichen passt.«
Ein Klopfen unterbrach die Diskussion. Carsten trat ein.
»Also«, begann ihr Vorgesetzter nach einer kurzen Gesprächspause. »Was haben wir denn bis jetzt?« Er nuschelte ein wenig, und die eine Hälfte seines Mundes schien sich beim Sprechen gar nicht zu bewegen.
»Du meinst wohl ›Guten Morgen‹, so wie andere das ausdrücken«, sagte Karin.
»Morgen allerseits.« Carsten zeigte auf seinen Mund. »Ob er gut ist, weiß ich nicht so recht. Ich war beim Zahnarzt. Helene hat beim Kochen gestern übersehen, dass in dem Rezept von entsteinten Oliven die Rede war. Ich habe mir einen Zahn abgebrochen.« Er verzog das Gesicht.
»Das hört sich übel an.« Folke schüttelte den Kopf.
»Karin, wie föhlt sich dat an?«, fragte Carsten mit seinem starken dänischen Akzent, den er trotz vieler Jahre in Schweden und einer schwedischen Ehefrau nicht loswurde.
»Es muss ›fühlt‹ heißen, Carsten, mit ü«, begann Folke, doch der fiel ihm ins Wort.
»Karin, wie fühlt sich das an?«, wiederholte er, woraufhin Robban aufstand und die Arme ausbreitete.
»›Verflixt, jetzt fühlt es sich wie Liebe an …‹« Sogar Folke musste grinsen, als Karin zusammenfuhr und vor Schreck ihr Handy und das Notizbuch zu Boden fallen ließ. Sie konnte gerade noch den Kaffeebecher retten.
»Yeah«, strahlte Carsten in seinem gemütlichsten Dänisch. »Ist es wirklich wahr?« Er lachte aus vollem Hals.
»Ja, es ist ganz wunderbar!«, fasste Robban die Lage zusammen und blinzelte Karin theatralisch zu.
Mit puterrotem Gesicht versuchte Karin stammelnd, die drei Kollegen auf den neuesten Stand zu bringen. Alles, was sie bereits wussten, skizzierte sie auf dem Whiteboard. Ein verzweigtes Muster zeigte sich auf der Tafel.
»Folke hat festgestellt, dass wir es im schlimmsten Fall nicht nur mit zwei Toten zu tun haben, sondern mit dreien. Würdest du das Carsten bitte noch einmal erklären, Folke?«
»Zwei Leichen ohne Kopf und ein Kopf. Wenn der Kopf auf keinen der beiden Körper passt, haben wir dreiOpfer. Außerdem sollten wir noch einen weiteren Aspekt in unsere Überlegungen mit einbeziehen. Im Rahmen der ausführlichen rechtsmedizinischen Untersuchung der Frau vom Opferstein hat Margareta Rylander-Lilja Atropin und Opium gefunden. Atropin und Opium zählen zu den Alkaloiden, das sind Stoffe, die seit Urzeiten in rituellen Zusammenhängen, aber auch als Medikament oder als Gift Verwendung finden. Hinzugefügt werden sollte, dass diese Stoffe äußerst schwer zu dosieren sind, sowie, dass sie leicht zugänglich sind, weil sie in einer Reihe von Wildpflanzen in der Natur vorkommen.« Er legte seinen Stift auf die Schreibtischplatte und lehnte sich zurück.
»Älkäloide?« Carsten machte sich eine Notiz. »Sehr interessant, Folke.«
»Wir haben uns doch gefragt, warum die Nase fehlte«, sagte Karin. »Ich habe eine mögliche Erklärung dafür
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