Die Tote auf dem Opferstein: Kriminalroman
verstohlen von der Seite. Ob ich mit fünfzig auch so sein werde? Oder erst, wenn ich über sechzig bin? Eine Kappe werde ich aber bestimmt nicht tragen, dachte er.
Der Bungalow hatte eine weiße Klinkerfassade und war hufeisenförmig um einen Swimmingpool herumgebaut. An einem Ende des Beckens befand sich ein Lift. In der Einfahrt stand eine rote Corvette. Folke stellte sich neben den Wagen und sah sich genötigt, zu betonen, wie unpraktisch er doch sei.
»Sieht aber echt gut aus«, erwiderte Robban. »Richtig lecker, findest du nicht?« Er konnte es sich nicht verkneifen, Folke ein wenig zu provozieren.
»Schon, aber was soll man damit?« Folke musterte die breiten Reifen der Corvette. »Außerdem sind die gar nicht erlaubt.«
»Okay, Folke«, seufzte Robban müde. »Wir scheißen auf die Reifen, denn jetzt brauchen wir die Hilfe eines IT-Spezialisten, der hier wohnt. Insbesondere nachdem du unsere eigene IT-Abteilung mit der Bemerkung, sie sei langsam und inkompetent, gegen uns aufgebracht hast.Daher wollen wir ihn besser nicht darauf hinweisen, dass seine Reifen nicht zugelassen sind.«
»Aber wie würde das denn aussehen, wenn …«
Robban machte sich nicht einmal die Mühe, Folke ausreden zu lassen.
»Die wichtigste Aufgabe der Polizei besteht doch wohl darin, Leben zu retten, oder meinst du nicht?«
»Ja, laut …«
»Ganz genau. Wir wollen der Person, die diese Frauen umgebracht hat, das Handwerk legen, und deshalb ist das Aufrechterhalten der schwedischen Reifenzulassungsordnung vielleicht momentan zweitrangig. Was meinst du?« Ohne Folkes Antwort abzuwarten, ging Robban zur Eingangstür und klingelte.
Karin wartete vor dem Eingang des Präsidiums auf Carsten. Er tauchte schneller auf als erwartet.
»Was ist denn so dringend?«, fragte Carsten, als er Karin erblickte.
»Ein Einbruch.«
Er seufzte tief und breitete ratlos die Arme aus.
»Was? Ein Einbruch? Du hast dich angehört, als ginge es um Leben und Tod.« Carsten sah Karin an. Er wusste, dass sie niemals angerufen hätte, wenn es nicht wichtig gewesen wäre.
»Vielleicht tut es das auch wirklich. Das Stadtmuseum hat angerufen. Denen ist etwas abhandengekommen.«
»Einbrüche im Stadtmuseum fallen wohl kaum in unser Ressort«, wandte Carsten ein.
»Wenn es sich bei dem verschwundenen Gegenstand um ein Henkersschwert aus dem siebzehnten Jahrhundert handelt, vielleicht schon.«
Carsten starrte sie an. »Henkersschwert?«
»Komm, wir nehmen mein Auto.«
»Wollen wir nicht zu Fuß gehen? Das Stadtmuseum liegt doch in der Norra Hamngatan.« Carsten zeigte zum Kanal.
»Stimmt, da befindet sich das Ausstellungsgebäude, aber die Sammlungen werden auf Hisingen aufbewahrt. Das Henkersschwert ist offenbar aus dem Magazin verschwunden.«
Karin schloss den Wagen auf und setzte sich ans Steuer.
»Kommst du?«, fragte sie durch das geöffnete Fenster.
»Warum um alles in der Welt stiehlt jemand ein Henkersschwert?« Carsten ließ sich auf dem Beifahrersitz nieder. »Du glaubst, dieses Schwert ist die Tatwaffe?« Carsten sah sie an.
»Vielleicht. Eigentlich habe ich nur so ein Gefühl, aber denk doch mal an das ganze Drumherum. Ich stand gerade im Pausenraum, als Jerker wegen des Schwertes angerufen wurde. Die Spurensicherung kommt nachher auch und untersucht gründlich, wie es zu dem Diebstahl gekommen sein könnte. Da wir für den Diebstahl selbst nicht zuständig sind, habe ich um einen Vorsprung gebeten. Aber ein Schwert aus dem siebzehnten Jahrhundert liegt in meinen Augen auf einer Linie mit all dem anderen, was wir schon haben.«
Sie brauchten zwanzig Minuten, um das Magazin des Stadtmuseums in der Arendals Allé zu finden. Ein Mann in Jeans und Jackett wanderte vor den geschlossenen Türen des ehemaligen Industriegebäudes auf und ab. Unter dem Arm trug er einen Ordner. Als Karin den Wagen abstellte, hielt er zunächst inne und kam dann hastig auf sie zu.
Carsten ergriff seine ausgestreckte Hand.
»Börje Broberg, ich bin hier der Sicherheitsbeauftragte«, sagte er ohne die Andeutung eines Lächelns und wandte sich Karin zu.
»Schön, dass du so schnell gekommen bist. Folge mir!« Eilig erklomm Börje die Treppe und schloss die Tür auf. »Bitte sehr.«
Er bat sie in eine Halle. Karin sah sich neugierig um. Sie befanden sich in einem riesigen Lager, dessen offene Räume bis obenhin voller Regale waren. Ein Gabelstapler kam langsam angefahren, hob eine Palette von der höchsten Ebene und verschwand durch einen der Gänge in
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