Die Tote im Badehaus
Höllentrip für mich zu werden. Für Sie bedeutet es vielleicht nichts, aber ich habe viel Geld bezahlt, um hierherzukommen, und das wird mir niemand zurückerstatten.«
»Ich dagegen habe nur eine meiner besten Freundinnen in Japan verloren.« Er sah mich empört an.
Ich versuchte es noch einmal. »Was war denn die Grundlage Ihrer Freundschaft? Alles, was ich gesehen und gehört habe, war, wie sie Ihnen dienlich war.«
»Ich war ihr auch dienlich!« gab Hugh zurück und errötete, als wäre ihm klargeworden, wie peinlich sich das anhörte. »Ich meine, sie wollte Englisch sprechen.«
»Das konnte sie eigentlich so gut, daß sie das kaum nötig hatte. Und für jemanden, der gerne Englisch spricht, hatte sie gestern abend wenig freundliche Worte für mich übrig.« Komischerweise war ich immer noch gekränkt.
»Das wundert mich. Sie war absolut fasziniert von Amerika. Ich habe ihr immer geholfen, die Reisebücher in der Bibliothek des TAC auszusuchen …«
»Im TAC?« fragte ich, als die Kellnerin mit zwei getoasteten Sandwiches kam, aus denen geschmolzener Käse quoll. Ich schob eines zu Hugh hinüber. »Wie um alles in der Welt sind Sie da reingekommen?« Bis dahin hatte ich angenommen, der Tokyo American Club, diese Enklave mit den astronomischen Preisen, sei exklusiv für Amerikaner der Gattung Tokyo Weekender reserviert.
»Die Mitglieder stammen aus über fünfzig Ländern, darunter auch Japan – wir sind fast alle dabei, weil unsere Firmen die Aufnahmegebühr bezahlen.«
Ich war vom Thema abgekommen. »Hat Setsuko sehr in der Ehe mit Mr. Nakamura gelitten? Kann es sein, daß er sie geschlagen hat?«
»Das bezweifle ich. Nakamura hat sich wegen der Einkäufe mit ihr gestritten, aber das war alles. Yamamoto war völlig offen zu Ihnen, was ihre Einkaufsmanie betrifft.« Hugh verzog das Gesicht. »Wenn wir einkaufen waren, haben die Angestellten sie immer mit Namen begrüßt.«
»Sie sind noch mit ihr einkaufen gegangen, als Ihre Wohnung schon fertig eingerichtet war?«
»Ja, ich, äh …«, stammelte er. »Wir waren gelegentlich zusammen einkaufen.«
»Obwohl Sie wußten, daß ihr Mann etwas dagegen hatte?«
»Das war in Ordnung. Ich habe bezahlt«, sagte er kurz.
»Was haben Sie ihr gekauft?« Ich war verblüfft.
»Wir schweifen ab«, sagte Hugh.
»Stimmt.« Ich sah ihn zweifelnd an. »Wieviel Geld haben sie, oder ist das eine unverschämte Frage?«
»Ich finde, Geld ist überhaupt kein unverschämtes Thema.« Er hob eine Augenbraue, ein gemeiner Trick. »Nakamura hat etwa vierzehn Millionen Yen im Jahr verdient, abhängig von seinem jährlichen Bonus. Sie haben ein großes Haus in einem Vorort, das auf hundertdreißig Millionen abgewertet worden sein soll, wegen der Immobilienkrise.«
Einhundertzwanzig Yen für einen US-Dollar. Ich machte ein paar schnelle Rechnungen auf meiner Serviette und kam auf einen Mindestverdienst von $116000, plus ein Haus, das fast $1,1 Millionen wert war. Ganz nett für ein Ehepaar ohne Kinder. »Und seine Frau?«
»Setsuko hat natürlich nicht gearbeitet, und sie hat kein Geld in die Ehe eingebracht. Sie war eine Trophäe, wie ihr Amerikaner sagt. Zehn Jahre jünger und viel zu hübsch für ihn.«
»Sie wissen eine Menge über die beiden.« Gestern hatte er den Eindruck gemacht, ein neuer und unwissender Freund der Nakamuras zu sein. Heute hörte er sich an wie ein Spion.
»Mr. Yamamoto klatscht gerne.« Er grinste, als hätte auch ich einen Assistenten auf Abruf zur Verfügung.
»Was läuft bei Sendai ab?« beharrte ich. »Hat sich da etwas über Nakamura zusammengebraut, so daß er durchgedreht sein könnte?«
»Glauben Sie allen Ernstes, ich würde Ihnen das sagen, wenn es so wäre?« Seine Augenbraue hob sich wieder, und ich verlor die Beherrschung.
»Natürlich, stimmt ja, Sie sind ja der Firmenanwalt! Vergessen Sie die Tatsache, daß Sie gerade einen emotionalen Zusammenbruch hatten, als ich hereinkam, Sie haben sich bewundernswert geschlagen. Die Nakamuras hatten gar kein Problem, außer daß die Frau immer wieder in einen Kaufrausch verfallen ist.«
Der Scotch mußte mir die Zunge gelöst haben. Ich hatte noch nie einem Fremden derartig die Leviten gelesen. Nach drei Jahren der Unterdrückung kam die entschlossene Amerikanerin in mir doch wieder durch.
»Wenn ich Ihnen erzählen würde, was ich getan habe, dann wüßten Sie, daß es meine Schuld ist.« Er klang düster.
Gott, was war das denn, ein Geständnis? Merkwürdigerweise war mir nicht
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