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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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Mr. Nakamura wissen. Und erzählen Sie mir bitte nichts von wegen Betriebsgeheimnis. Nicht, wenn mein Leben in Gefahr ist.«
    »Schon gut, schon gut.« Er hielt in gespielter Kapitulation die Hände hoch. »Aus den Firmenakten kenne ich seinen Namen – Seiji Nakamura –, aber Sie können sich wahrscheinlich vorstellen, daß unser Verhältnis nicht so ungezwungen war, daß wir uns beim Vornamen genannt hätten. Jedenfalls hat er Mitte der sechziger Jahre fertigstudiert und ging dann gleich zu Sansonic Stereo. Vor sieben Jahren ist er ins mittlere Management im Bereich strategische Planung aufgestiegen. Den Posten hat er aufgegeben, um zu Sendai zu wechseln.«
    »Ich wäre von einer berühmten Firma wie Sansonic nie weggegangen. Sendai ist neuer, deshalb sind die Sozialleistungen nicht so gut. Und Japaner seines Alters arbeiten normalerweise ihr ganzes Leben für dieselbe Firma.«
    »Das ist richtig. Setsuko hat mir erzählt, daß ihr Mann zu kämpfen hatte, als die jüngere Generation langsam, aber sicher aufgestiegen ist. Er hat ein paar gute Vorschläge ignoriert, weil für ihn die Vorstellung, daß ihm seine Angestellten den Rang ablaufen, unerträglich war.«
    »Madogiwa-zoku«, murmelte ich. Bei Hughs verständnislosem Gesichtsausdruck erklärte ich: »Das ist ein Slangausdruck, der wörtlich übersetzt Fensterplatz-Posten bedeutet. In meiner Firma bekommen die älteren Männer einen Schreibtisch am Fenster, weil sie nicht mehr richtig im Geschäft sind.«
    »Wirklich? Mein Büro hat Fenster.« Hugh hörte sich nachdenklich an. »Um wieder zu meiner Geschichte zurückzukommen, Sendai hat Angestellte in Schlüsselpositionen von der Konkurrenz abgeworben. Sie haben den Leuten viel Geld geboten, und Nakamura war so schlau zu wechseln.«
    »Weshalb sollten sie einen älteren Mitarbeiter mit Fensterplatz-Posten wollen?«
    »Er hat viel Erfahrung im Verhandeln und gute Verbindungen, er kennt tausend Leute in der Regierung, zum Beispiel auch die Zuständigen für Exporte und Patente.«
    »Also hat man ihn doch anerkannt.«
    »Bis vor kurzem. Was ich Ihnen jetzt sage, ist streng vertraulich: Die Buchprüfer von Sendai sind darauf gestoßen, daß er mit seinen Firmenkreditkarten auch private Vergnügen bezahlt. Es gab Abbuchungen für Unterhaltungsprogramme: eine halbe Million Yen an einem Abend in einer Hostessenbar, von der keiner von uns je gehört hat. Er lebt, als wären jetzt noch die verdammten Achtziger. Keiner kann sich solche Ausgaben mehr leisten.«
    Mehr als viertausend Dollar in einer Hostessenbar? Da hatte ich mir wohl doch den falschen Beruf ausgesucht. Ich fragte, weshalb man Nakamura noch nicht gefeuert hatte.
    »Eigentlich sollte er Rechenschaft darüber ablegen, aber jetzt, wo er seine Frau verloren hat, haben sie das erst einmal aufgeschoben.« Er begegnete meiner Empörung mit einem durchdringenden Blick. »Ja, wir haben heute darüber gesprochen. Ich habe ihnen geraten zu warten, weil die Ausgaben mit Forderungen von Setsuko verbunden sein könnten und womöglich mit ihrem Tod aufhören.«
    Ich schüttelte den Kopf, als ich daran dachte, wie passiv sie die verbalen Angriffe ihres Mannes über sich hatte ergehen lassen. Daß sie die Zügel in der Hand hatte, konnte ich mir unmöglich vorstellen.
    Als wir nach Furukawa hineinfuhren, fragte ich den Fahrer, ob er uns etwas empfehlen könne. Wir entschieden uns für ein kleines, fröhlich aussehendes Restaurant, in dem es yosenabe gab, in einem Topf gekochte Gerichte, eine Spezialität der Bergregion.
    »Ist da Aal oder Tintenfisch oder sonst irgend etwas Scheußliches dabei?« fragte Hugh, als wir in ein geräumiges tatami- Zimmertraten, das mit großen Neonmeerestieren dekoriert war.
    »Keine Sorge. Es wird Ihnen schmecken«, versicherte ich ihm und bestellte Meeresfrüchte nabe für zwei Personen, eine Platte mit Krabbenscheren und kunstvoll geschnittenes rohes Gemüse, das wir in einem Topf mit Brühe garten, die auf einem kleinen Feuer, das in den Tisch eingebaut war, vor sich hin köchelte. Es tat gut, nach den komplizierten, verkrampften Abendessen im Minshuku Yogetsu etwas Einfaches zu essen.
    »Ich vermisse es nicht, mit den anderen zu essen, aber ich möchte trotzdem bald zurück.« Mit einem spitzen Metallspieß zog ich einen langen Streifen Krabbenfleisch aus einer Schere und legte ihn auf Hughs Reisschale. Ich konnte seine vergeblichen Bemühungen mit den Stäbchen nicht mehr mit ansehen. »Wir sollten jetzt schon dort sein. Ich bin mir

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