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Die Tote im Badehaus

Die Tote im Badehaus

Titel: Die Tote im Badehaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sujata Massey
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zurück, wo ich den Kopf an das harte Glasfenster lehnte. Doch die Fenster vibrierten so sehr, daß ich den Kopf an die Rückenlehne sinken ließ, die mit einem Polyesterdeckchen überzogen war. Dann spürte ich Hughs Hand in meinen Haaren.
    »Viel besser«, murmelte er und zog mich fest an seine Schulter. Es war überraschend bequem und wurde noch behaglicher, als er mich mit seinem Shearling-Jackett zudeckte. Sein Hals roch sehr gut, nach einer Mischung aus Seife, Leder und etwas Undefinierbarem. »Soll ich das Fenster aufmachen?«
    »Ja. Danke.« Diese wenigen Worte brachte ich gerade noch heraus, bevor ich die Beine auf den Sitz zog und fast in ein Koma versank, während mir der kühle Wind ins Gesicht blies. Nach einer Weile merkte ich, wie das Auto beschleunigte. Wir waren also auf der Autobahn. In den Kurven wurde ich immer ein Stückchen näher an Hughs Schulter gedrückt.
    Als ich die Augen wieder aufschlug, war es dunkel. Mir ging es eindeutig wieder besser. Hughs Hände streichelten jetzt meine Kopfhaut; ich rutschte näher, wollte, daß er weitermachte. Er hatte zwar einen miesen Charakter, aber körperlich gesehen war er himmlisch.
    »Geht es besser?« fragte er.
    »Mmm. Wie spät ist es?« Ich spürte, wie etwas meine Lippen streifte.
    »Spät.« Hugh küßte mich noch einmal. Obwohl sein Mund so sanft war, so sittsam, begann etwas in mir zu brodeln. »Ist das okay?« Er setzte sich zurück und strich mir mit dem Finger über die Wange.
    »Du stellst zu viele Fragen«, murmelte ich und dachte bei mir, daß ich ihn trotz seines Talents, in Fettnäpfchen zu treten, und seiner Unfähigkeit, mit Eßstäbchen umzugehen, wahnsinnig sexy fand.
    Er wußte es. Seine Arme umschlangen mich, er drückte mich an sich, und seine Zunge schoß in meinen Mund. Es war zu lange her, seit mich jemand so berührt hatte; als er mit den Lippen meinen Hals hinunterfuhr, bog ich den Rücken durch, und es war um mich geschehen.
    Das Auto bremste abrupt, so daß ich nach vorne fiel. Ich hatte den Fahrer ganz vergessen, vergessen, daß wir keineswegs nur ein Mann und eine Frau allein in der Dunkelheit waren. Eine Straßenlaterne schien durch das Autofenster und zeigte uns, daß wir auf dem Parkplatz des minshuku waren.
    »Ich würde ja lachen, wenn ich nicht in einer solchen physischen Notlage wäre«, sagte Hugh. »Ich kann nicht aussteigen.«
    »Ach, du meinst …«
    »Du gefällst mir einfach zu gut«, sagte Hugh heiser.
    »Das ist nur eine physische Reaktion. Es mußte ja passieren, so wie wir uns kennengelernt haben.« Ich strich meinen Campbell-Karo-Rock glatt, der gefährlich hochgerutscht war, und sprang aus dem Auto.
    »Warte.« Ich drehte mich um und sah, daß er den Fahrer bezahlt hatte und mir in seinen Mantel gehüllt folgte. »Was ist denn eigentlich so abstoßend an mir?«
    »Ich will dich nicht – vom Kopf her.« Es tat weh, auszusprechen, daß er nicht der Richtige für mich war, obwohl ich ihn so attraktiv fand. Es lag an der Geschichte mit Setsuko, und irgendwie roch ich Gefahr.
    »Kleiner Snob! Auf wen wartest du denn, jemanden, der in Cambridge studiert hat?« Er klang spöttisch.
    »Das meine ich nicht. Du bist einfach – zu alt, zu schottisch, zu …« Ich suchte nach den richtigen Worten.
    »Zu gaijin.« Er fand das letzte Wort.
    Ich antwortete nicht, sondern blieb zitternd neben der Tür des minshuku stehen. Er ging an mir vorbei, ohne mich anzusehen, und schlug mir die Tür vor der Nase zu.

9
    »Morgen ist Skifahren angesagt, also müssen wir heute früh ins Bett, neh? Jetzt, wo diese schreckliche Geschichte vorbei ist, können wir endlich das tun, wozu wir eigentlich hergekommen sind.« Yamamoto unterhielt sich mit Hugh, als ich hereinkam, nachdem ich elende fünf Minuten draußen gewartet hatte, um so zu tun, als seien wir getrennt gekommen.
    »Sie werden morgen einen großartigen Tag haben. Der Schnee ist fein wie Puder«, berichtete Taro.
    »Rei-san! Wo waren Sie? Sie haben das Abendessen verpaßt.« Yuki war auch da, und Mrs. Chapman saß neben ihr. Es war eine richtiggehende Konferenz.
    »Ich war, äh, auf Erkundungsreise.« Sobald ich dieses Wort ausgesprochen hatte, wurde ich rot, obwohl nur Hugh die doppelte Bedeutung begreifen konnte. »Mir ist kalt. Sehr kalt! Ich glaube, ich nehme ein Bad.«
    Oben zog ich mir meine Sachen für die Nacht an, bevor ich hinunter ins Bad ging, das mittlerweile frei war. Hugh brauchte ich schließlich nicht dazu. Ich hängte einfach das NUR-FAMILIEN-Schild an

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