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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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Jahren aufgenommen worden sein, denn die Astrea war schon vor längerer Zeit verschrottet worden. Aber damals, als die Ansichtskartenfotografen von Almquist und Cöster nach Motala kamen, war es Sommer gewesen, und plötzlich erinnerte er sich an den frischen säuerlichen Duft der Blumen und des feuchten Grases. Mechanisch holte er ein Vergrößerungsglas aus der Schublade. Das hatte die Form einer Schöpfkelle, und im Schaft befand sich eine elektrische Batterie. Wenn man auf einen Knopf drückte, wurde das Studienobjekt von einer 2,5 Watt starken Glühbirne beleuchtet. Das Foto war gut. Der Kapitän auf der Backbordbrücke und einige Passagiere, die sich über die Reling! lehnten, waren deutlich zu erkennen. Das Vorderdeck des Fahrzeugs war mit Kisten und Körben beladen, ein weiterer Beweis dafür, daß das Bild alles andere als neueren Datums war.
    Er hatte die Lupe gerade einige Zentimeter nach rechts verschoben, als Kollberg mit der Faust gegen die Tür schlug und eine Sekunde später im Zimmer stand.
    »Na, Schreck gekriegt?«
    »Einen Todesschreck«, sagte Martin Beck, und er spürte, wie sein Herz nicht wieder anspringen wollte.
    »Bist du noch nicht gegangen?«
    »Doch, schon längst. Ich esse gerade mit meiner Familie zu Abend.«
    »Weißt du, wie die Kollegen von der Sitte den Apparat da nennen?« fragte Kollberg und zeigte auf das Vergrößerungsglas.
    »Nein.«
    »Den Läusesucher Marie-Louise.«
    »Aha.«
    »Also, warum auch nicht. Ist dasselbe wie der Tortenheber Johanna und wie die anderen Dinger heutzutage heißen. Hast du schon das Neuste von den Rabattangeboten gehört?«
    »Nein.«
    »Wenn man den Geldscheinrechner Marcus kauft, bekommt man gratis einen Pomeranzenkuchen Ajax dazu.«
    »Na, dann kauf den doch!«
    »Dann kann ich meine Zehner-Scheine rechnen, meinst du? Wann bekommen wir übrigens Gehalt?«
    »Ich hoffe morgen.«
    Kollberg sank in den Besuchersessel.
    »Immer dieses sinnlose Quatschen.«
    »Kommt ganz unwillkürlich und führt zu nichts«, bestätigte Martin Beck.
    Beide schwiegen. Der Wortwechsel war ganz automatisch gewesen. Keiner war in besonders fröhlicher Stimmung. Schließlich sagte Kollberg: »Also wieder mal Fehlanzeige mit diesem Halbstarken in Motala.«
    »Leider. Er war’s nicht.«
    »Und daran gibt’s keinen Zweifel?«
    »Ausgeschlossen.«
    »Wenn du es sagst… Na ja, es ist ja auch ein gewisser Unterschied, ob man sich an einer Minderjährigen vergreift oder an erwachsenen Frauen einen Lustmord begeht.«
    »Finde ich auch.«
    »Im übrigen hätte sie sich niemals mit einem solchen Kerl eingelassen. Jedenfalls nicht, wenn ich meinen Kafka richtig gelesen habe.«
    »Ganz meine Meinung«, stimmte ihm Martin Beck voller Überzeugung bei. »Das paßt einfach nicht ins Bild.«
    »Wie trägt’s unser Freund in Motala denn? Sehr enttäuscht?«
    »Ahlberg? Ja, natürlich. Aber der läßt nicht locker.
    Was sagt übrigens Melander dazu?«
    »Nichts. Ich kenne den Kerl seit dem Bereitschaftsdienst während des Krieges. Das einzige, was den wirklich aus der Fassung gebracht hat, war die Tabakrationierung.«
    Kollberg nahm sein Notizbuch mit dem schwarzen Schutzumschlag heraus und blätterte darin herum.
    »Während du unterwegs warst, bin ich alles nochmals durchgegangen. Dann habe ich versucht, eine Zusammenfassung zu machen. Die Besprechung morgen bei Hammar liegt mir etwas im Magen. Ich hab hier eine Liste von Fragen zusammengestellt, mit denen er uns totsicher kommen wird…«
    »Lies mal vor.«
    »Gut, und du gibst die Antworten.«
    »Na schön.«
    »Also: Was wissen wir über Roseanna McGraw?«
    begann Kollberg.
    »Verschiedenes. Das haben wir Kafka zu danken.«
    »Richtig. Ich wage sogar zu behaupten, daß wir sie sehr genau kennen… Weiter: Was wissen wir über den Mord selbst?«
    »Wir kennen den Tatort. Wir wissen auch ungefähr, wie und wann der Mord begangen wurde.«
    »Steht der Tatort wirklich fest?«
    Martin Beck trommelte mit den Fingern gegen die Tischkante. »Ja. Die Kabine Nr. A 7 an Bord der Diana .«
    »Die Blutspritzer stimmten mit der Blutgruppe der Toten überein, aber reicht das für einen Beweis?«
    »Offiziell vielleicht nicht, aber für uns reicht es«, entgegnete Martin Beck fest.
    »Okay. Setzen wir es also als gegeben voraus.
    Jetzt der Zeitpunkt.«
    »Der Abend des 4. Juli. Nach Einbruch der Dunkelheit. Auf jeden Fall nach dem Abendessen, vermutlich irgendwann zwischen neun und Mitternacht.«
    »Richtig. Das geht aus dem Obduktionsbefund

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