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Die Tote im Götakanal

Die Tote im Götakanal

Titel: Die Tote im Götakanal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
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herunter.
    Dann ging er leise ins Schlafzimmer. Um seine Frau nicht zu wecken, zog er sich im Dunkeln aus und schlüpfte schnell ins Bett. Sie bewegte sich unruhig, und er wagte nicht, sich zu rühren. Nach ein paar Minuten wurden ihre Atemzüge wieder gleichmäßig. Da streckte er sich bequem aus, schloß die Augen und begann nachzudenken.
    Man hatte Roseanna McGraw schon auf einem der ersten Bilder gefunden. Außerdem hatten diese Fotos fünf andere Personen identifiziert: die beiden pensionierten Offiziere, deren Frauen und die Witwe Liebeneiner. Er konnte damit rechnen, fünfundzwanzig bis dreißig Bildsammlungen zu bekommen, und wahrscheinlich umfangreichere als die vorliegende. Wenn jeder Fotograf die auf den Fotos befindlichen Personen namentlich bezeichnete, würde man endlich in der Lage sein, Roseanna McGraws letzte Reise zu verfolgen. Sie würden diese Reise vor sich ablaufen lassen wie einen Film.
    Vieles hing jetzt an Kafka und an dem, was bei den acht Ehepaaren aufzutreiben war, die sich damals mit auf der Reise befunden hatten. Die wohnten über den ganzen nordamerikanischen Kontinent verteilt. Amerikaner sind für ihre Fotografierleidenschaft bekannt – und außerdem: Wenn Roseanna McGraw außer mit dem Mörder noch andere Bekanntschaften geschlossen hatte, dann doch wohl mit ihren eigenen Landsleuten. Vielleicht sollte man den Mörder unter den Amerikanern suchen. Vielleicht würde er eines schönen Tages mit dem Telefonhörer am Ohr dastehen und durch das Ätherrauschen Kafkas Stimme hören: Yeah, I shot the bastard.
    Mitten in diesen Gedanken schlief Martin Beck ein. Schneller und müheloser als seit langem.
    Auch der nächste Tag war grau und naßkalt. Das letzte gelbe Laub klebte traurig an Hauswänden und Fensterscheiben.
    Als hätten Martin Becks nächtliche Gedanken ihn erreicht, schickte Kafka ein lakonisches Blitztelegramm:
     
    ERBITTE GENAUERE INFORMATIONEN
     
    Zwei Tage später erschien Melander, der bekanntlich nie etwas vergaß, nahm die Pfeife aus dem Mund und verkündete in seiner unerschütterlichen Art: »Uli Mildenberger ist in Heidelberg, schon den ganzen Sommer über. Soll er vernommen werden?«
    Martin Beck überlegte fünf Sekunden. »Ist nicht nötig.« Er zuckte mit den Schultern und ging hinunter in sein Büro.
    Die Nachforschungen waren jetzt in eine Phase gelangt, in der er wenig zu ihrer Beschleunigung beitragen konnte. Jetzt hieß es abwarten. Von Ahlberg in Motala ging der heiße Draht zu ihm selbst in Kristineberg; von hier strahlten die Verbindungen pfauenfederartig zu einer Reihe von Punkten auf der Landkarte aus, im Norden bis zum Nordkap, im Süden bis nach Durban und im Osten nach Ankara.
    Die unvergleichlich wichtigste Verbindungslinie führte zu Kafkas Dienstraum in Lincoln, einige tausend Kilometer nach Westen. Von dort verzweigte sie sich wieder zu einem Strahlenbündel, dessen einzelne Strahlen auf eine Handvoll Orte zuliefen, die über dem ganzen amerikanischen Kontinent verstreut lagen.
    Sollte man mit diesem gewaltigen Apparat nicht einen Mörder aufspüren und einkreisen können?
    Die Erfahrung hatte leider gelehrt, daß es nicht immer der Fall war… Das klassische Beispiel dafür war ein anderer Sexualmord, der schon Jahre zurücklag. Das Verbrechen wurde im Keller eines Mietshauses in einem Vorort von Stockholm begangen. Minuten nach der Tat hatte man die Leiche entdeckt und die Polizei alarmiert. Mehrere Personen hatten den Mörder gesehen und konnten eine ausführliche Personalbeschreibung geben. Der Mann hatte Fußspuren hinterlassen, Zigarettenkippen, Streichhölzer und dazu noch eine Aktentasche.
    Außerdem deutete der Zustand der Leiche auf eine spezielle sexuelle Abwegigkeit hin. Und doch hatten sie den Mann nicht fassen können. Der anfängliche Optimismus wandelte sich allmählich zu einem Gefühl der Hilflosigkeit. Alle Spuren mündeten im Nichts. Sieben Jahre später wurde der Mann bei einem erneuten Vergewaltigungsversuch gefaßt.
    Während der Vernehmung brach er plötzlich zusammen und gab den Mord zu.
    Für Martin Beck war sowohl das Verbrechen als auch dessen Aufklärung nur eine Episode in seinen Tagebuchaufzeichnungen gewesen. Aber für einen seiner älteren Kollegen war es von entscheidender Bedeutung gewesen. Wie gut erinnerte er sich daran, wie jener Monat für Monat, Jahr für Jahr, lange schon nachdem die Ermittlungen auf Eis gelegt worden waren, halbe Nächte hindurch an seinem Schreibtisch gesessen hatte und damit

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