Die Tote im Keller - Roman
mageren Mädchengesicht vertrieben und nur versiegelte Stummheit zurückgelassen. Wer war sie? Wo kam sie her? Wer hatte sie ermordet? Wie war sie in den Erdkeller gelangt?
Svantes Stimme drang zu ihr durch und unterbrach ihre Überlegungen.
»In Anbetracht der Kälte, die an dem Abend herrschte, an dem sie ermordet wurde, war sie erstaunlich dünn gekleidet. Ihre Kleider lagen neben ihr in dem Erdkeller. Als hätte sie ihr jemand hinterhergeschmissen, sie lagen teilweise auf ihr. Abgesehen von dem T-Shirt war sie nackt. Das T-Shirt ist aus einem Baumwollsynthetikmischgewebe, Größe XXS.«
Svante projizierte ein Bild auf die Leinwand.
Ein Kinderkleidungsstück, dachte Irene. Als sie es genauer betrachtete, erkannte sie jedoch, dass dies vielleicht doch nicht stimmte. Das kurzärmelige Top war hellrosa und stark verschmutzt. Auf der Brust stand mit großen Buchstaben SEX. Der Hals war sehr weit ausgeschnitten. Bei den schmalen Achseln des Opfers war ihr der Ausschnitt vermutlich immer über die eine Schulter gerutscht.
Das nächste Foto zeigte eine schwarze Röhrenjeans. Wieder überkam Irene ein Gefühl des Unbehagens: Kinderjeans, nicht größer als Größe 130.
»Umgenäht«, sagte Svante und deutete auf das eine Hosenbein.
Er wandte sich an sein Auditorium und fuhr fort:
»Die Jeans ist ganz neu, und wir haben auf ihr auch keine Spermaflecken gefunden.«
Er warf das nächste Bild an die Wand. Ein Paar schwarze Damenstiefel. Sie waren abgetragen, und die hohen Absätze waren abgelaufen.
»Billig. Kunstleder. Größe 35. Das Mädchen hatte aber kleinere Füße. Sie hatte sie vorne mit Papier ausgestopft. Wahrscheinlich
in einem Second-Hand-Laden gekauft, meint die Expertise, d.h. Emilia. Sie behauptet, dieses Modell sei aus den späten Neunzigern. Keine Strümpfe. Wahrscheinlich trug das Mädchen die Stiefel barfuß.«
Alle im Konferenzraum wussten, dass Emilia die neue Kriminaltechnikerin im Göteborger Präsidium war. Sie hatte vorher lange im Staatlichen Kriminaltechnischen Labor in Linköping gearbeitet und war dann mit ihrem Mann nach Göteborg gezogen, als dieser hier eine Stelle an der Technischen Hochschule Chalmers angetreten hatte. Ihr großes Wissen hatte sich bereits herumgesprochen. Außerdem war es von Vorteil, dass sie über so gute Kontakte zum SKL verfügte.
»Einen Stringtanga aus Nylon haben wir sichergestellt.«
Auf dem Bild waren ein paar verdrehte schwarze Schnüre zu sehen, die wohl das erwähnte Unterbekleidungsstück darstellten.
»Bei der Daunenjacke handelt es sich um die Größe S. Auch diese hat schon ein paar Jahre auf dem Buckel.«
Auf dem Bild war eine kurze rosa Jacke mit gestricktem Bund zu sehen. Das ebenfalls gestrickte Bündchen am rechten Ärmel war ausgefranst. Außerdem hatte die Jacke dringend eine Wäsche nötig.
»Auf der Außenseite der Jacke haben wir insgesamt sieben Spermaflecken gefunden und zwar alle im oberen Bereich der Vorderseite. Dieses Sperma stammt von zwei verschiedenen Männern. Die Flecken sind mindestens eine Woche älter als die auf dem T-Shirt.«
Irene empfand ein irrationales Gefühl der Erleichterung. Es hatten sich also doch nicht drei Männer gleichzeitig an dem Mädchen vergriffen. Der Mörder war wahrscheinlich allein gewesen.
»Habt ihr überhaupt nichts auf der Jeans gefunden?«, unterbrach ihn Birgitta.
»Nein. Wie gesagt, war sie nagelneu. Im Schritt klebte eine Menge Sekret, aber kein Sperma.«
»Frau Stridner sagte, das Mädchen habe an einer Infektion
gelitten. Wahrscheinlich haben die Typen Kondome benutzt«, meinte Jonny.
Svante nickte.
»Bestimmt. Aber ich habe auch das Gefühl …«
Er verstummte und zeigte das nächste, letzte Bild.
»Schmuck. Nicht echt und außerdem sehr billig. So Zeug, wie man es am Kaugummiautomaten bekommt.«
Auf dem Foto waren eine Halskette mit passenden Ohrringen in Form von kleinen Plastikblumen sowie drei Ringe mit bunten Plastiksteinen abgebildet. Kaugummiautomatenschmuck. Wahrscheinlich das gesamte Vermögen des Mädchens.
»Was wolltest du eben noch sagen? Du hattest das Gefühl, dass … was?«, wollte Birgitta wissen.
Svante schwieg eine Weile und antwortete dann:
»Danach zu urteilen, wo wir die Flecken gefunden haben, glaube ich, dass es sich um Oralsex gehandelt hat. Aber sie ist nicht erstickt … sie wurde erwürgt. Genaueres erfahren wir ebenfalls nach der Obduktion.«
»War nicht für heute Nachmittag ein erster Bericht angekündigt? «, erkundigte sich
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