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Die Tote im Keller - Roman

Die Tote im Keller - Roman

Titel: Die Tote im Keller - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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angeschnitten hatte, würde sie nicht lockerlassen.
     
    Irene war nervös, jetzt würde sie endlich Felipes Familie kennenlernen. Sie wusste, dass sein brasilianischer Vater früher Tänzer gewesen war. Bei einer Tournee durch Schweden hatte er vor bald dreißig Jahren seine Truppe verlassen und Felipes Mutter geheiratet. Jetzt arbeitete er schon seit etlichen Jahren als Sachbearbeiter bei einer Versicherung. Felipes Mutter Eva war Lehrerin.

    Josef Medina und sein Sohn Felipe waren sich sehr ähnlich. Sie waren groß und schlank. Josefs Haut war ein paar Nuancen dunkler. Sein silberweißes Haar war kurz geschnitten. Sein Sohn trug sein üppiges dunkles Haar in Tausenden von Zöpfchen, die ihm weit über den Rücken hingen und an deren Enden Holzperlen befestigt waren, die klapperten, wenn er den Kopf bewegte. Seine jüngere Schwester Evita war sechzehn, und Katarina hatte sie sehr gern.
    Jenny und Katarina hatten den großen Esstisch im Wohnzimmer ausgezogen, so dass neun Personen leicht daran Platz fanden. Das Zimmer war jedoch recht klein, und Gerd erhielt den Platz am Tischende, damit sie sich mühelos hinsetzen konnte.
    Das Abendessen verlief angenehm. Alle hörten interessiert zu, als Katarina und Felipe von ihren Reiseerlebnissen und von der Arbeit mit den Straßenkindern in Natal erzählten. Wenn die Kinder jeden Tag in der Schule erschienen, erhielten sie gratis Unterricht in Capoeira sowie eine Mahlzeit. Wenn sie ihre Hausaufgaben nicht machten oder schwänzten, flogen sie aus der Capoeira-Gruppe.
    »Die Schule ist ihre einzige Chance. Bildung ist der einzige Weg aus der Armut«, sagte Felipe ernst.
    Natürlich hatten sie auf ihrer Reise auch weniger angenehme Erlebnisse gehabt. Felipe war am helllichten Vormittag von vier mit Messern bewaffneten Jungen am Strand von Natal ausgeraubt worden. Niemand hatte es gesehen, nicht einmal Katarina, die nur etwa fünfzig Meter entfernt gewesen war.
    Katarina hatte vor allem die unglaubliche Armut schockiert. Manche dieser Menschen besaßen nur das, was sie am Leib trugen.
    »Aber am schlimmsten war es in Rio. Dort haben wir Kinder und Jugendliche gesehen, die in Bars und Parks darauf warteten, bis Männer sie ansprachen. Ein paar von ihnen waren nicht mal zehn! Schrecklich, diese Kerle mit so einem kleinen Jungen oder Mädchen zusammen zu sehen!«, sagte Katarina entrüstet.

    »Ein Glück, dass es das hier nicht gibt«, meinte Evita.
    Ohne sich zu besinnen, sagte Irene:
    »Doch, das gibt es hier auch. Aber wir importieren sie, also die Sexsklaven.«
    Die anderen am Tisch sahen sie erstaunt an. Sie legte sich rasch ihre Worte zurecht, ehe sie fortfuhr:
    »Menschenhandel ist ein zunehmendes Problem. Ihr habt sicher davon gelesen. Zwangsprostitution nimmt auch in Schweden zu.«
    Als sie das gesagt hatte, bereute sie es sofort. Die Stimmung hatte einen deutlichen Dämpfer erhalten. Nach einer Weile sagte Eva ernst:
    »Solange wir diese Verbrechen für das Problem anderer Länder und noch dazu solcher am anderen Ende der Erde halten, können wir offen darüber diskutieren. Aber wenn wir einsehen müssen, dass Menschenhandel auch bei uns stattfindet, wird es heikel. Denn das zwingt uns doch dazu, Stellung zu beziehen und zu handeln.«
    »Genauso ist es«, pflichtete ihr Irene erleichtert bei.
    »Ich habe darüber in der Zeitung gelesen und kann nicht einsehen, wo das Problem ist. Sperrt diese ekligen Zuhälter einfach lebenslänglich weg und helft den armen Mädchen zurück nach Hause. Oder lasst sie hierbleiben, wenn sie das wollen«, sagte Gerd mit Nachdruck.
    Wie immer war sie der Meinung, die beste Lösung des Problems parat zu haben.

I m Wetterbericht war am Vorabend vor weiterem Schneefall gewarnt worden. Irene hatte sich ihren Wecker deswegen eine halbe Stunde früher gestellt.
    Ekelhaft, das warme Bett zu verlassen und schlaftrunken ins Badezimmer taumeln zu müssen. Aber als sie einen benommenen Blick aus dem Fenster warf, gratulierte sie sich zu dieser Entscheidung. In der Nacht waren weitere zehn Zentimeter Schnee gefallen.
    Bevor Irene zur Arbeit fuhr, wollte sie Sammie noch zu einem Spaziergang überreden. Der öffnete jedoch nicht einmal die Augen, sondern schnarchte nur demonstrativ lauter und drehte sich, die Pfoten von sich gestreckt, auf den Rücken. Wenn er etwas wirklich verabscheute, dann war es, an einem kalten und nassen Morgen früh aufzustehen. Diese Einstellung teilte sein Frauchen voll und ganz. Aber im Unterschied zu ihm blieb ihr keine Wahl,

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