Die Tote im Keller - Roman
Raum.
»Hallo. Entschuldigt, dass ich mitten in die Besprechung platze, aber ich habe diesen Kommandanten aus Teneriffa wieder am Telefon. Offenbar ist wieder jemand erschossen worden. Er ist sehr aufgebracht!«, meinte sie mit vielsagender Miene.
»Sollen wir jetzt auch noch die Verbrechen aufklären, die auf den Kanarischen Inseln begangen werden, oder was?«, fragte Jonny.
»Keine Ahnung. Er spricht unglaublich schlechtes Englisch. Ich habe ihm gesagt, dass ich nicht beim Morddezernat bin, sondern zum Dezernat für Menschenhandel gehöre, und dass wir nur gelegentlich zusammenarbeiten wie jetzt im Fall der kleinen Russin. Aber er scheint das nicht zu begreifen. Jetzt will er mit dem Chef des Morddezernats sprechen. Das bist doch wohl du«, sagte sie und nickte Andersson zu.
Der Kommissar rutschte verlegen auf seinem Stuhl hin und her.
»Was? Doch … ja, das bin wohl ich«, erwiderte er.
Wenn Andersson eines verabscheute, dann war es, sich mit Ausländern am Telefon zu unterhalten. Es spielte keine Rolle, ob sie Dänen, Deutsche oder Spanier waren. Das lag vor allen Dingen daran, dass er selbst nur schlecht Englisch sprach. Eine große Rolle spielte aber auch, dass er immer schlechter hörte. In den letzten Jahren hatte ihm das zunehmend zu schaffen gemacht. Bei größeren Gesellschaften fiel es ihm sehr schwer, einzelnen Stimmen zu folgen – alles wurde zu einem einzigen Gemurmel.
»Gibt es jemanden, der Spanisch spricht?«, fragte er.
Alle Anwesenden schüttelten den Kopf. Plötzlich hob Fredrik die Hand:
»Birgitta kann Spanisch!«, rief er.
»Sie liegt im Krankenhaus und ist frühestens in zwei Wochen wieder im Einsatz«, erinnerte ihn Tommy.
Ein kurzes Schweigen machte sich breit. Schließlich sah Andersson Irene an und sagte:
»Du redest mit ihm.«
»Ich? Warum? Ich kann kein Spanisch und bin auch nicht die Kommissarin des Dezernats«, protestierte sie.
»Aber du kannst auf Englisch telefonieren«, entschied Andersson.
Es stimmte, dass sie bei der Aufklärung der Schyttelius-Morde vor einigen Jahren ziemlich viel Englisch gesprochen hatte. Mit dem Inspektor von Scotland Yard, Glen Thomsen, hatte sie immer noch Kontakt. Die Familien Huss und Thomsen hatten sich gegenseitig besucht und verstanden sich sehr gut.
Ein aufgeregter spanischer Polizeioffizier war aber trotzdem etwas ganz anderes.
»Okay. Aber jetzt ist ja schon später Nachmittag. Ich rufe ihn morgen an«, sagte Irene seufzend.
»Gut«, meinte Linda und reichte ihr ein gelbes Post-it.
Ohne ihn sich weiter anzusehen, pappte Irene den Zettel auf den Deckel ihres Blocks. Als sie ihn aufschlug, um ihre letzten Notizen zu lesen, hatte sie ihn bereits vergessen.
Linda Holm war eben durch die Tür verschwunden, da flog diese schon wieder auf. Dieses Mal hatte der Besucher nicht einmal geklopft. Er entschuldigte sich auch nicht für seine Störung. Es war Jonnys vorübergehender Gehilfe Jesper Tobiasson, der aufgeregt ins Konferenzzimmer stürmte.
»Sie haben Daniel Lindgren festgenommen!«, sagte er ganz aus dem Häuschen.
Jonny sprang auf.
»Wo?«, fragte er.
»Bei seiner Mutter in Tynnered. Aber sie wollten ihn direkt hierherfahren.«
»Okay. Wir verhören ihn, so bald er eintrifft, und fragen ihn, was er in letzter Zeit so getrieben hat. Falls es zu spät wird, kann er erst mal bis morgen in der Zelle schmoren«, entschied Jonny.
Der Kommissar rieb sich zufrieden die Hände.
»Gut. Dann können wir ihn hoffentlich der Fahrerflucht überführen oder ihn von der Verdächtigenliste streichen.« Er erhob sich, um zu bedeuten, dass die Besprechung beendet war.
Starker Schneeregen schlug gegen die Windschutzscheibe, als Irene nach Hause fuhr. Der Schnee verwandelte sich in einen zähflüssigen Matsch. Die Gullis waren schon übergelaufen, und auf den Straßen bildeten sich ganze Seen aus Schneewasser, das stellenweise bis über die Radkappen reichte. Obwohl der Berufsverkehr vorüber war, konnte sie nicht einmal die erlaubte Höchstgeschwindigkeit fahren, weil die Fahrbahn überschwemmt war.
Irene war müde, als sie die Tür ihres Reihenhauses aufschloss. Sie freute sich auf ein gutes Abendessen. Krister hatte den ganzen Tag frei gehabt. An solchen Tagen fuhr er immer in die Stadt und kaufte in der Fischmarkthalle und in der Markthalle ein. War er in Stimmung, gab es mitten in der Woche ein richtiges Festmahl.
Der wunderbare Duft von Brathähnchen und Knoblauch schlug ihr entgegen, als sie die Tür öffnete. Ihr lief das
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