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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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zurück, knurrte noch einmal und warf sich dann herum, um im Unterholz zu verschwinden.
    Die Frau ließ die Fackel sinken und blickte noch einen Moment in die Richtung, wohin das Tier geflohen war, dann hob sie den Kopf. »Ihr könnt runterkommen!«, rief sie mit kratziger Stimme. »Er ist weg.«
    Sophie öffnete schon den Mund, wollte fragen, woher sie das wisse und ob sie sich wirklich sicher sei, aber sie kam nicht dazu, denn Wilhelm machte Anstalten hinabzuklettern. Er schwankte, rutschte ab und wäre gestürzt, wenn Sophie ihn nicht gerade noch hätte halten können.
    »Langsam«, flüsterte sie atemlos und zwang ihre zitternden Hände zur Ruhe, um Wilhelm zu helfen, Stück für Stück den Baum hinabzusteigen.
    »Das gehört sicher dir«, stellte die Frau fest und hielt Sophie ihr Bündel entgegen, kaum dass sie den Grund erreicht hatten.
    »Danke«, stammelte Sophie und ließ Wilhelm los, der sich mit einem erschöpften Seufzer an den Stamm lehnte. »Haben Sie uns deswegen gefunden?«
    Die Frau lachte leise, es klang meckernd wie bei alten Weibern, und tatsächlich erkannte Sophie jetzt im unruhigen Schein der Fackel, dass ihre Retterin um einiges älter sein musste, als sie im ersten Augenblick angenommen hatte. Sie war einen halben Kopf kleiner als Sophie und ihre Bewegungen unter dem zerschlissenen Mantel verrieten einen drahtigen, an Mühsal und Entbehrungen gewöhnten Körper. Ihr Gesicht jedoch war das einer Greisin, zahnlos und von zahlreichen Runzeln und Falten entstellt. Eine gewaltige Nase ragte wie ein Krähenschnabel hervor, der zuckend nach Beute suchte. »Nicht deswegen, Kindchen. Aber nun lass uns gehen, ehe er wiederkommt.«
    »Wer sind Sie?«, fragte Wilhelm matt. Seine Augen glänzten fiebrig.
    Die Alte formte den schmallippigen Mund zu einem spöttischen Schmunzeln. »Maria Dörr, wenn du meinen Namen meinst. Aber in der Stadt kennt man mich besser als die Hexe vom Frauenberg.«
    *
    Die ›Hexe‹ drängte sie zur Eile. Es war weiter, als Sophie angenommen hatte, und als sie endlich den Hügelgrat erreicht hatten, meinte sie, nie wieder auch nur einen einzigen Schritt machen zu können. Verblüfft stellte sie fest, dass der Nebel hier oben aufgerissen war; die Nachmittagssonne stand bereits tief und tauchte den Wald rings um die Ruinen in ein warmes, sattes Licht.
    Maria führte sie an dem zerklüfteten Gemäuer vorbei ein Stück bergab zu einer Hütte, die sich Schutz suchend an den Rand eines Nadelgehölzes kauerte. Drinnen empfing sie angenehme Wärme und der würzige Duft getrockneter Kräuter, die in dicken Bündeln unter der niedrigen Decke hingen. Maria musste eine schwarze Katze vom Bett vertreiben, ehe sich Wilhelm dort niederlassen konnte. Sein Gesicht glühte inzwischen, und seine Kleidung war trotz der Kälte draußen schweißnass.
    »Wie kann man so unvernünftig sein, in dem Zustand durch den Wald zu wandern«, brummelte die Hexe, während sie Sophie half, Wilhelm von Rock und Stiefeln zu befreien. »Ihr habt eine schlechte Zeit für ein Schäferstündchen gewählt.«
    »Wir wollten kein Schäferstündchen abhalten«, widersprach Sophie, spürte aber, wie ihr das Blut in die Wangen schoss. »Wir wollten zu Ihnen. Wir haben ein paar Fragen.«
    »Das haben viele.« Die Alte grunzte und trug Wilhelms Rock zum Feuer, wo sie ihn über eine Stuhllehne zum Trocknen hängte. Anschließend schöpfte sie aus einem Fass Wasser in einen Topf und hängte ihn über die Kochstelle. »Ob ich euch helfen kann, werde allein ich entscheiden. Aber fragt, ein Versuch kostet nichts.«
    »Wir wollen nichts von Ihnen. Es geht auch nicht um uns, sondern um Katharina Wittgen.«
    Sophie beobachtete die Alte genau, aber diese suchte ungerührt weiter zwischen ihren Kräutern, als habe sie den Namen nicht gehört. »Dein Freund braucht Ruhe. Und etwas, was das Fieber senkt.«
    »Was hat er?« Unwillkürlich tastete sie nach Wilhelms Hand.
    »Das kannst du mir wahrscheinlich eher sagen.« Die Hexe steckte ihre Vogelnase in einen weiteren Kräuterbund und grunzte zufrieden, zog ein Messerchen aus ihrer Tasche und kappte die Schnur, an der der Bund aufgehängt war. »War er bereits krank, als ihr aufgebrochen seid?«
    Sophie nickte langsam. Ihr Blick wanderte zu Wilhelm, der fast auf der Stelle vor Erschöpfung eingeschlafen war. »Er sollte eigentlich im Bett sein, sagte sein Arzt …
    »Kluger Mann, dieser Arzt. Kommt nicht oft vor.« Die Hexe trat an die Kochstelle und tauchte den Kräuterbund in das

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