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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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ihre Mutter wach wurde, dann jetzt. Mit klopfendem Herzen schob sie die Tür hinter sich zu und schlang den Mantel um die Schultern, während sie unsicher die nebelverhangene Gasse hinabblickte. Diffuses Licht ließ die Konturen im grauen Schleier verschwimmen. Die Geräusche der erwachenden Stadt drangen gedämpft zur ihr heran, und erst jetzt bemerkte sie, dass das gleichtönige Poltern der Axt auf dem Spaltblock verstummt war. Sie wollte die Stufen hinabhuschen, als sich eine schwere Pranke auf ihre Schulter legte.
    »Was machst du hier?«
    Sophies Herz setzte einen Schlag aus. Der Aufschrei hing ihr schon auf der Zunge, als ihr Blick auf das Gesicht des Mannes fiel.
    »Onkel Hugo!« Sophies Knie zitterten vor Schreck und Erleichterung. »Süßer Jesus, hast du mich erschreckt!«
    »Das wollte ich nicht.« Zerknirschung spiegelte sich auf dem breiten Gesicht des Onkels, er ließ die Hand von ihrer Schulter gleiten. »Das tut mir leid.«
    »Es ist schon gut.« Sophie atmete noch einmal durch und setzte ein versöhnliches Lächeln auf. »Ich habe dich nicht gehört.«
    »Man hört schlecht im Nebel.« Hugo nickte bedächtig. »Hast du gedacht, dass ich der Mörder bin?«
    »Mörder?« Sophie blinzelte fragend, ehe ihr klar wurde, was er meinte. »Dann glaubst wenigstens du mir, dass sie nicht ertrunken ist?«
    Der Onkel wiegte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber sie ist tot, oder?«
    »Das ist sie«, nickte Sophie und schluckte, um die Beklemmung loszuwerden, die der Gedanke daran in ihr auslöste. Ihr Blick wanderte nervös zur Eingangstür, wo sie bereits Stimmen und Schritte zu vernehmen meinte. »Onkel Hugo, sei mir nicht böse, aber ich muss weiter. Ich will Julius besuchen, und wenn ich mich nicht beeile, treffe ich ihn nicht mehr an.« Sie wusste, dass Hugo alles ihrer Mutter weitertragen würde, aber auf der anderen Seite wusste sie auch, dass es eine Sache gab, die ihr tumber Onkel gar nicht leiden konnte – Lügen.
    »Julius?« Hugo runzelte die Stirn.
    »Mein Vetter«, versuchte Sophie die Erklärung knapp zu halten. »Julius Laumann. Der in Köln war. Erinnerst du dich?«
    Hugo bewegte grübelnd den Kiefer, riss dann plötzlich die Augen auf. »Der kleine Julius?«
    »Genau der«, nickte Sophie. »Ich habe ihm versprochen, dass ich vorbeikomme.« Das war zwar eine Lüge, aber eine, die Hugo nicht ohne Weiteres entlarven konnte.
    »Geh nicht alleine!«, rief er ihr nach, als sie bereits die Stufen hinab zum Pfarrhof nahm. »Da ist ein Mörder da irgendwo!«
    Sophie winkte Hugo beruhigend zu, ehe er im Nebel verschwand und mit ihm das Haus und die Gasse. Fröstelnd eilte sie die Stufen hinab, und trotz der Feuchtigkeit, die den Sandstein gefährlich glatt machte, hielt sie nicht inne, bis sie wieder ebenes Pflaster unter den Füßen hatte. Sie winkte dem Küster zu, der verschlafen dürres Laub vor der Kirche zusammenfegte, doch erst, als sie die letzten Stufen zum Wendelstein und zur belebten Barfüßerstraße hinabgenommen hatte und sich unter die Menge mischte, löste sich die Anspannung, die Hugos warnende Worte in ihr zurückgelassen hatten.
    *
    Es war eine Amsel unter dem Fenster, die Julius an diesem Morgen aus einem unruhigen Schlaf hochschrecken ließ. Einen Moment lang blinzelte er orientierungslos in das dämmrige Licht, das durch die Fensterläden fiel. Es war kalt in der Dachkammer. Die spärliche Einrichtung war eher einem Dienstboten als einem zukünftigen Stadtphysikus angemessen, aber Julius war am Vorabend zu erschöpft gewesen, um sich darüber zu ärgern. Er hatte noch lange gelesen und vergeblich darauf gewartet, dass Schmitt ihm die Nachricht vom Schultheiß brachte. Darum musste er sich heute als Erstes kümmern, seufzte Julius stumm und fuhr sich mit der Hand über die Augen, um die letzten Reste des Schlafs zu vertreiben. Und danach stand der Besuch bei den Wittgens an.
    Entschlossen schlug er die Decke zurück und schwang die Beine aus dem Bett. Die Bohlen fühlten sich hart und kalt unter seinen Füßen an und das von Berte bereitgestellte Wasser war eisig. Eine weitere Sache, derer er sich annehmen musste, sobald er Zeit dafür fand.
    Flüchtiger als sonst wusch er sich und schlüpfte in frische Kleidung. Einen Spiegel gab es hier nicht, sodass er den Sitz von Weste und Halstuch nur ertasten konnte. Halbwegs zufrieden verließ er die Kammer und stieg die enge Treppe hinab zu den Wohnräumlichkeiten.
    Doktor Hirschner saß beim Frühstück, als Julius eintrat. In einer Tasse

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