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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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dampfte ein herber Kräutertee, vor ihm auf dem Tisch standen ein Körbchen mit einer Handvoll Brotscheiben und ein Krug mit weißlichem Honig. Der Doktor hatte eine Zeitung vor sich aufgeschlagen und hielt sie mit ausgestreckten Armen so weit von sich entfernt wie möglich.
    »Oh, guten Morgen, Junge!«, rief er erfreut, als Julius mit einem Räuspern auf sich aufmerksam machte. »Setz dich und iss etwas. Möchtest du Tee?«
    »Kaffee, wenn’s recht ist«, nickte Julius eher aus Höflichkeit, während er einen Stuhl heranzog und sich setzte.
    »Kaffee!« Doktor Hirschner schüttelte missbilligend den Kopf und faltete die Zeitung zusammen. »Dieses türkische Rattengift! Willst du dich umbringen?«
    »Wie kommen Sie darauf, dass ich mich umbringen wollte?«
    »Na, dieses Zeug ist doch gefährlich wie die Nacht.« Hirschner zog die Stirn kraus. »Bitterkeit warnt uns davor, dass wir im Begriff sind, Giftiges zu uns zu nehmen. Nur ein Narr würde etwas so Bitteres wie Kaffee für unbedenklich halten.«
    »Die schwedischen Versuche zeigen etwas anderes.«
    Hirschner blinzelte hinter seiner schweren Brille. »Welche Versuche?«
    »Sie kennen die Geschichte nicht? König Gustav verurteilte zwei Schwerverbrecher – Zwillinge – zu einem Experiment. Der eine trank nur starken Tee, der andere nur starken Kaffee. Beide überlebten, und nicht nur dass, sie überlebten auch den König und die Ärzte, die den Versuch beobachteten. Nichts deutete darauf hin, dass Kaffee auch nur eine Spur Gift enthielt, beziehungsweise enthält.«
    Hirschner winkte ab. »Das hat nichts zu sagen. Wer weiß, was sie diesen armen Töpfen gegeben haben, damit sie das überstehen. Merke dir, Junge, jede Untersuchung ist nur so viel wert wie die Absicht, die dahintersteht.« Er fuchtelte mit einem Löffel vor Julius’ Nase herum. »Mir kommt das Zeug jedenfalls nicht ins Haus. Und dir rate ich, lass die Finger davon!«
    Julius seufzte innerlich. In Paris hatte er sich angewöhnt, den Morgen mit einer Tasse Kaffee zu beginnen, der ihm half, in den Tag zu kommen. Bei dem Kräutertee hingegen verursachte ihm allein der Geruch schon Bauchgrimmen. Er begann zu zweifeln, ob es wirklich ein guter Einfall war, hier unterzukommen.
    »Wissen Sie, ob Schultheiß Hille inzwischen die Obduktion angeordnet hat?«, wechselte er das Thema und erhob sich, um aus einem Geschirrschrank Teller und eine passende Tasse zu holen. Berte hatte sich anscheinend irgendwo verkrochen, anstatt ihren Pflichten nachzukommen. »Ich werde ihn nachher noch selbst aufsuchen, aber ich dachte …
    »Es wird keine Obduktion geben.«
    »Wie meinen Sie das?« Julius ließ die Teller, wo sie waren, und drehte sich um. »Wo liegt das Problem?«
    »Sie ist ertrunken, da braucht man keine Obduktion.«
    »Aber ich habe mich doch klar ausgedrückt, dass Ertrinken als Todesursache keineswegs gesichert ist.«
    Hirschner verschwand ungerührt wieder hinter seiner Zeitung. »Junger Mann, es steht dir nicht zu, den Beschluss der Medicinal-Deputation infrage zu stellen. Ein Bote von Professor Michaelis war hier. Er lässt dir ausrichten, dass nach Ansicht der Medicinal-Deputation keine ausreichenden Gründe für eine Obduktion vorliegen. Abgesehen davon rügt man dein eigenmächtiges Vorgehen aufs Schärfste und erwartet, dass du heute Nachmittag bei der Deputation vorstellig wirst. Also wirklich Junge«, Hirschner ließ die Zeitung erneut sinken und schnalzte tadelnd mit der Zunge. »Was hast du dir dabei gedacht?«
    »Ich sollte wohl froh sein, dass die Deputation Tod durch Ertrinken und nicht Tod durch Wolf annimmt«, murmelte Julius. Fassungslos schüttelte er den Kopf, während er sich fragte, welche Rolle Fichtner wohl bei dieser Schmierenkomödie spielte. Es würde Julius nicht wundern, wenn der dicke Doktor nicht die treibende Kraft hinter allem war. Verletzter Stolz machte Menschen erfinderisch darin anderen zu schaden, und Fichtners Stolz schien schwer verletzt.
    »Der Wolf macht uns schon Kummer genug, aber er ist nicht für alles verantwortlich«, brummte Hirschner. Er machte eine unwirsche Handbewegung »Nun setz dich endlich und iss. Du machst mich noch ganz nervös, wenn du so hinter mir herumschleichst.«
    Einen Moment lang rang Julius mit einer bissigen Erwiderung, kehrte dann aber widerstrebend zum Tisch zurück und ließ sich auf den Stuhl fallen. Der Hunger war ihm vergangen. Was fiel diesen Wald- und Wiesenärzten ein? Sie konnten ihn doch nicht so einfach übergehen! Als ob

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