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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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Sophie ihn an. »Wo willst du hin?«
    »Zu den Wittgens.«
    »Ich komme mit!« Sophie raffte ihre Röcke, blickte wieder zur Wettergasse, wo die Unruhe und die Rufe lauter geworden waren. »Ich kenne die Wittgens. Vielleicht kann ich dir helfen.«
    Julius holte tief Luft, atmete langsam aus. Am liebsten hätte er sie angefahren, dass sie ihn in Ruhe lassen und sich um ihren eigenen Dreck kümmern sollte. Andererseits ahnte er, dass er damit wahrscheinlich nichts erreichen würde. Zumindest nicht bei diesem dreisten Kind.
    Wortlos drehte er sich um und ging davon. Sophie folgte ihm.
    *
    Doktor Wittgen bewohnte mit seiner Familie ein Haus in der Barfüßerstraße unweit des Stadttores. Auf dem Weg dorthin mussten sie am Markt eine aufgebrachte Menge umgehen, die lautstark durcheinanderredete und immer wieder Fäuste in Richtung des Rathauses reckte. Julius zog Sophie weiter, als sie Anstalten machte stehen zu bleiben.
    »Warte doch!«, protestierte sie. »Willst du gar nicht wissen, was da los ist?«
    »Nein«, gab Julius zurück, ohne sich umzuschauen. »Wenn es wichtig ist, erfahren wir das früh genug. Komm jetzt.«
    Sophie riss sich los und warf ihm einen Blick zu, der die Hölle zum Gefrieren gebracht hätte. Aber sie widersprach nicht länger.
    Das Haus, zu dem sie ihn führte, lag nahe am Barfüßer Tor, ein größeres Bürgerhaus mit aufwendiger Gefachbemalung. Auf der Stufe vor der Tür hockte eine einzelne Krähe, die sie misstrauisch beäugte.
    »Ich hätte angenommen, jemand wie Wittgen sucht sich ein Haus am Markt oder in der Ritterstraße«, bemerkte Julius. »Es erübrigt sich wahrscheinlich, dich zu fragen, ob du hier draußen wartest?«
    Sophie gab ein verächtliches Schnaufen von sich und wandte sich gerade zur Tür, als diese aufgerissen wurde und die Krähe mit einem empörten Krächzen aufstob. Ein schlicht gekleideter Mann mit auffällig roten Haaren trat heraus und redete dabei heftig gestikulierend auf ein Dienstmädchen ein, das ihm folgte und gerade zu einer Erwiderung ansetzte, als Julius sich vernehmlich räusperte. Sofort verstummte der Mann, sein Blick flog kurz zu Julius und Sophie. Dann wandte er sich abrupt ab und schritt eilig davon. Das Dienstmädchen, ein einfaches Ding mit einem groben Gesicht und Hasenzähnen, blickte ihm verstimmt nach.
    »Wer war das?«, erkundigte sich Sophie neugierig.
    Die Magd zuckte zusammen, schüttelte den Kopf. »Niemand von Bedeutung«, sagte sie grantig. »Was wollen Sie?«
    »Doktor Laumann«, stellte sich Julius knapp vor. »Sind deine Herrschaften zu sprechen?«
    »Kann sein.« Das Mädchen musterte Julius abschätzend. »Ich kenne Sie nicht, aber ich kann nachsehen, ob jemand zu Hause ist.«
    »Dann tu das bitte«, forderte Julius sie unwirsch auf. »Es ist wichtig.«
    »Unverschämtes Ding«, murmelte Sophie neben ihm, nachdem das Dienstmädchen langsamer als nötig im Haus verschwunden war. »Meine Mutter ließe es sich nicht bieten, wenn unsere Magd so mit Besuchern umspränge.«
    »Dafür lässt deine Mutter zu, dass du dich den halben Vormittag auf der Wettergasse herumdrückst.«
    »Ich war zwischendurch bei Anna. Im Übrigen kann ich nichts dafür, dass der Herr Doktor erst zum Mittagsgeläut aufsteht«, gab Sophie spitz zurück.
    Julius hob die Brauen, sparte sich aber die scharfe Erwiderung, die ihm auf der Zunge lag. Ihn wurmte es, dass Sophie zielsicher die Schwäche fand, die ihn selbst am meisten störte: Er konnte nächtelang arbeiten, aber des Morgens aus dem Bett zu kommen, erschien ihm manchmal ein Ding der Unmöglichkeit. Dennoch sollte er dringend etwas ändern, wenn er schon seiner kleinen Base Anlass zum Spott bot.
    Zu seiner Erleichterung erschien das Dienstmädchen wieder und bat sie herein. Der Hausherr erwartete sie in der Stube. Eine Reihe kleiner Fenster passten sich in das Fachwerk ein und gewährten einen beeindruckenden Blick über die Gärten südlich des Schlossbergs, die sich bis hinab zur Lahn erstreckten. Im Gegensatz zu den sonnendurchfluteten Weiten jenseits der Mauern stand die tiefe, unverputzte Balkendecke, die den Raum zu erdrücken schien und Julius veranlasste, beim Eintreten den Kopf unwillkürlich einzuziehen. Warum man am Verputz der Decke sparte, wollte Julius nicht in den Sinn, zumal die Stube ansonsten von einem wohlhabenden, reinlichen Haushalt kündete. Die geschmackvollen Möbel standen akkurat, der Dielenboden war sauber und geschrubbt, und doch fehlte diesem Raum etwas, was Julius erst im zweiten

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