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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hinter ihm her, als er sich abwandte, aber Julius schenkte ihm keine Beachtung mehr. Mit der Mappe unter dem Arm machte er sich auf den Heimweg.
    *
    Die warme Spätherbstsonne tauchte die Gärten oberhalb des Forsthofs in satte, kräftige Farben und nahm ihnen die Trostlosigkeit des nahenden Winters. Rote Beeren leuchteten zwischen den kahlen Büschen, und unter Sophies Füßen raschelte das Laub, das sich spätestens beim nächsten Regen in klebrigen, braunen Matsch verwandeln würde. Eine unbeschwerte, und dennoch melancholische Idylle, die Sophie liebte wie kaum eine andere Zeit des Jahres, als könnte sie die Erinnerung dieser letzten warmen Tage mitnehmen in die kalten Winternächte.
    Sie fand Wilhelm an der vertrauten Stelle auf einem Mäuerchen bei dem maurisch anmutenden Gartenhaus. Über ihm erhob sich der alte Stadtturm, zu dem eine Reihe steiler Sandsteinstufen hinaufführte. Sophie verlangsamte ihre Schritte und blieb schließlich stehen, um ihn einen Augenblick nur zu betrachten. Er sah gut aus in seiner studentischen Tracht mit dem Samtkragen und den hohen Stiefeln, die ihn stattlich erscheinen ließen. Im Frühjahr, als er nach Marburg gekommen war, litt er noch an den Folgen einer Erkrankung im letzten Winter, und es hatte lange gedauert, bis er wieder zu Kräften gekommen war. Inzwischen schien er nahezu genesen, und dennoch war Sophie nicht entgangen, dass ihn die gemeinsamen Spaziergänge anstrengten, ganz abgesehen von dem Aufstieg zum Schlossberg und in die Forsthofgärten. Sie hätte ihm die Mühe gerne erspart, aber dann hätte sie zugeben müssen, dass sie über seinen Gesundheitszustand besser im Bilde war, als ihm vermutlich lieb war.
    Nächstes Frühjahr, versprach sie sich im Stillen, während ihr Blick über den schwarzen Kragen zu seinem Gesicht wanderte und sie spürte, wie ihr Herz warm wurde. Er schien in Gedanken versunken, sonst hätte er sie wahrscheinlich schon bemerkt. Seine Miene wirkte abwesend, sein Blick verlor sich in der Weite, während er hinaussah über das Lahntal mit seinen Gärten und Wiesen, zwischen denen ein Saum von Weiden und Erlen den Fluss erahnen ließ.
    »Worüber denkt jemand wie du nach, wenn er sich im Anblick der Natur verliert?«, fragte sie leise. Sie lächelte scheu, als er erschrocken aus seinen Gedanken hochfuhr. »Entschuldige, ich wollte dich nicht stören.«
    »Du störst mich nicht, Sophie.« Mit einem Satz sprang er auf und stand im nächsten Moment vor ihr. Sophie schauderte, als sie seine Lippen auf der Stirn spürte, ein kleiner, zaghafter Kuss nur, der ausreichte, um ein warmes Kribbeln in ihrem Bauch hervorzurufen. Sie bedauerte es fast, dass er sich wieder von ihr löste und ihre Hand zwischen die Finger nahm, um sie zur Mauer zu geleiten. Manchmal wünschte sie sich, er wäre forscher, wie Annas Friedrich, der seine Liebste auch auf den Mund küsste und sogar schon ihre Brust berührt hatte. Dass Wilhelm Sophie küsste, geschah nur in besonders verwegenen Momenten, und selbst dann wahrte er schickliche Distanz.
    »Ich habe darüber nachgedacht, was für eine seltsame Stadt Marburg doch ist«, erklärte Wilhelm mit einem sachten Lächeln. »Jakob hasst die vielen Winkel und Treppen und dass es kaum einen Ort gibt, der über drei Schritte hinweg eben bleibt. Gleichzeitig liebt er den Blick aus Savignys Bibliothek hinaus auf das Lahntal, der nach den engen Gassen so viel sehnsüchtige Weite eröffnet. Und dann findet sich hier eine Universität, an der Männer wie Savigny oder Christian Wolff lehren, und gleichzeitig wird man des Morgens geweckt, wenn der Sauhirte seine Schweine durch die Straßen treibt. Als lebte man in einem Dorf!«
    Sophie lachte und stellte sich auf die Zehenspitzen, um neben Wilhelm auf die Mauer zu rutschen. Der raue Sandstein war unerwartet warm unter ihren Fingern, fast wie ein lebendiges Wesen. »Hast du mir deshalb die Nachricht geschickt?«, zwinkerte sie. »Um dich über den Sauhirten zu beschweren?«
    Wie zufällig strichen ihre Finger über das Moos, das sich in den Furchen der Mauerblöcke gebildet hatte, streiften dabei flüchtig seine Hand. Der Blick, den er ihr zuwarf, wirkte fast scheu, dann richtete er seine Aufmerksamkeit schnell wieder auf die Landschaft, die sich vor ihnen ausbreitete. Manchmal wollte sie ihn ohrfeigen für seine Schüchternheit, doch ebenso oft liebte sie ihn gerade dafür.
    »Ich wollte eigentlich wissen, wie es dir geht. Ich habe mir Sorgen gemacht, als ich gehört habe, dass du den

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