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Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman

Titel: Die Tote im Nebel - historischer Krimanlroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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den Kopf. »Wie meinst du das?«
    »Wie ich es sagte.« Jakob hatte sich neben dem Ofen niedergelassen und hielt die Hände darüber, als wollte er sie wärmen. »Ist Sophie Dierlinger es wert, dass du deine Studien vernachlässigst und dich in Gefahr begibst?«
    Wilhelm zögerte. Nein wäre die ehrliche Antwort gewesen, die er vor ein paar Wochen noch guten Gewissens gegeben hätte. Inzwischen war er sich nicht mehr so sicher, und je tiefer er in sich hinein lauschte, desto entschlossener wurde das Ja , das sich stumm hinter seiner Zunge formte. Er mochte sie, nein, er … schätzte sie. Er machte sich Sorgen um sie, wenn er daran dachte, dass der irre Hans dort draußen unbehelligt herumlief. »Sie verdient es, dass ich ihr helfe«, sagte er ausweichend.
    Jakobs Blick hing an dem Ofen, aber Wilhelm konnte das Zucken um seinen Mund deutlich erkennen. »Du vernachlässigst deine Studien.«
    »Kaum.« Wilhelm holte Luft. »Sophie hat einen Verdacht. Wenn sie recht hat, können wir den Mörder vielleicht schon morgen überführen. Es wird nicht mehr lange dauern, und bis dahin versuche ich, alles zu tun, damit meine Studien nicht leiden. Niemand wird Klage führen, das verspreche ich.« Er linste zu Jakob, in der Hoffnung, eine Regung zu erhaschen, aber der Bruder starrte mit steinerner Miene auf den Ofen. »Ich kann Sophie damit nicht alleine lassen«, murmelte Wilhelm.
    Nun endlich hob Jakob den Kopf und blickte zu ihm hinüber. Seine scharfen Züge erinnerten ein wenig an einen Raubvogel, ohne zustimmende Wärme in den Augen, die Wilhelm insgeheim erhofft hatte.
    »Ich gehe davon aus, dass es sinnlos ist, dich abhalten zu wollen?«
    »Ich kann sie nicht im Stich lassen«, wiederholte Wilhelm und fügte ein wenig leiser hinzu: »Ich möchte es nicht. Sie … ist es wert.«
    Jakob nickte langsam und wandte sich wieder dem Ofen zu. Er seufzte tief. »Ich halte es für groben Unfug. Ich hoffe, du weißt, welche Hoffnungen Mutter in uns setzt. Setz es nicht leichtsinnig aufs Spiel.«
    »Das werde ich nicht.« Wilhelm lächelte gequält und deutete ein Nicken an. Selbst diese kleine Geste tat weh. »Ich habe genug riskiert.«
    »Und du wirst noch ein paar Tage bei jeder Bewegung daran erinnert.« Jakobs Mundwinkel zuckten, dann stand er auf und trat neben das Bett. Sein Blick ruhte nachdenklich auf Wilhelms Gesicht, ehe er mit einem leisen Seufzer den Kopf schüttelte. »Glaub nicht, dass ich tatenlos mit ansehe, wie du das nächste Mal unüberlegt einem tumben Schläger nachrennst. Ich werde morgen dabei sein, wenn Doktor Laumann mit deiner Sophie zurückkommt. Anscheinend muss man ein Auge auf dich haben.«
    Wilhelm zog die Decke bis zur Nasenspitze hoch, damit Jakob sein erleichtertes Grinsen nicht sah.
    *
    Greta presste das Ohr an die Tür und lauschte. Totenstille, das Haus schien wie ausgestorben. Der Doktor war auf Reisen, und seine junge Gemahlin traf sich heute Morgen mit Freundinnen zu einem späten Frühstück. Vermutlich ebenso verwöhnte und liederliche Frauenzimmer wie Katharina Wittgen selbst, dachte Greta grimmig, während sie ihren Beutel griff und über die Schulter zog. Sollten sie doch alle in der Hölle schmoren.
    Entschlossen schob sie die Tür auf und huschte die Treppe hinab. Es war ihr gleichgültig, was Hannes sagte. Dieses Mal würde sie gehen, und sie würde sich nicht aufhalten lassen. Doch zuvor musste sie noch etwas erledigen.
    Sie wusste von der Schublade mit dem doppelten Boden im Arbeitszimmer des Doktors. Hannes hatte vermutet, dass es so etwas gäbe, um brisante Dokumente aufzubewahren, und sie hatte zwei Wochen danach gesucht, bis sie sie gefunden hatte. Brisante Dokumente gab es nicht, nur ein paar goldene Ringe, Erinnerungsstücke womöglich. Und ein Samtbeutel mit Geld. Sie hatte damals nichts angerührt, Hannes hatte gesagt, es sei besser, wenn niemand wisse, dass sie das Fach gefunden habe. Doch jetzt sollten es die Wittgens ruhig erfahren. Bis sie den Diebstahl bemerkt hätten, wäre Greta längst über alle Berge und konnte anderswo neu anfangen. Ohne diese launische Krähe als Herrin, die sie den ganzen Tag über durch die Gegend scheuchte.
    Trotz aller Entschlossenheit pochte ihr das Herz bis zum Hals, als sie das Arbeitszimmer des Doktors betrat. Er hatte ihr verboten, hier zu sein – ein Verbot, an das sie sich natürlich nicht hielt. Solange sie niemand entdeckte, war alles gut. Hannes hatte sie gewarnt, dass der Doktor sehr wütend werden konnte, wenn man ihn hinterging,

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