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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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zurück in den Stall führe, und Sie organisieren eine Tasse Tee für den Herrn Inspektor? Wir können später ausreiten. Das läuft uns ja nicht davon.«
    Konnte es so einfach sein? Anscheinend waren das Glück und Yallop auf seiner Seite. Dorcas setzte sich auf den Beifahrersitz und umklammerte die Schachtel auf ihren Knien. Dann fuhren sie die verbleibende Strecke zum Haus.
    Das nächste Hindernis war Reid. Joe probte innerlich seinen Eröffnungssatz.
    »Gehen Sie einfach hinein, Joe«, bat Dorcas. »Es hat keinen Sinn zu klingeln. Reid ist zur Beerdigung von Tante Bea nach London gefahren. Granny und Orlando haben ihn und Mrs. Weston mitgenommen, um den Haushalt zu repräsentieren.« Sie lächelte böse. »Wahrscheinlich werden sie eine schreckliche Zeit haben!«
    Joe setzte sich ungeduldig in das Damenzimmer und wartete darauf, dass Dorcas ihm den versprochenen Tee brachte. Zehn Minuten später tauchte sie mit einem Tablett von alarmierenden Ausmaßen wieder auf. Joe eilte auf sie zu, um es ihr abzunehmen, und stellte es auf dem Tisch ab. »Grundgütiger, Dorcas!«, meinte er überwältigt. »Willst du eine Armee durchfüttern? Gut, dass ich einen Riesenhunger habe«, fügte er hinzu, als er sah, wie sich die Enttäuschung in ihr Gesicht grub. »Das muss die Landluft sein. Man bekommt gleich großen Appetit. Sandkuchen? Mein absoluter Favorit.«
    »Ich habe dem Personal heute freigegeben«, meinte Dorcas großspurig. »Ich wüsste nicht, warum sie nicht frei haben sollten, wo doch niemand hier ist, den sie bedienen können.«
    Sie verbrachten eine gesellige halbe Stunde, plauderten und reichten sich gegenseitig Tee und Kuchen. Joe fühlte sich nicht rundum wohl. Es wäre so einfach gewesen, den Schnitzer zu begehen und in die Art von Kinderteeparty zu verfallen, in die er von seinen Nichten so oft hineingezogen wurde. Doch dies hier war ein Spiel ganz anderer Art, ein Spiel, bei dem er von Dorcas auf gewisse Weise benutzt wurde. Sie war eher besorgt als verspielt, und es schien ihr wichtig zu sein, dass alles gut und regelkonform verlief. Er machte mit, versprühte Charme, wie er es bei einer Herzogin getan hätte. Das war natürlich kein Spiel, sondern eine Probe. Einen Tag lang die Hausherrin sein - angesichts der Aussicht, dass ihr Vater das Haus bald übernehmen würde, versuchte sie, ihre Fertigkeiten vor einem unkritischen Publikum einzuüben.
    »Willst du die Schachtel gar nicht öffnen?«, fragte er, als er sah, wie ihr Blick zum hundertsten Mal zu ihr hinüberwanderte.
    »Nein. Erst, wenn Sie gegangen sind.«
    »Was für eine ungewöhnliche Vorgehensweise! Ich würde gern sehen, wie du sie öffnest.«
    »Das ist mir egal. Vielleicht gefällt mir der Inhalt nicht, und ich will nicht, dass Sie mein enttäuschtes Gesicht sehen.«
    »Aber es macht dir nichts aus, wenn ich dadurch enttäuscht bin? Also schön. Hier ist mein enttäuschtes Gesicht.«
    Sie lachte bei dem Anblick auf, und Joe freute sich, dass die normalen Beziehungen wieder aufgenommen worden waren.
    »Und jetzt erzählen Sie mir, warum Sie wirklich hier sind, Joe«, bat Dorcas, als sie die Tassen abräumte.
    Er erzählte es ihr. Er fand, dass Lügen, Täuschungsmanöver oder Schmeicheleien ihn bei diesem Mädchen nicht weit bringen würden. Sie hörte aufmerksam zu und schwieg eine Weile, bevor sie antwortete: »Das habe ich mir schon gedacht. Ich bin sicher, ich sollte das nicht tun, und Granny wird einen ihrer Wutanfälle bekommen, wenn sie je herausfindet, dass ich Sie hereingelassen habe. Aber etwas Unschönes ist passiert. Etwas, das Sie genauer untersuchen sollten. Darum bin ich froh, dass Sie hier sind, Joe! Kommen Sie, ich bringe Sie zu Tante Beas Zimmer.«
     
    Joe stand in der Mitte des ehemaligen Salons von Dame Beatrice, und sein Mund klappte bestürzt auf. Nur wenige Möbelstücke waren noch übrig, und diese wenigen waren mit Schutzbezügen abgedeckt. Die Regale waren nackt, die Schubladen leer. Im angrenzenden Schlafzimmer dieselbe Szene. »Was zum Teufel …? Was ist hier passiert, Dorcas?«
    »Man hat ihre Sachen weggebracht. All ihre Sachen. Sie wurden auf einem Scheiterhaufen beziehungsweise im Heizungsofen verbrannt. Auf Befehl von Granny.«
    Joes Schultern sackten ab. All seine Bemühungen wurden vereitelt. »Allerdings nicht all ihre Sachen«, meinte Dorcas. »Sonntagnacht kam Audrey hier herein - nachdem Sie alle gegangen waren. Ich hatte gerade Tante Beas Kleid weggehängt und bin schnell in den Schrank gekrochen. Sie

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