Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
verständigt gleich danach die örtliche Polizei.«
»Sie haben einen hervorragenden Butler, aber er hat eine weiche Stelle.«
»Wovon sprichst du jetzt schon wieder?« Lydia seufzte verärgert auf und goss Kaffee nach.
»Reid, der Butler, schien mir der Ältesten von Orlando sehr zugetan. Ein Wildfang namens Dorcas. Sie ist älter als deine beiden, wild und unberechenbar, aber ein einnehmendes, kleines Ding. Ich glaube, sie kann Reid um den kleinen Finger wickeln. Sie wird mir Zugang verschaffen. Ich wette mit dir, dass sie nicht mit zur Beerdigung durfte.« Joe schauderte. »Sie werden nicht wollen, dass sie auch nur in die Nähe von St. Martin’s kommt.«
»Und du kannst dich wirklich darauf verlassen, dass dich das Kind willkommen heißt?«
»O ja, ich denke schon. Sie mag uns irgendwie. Ich hätte allerdings eine größere Chance, wenn ich meinen gut aussehenden Sergeant dabeihätte. Aber ich bringe Geschenke. Geschenke in einer ziemlich schicken Schachtel von Harrods. Wenn ich an der Haustür auftauche, um das für Miss Dorcas abzuliefern, wird Reid mich sicher nicht wegschicken.«
»Was ist in der Schachtel?« Lydia war neugierig.
»Ein paar Sachen, die Maisie für mich ausgesucht hat. Hauptsächlich Bücher.«
»Maisie?« Lydia wurde hellhörig. »Maisie Freeman? Du triffst dich immer noch mit dieser Varieteekünstlerin, die du aus Indien mitgebracht hast?«
»Wie einen Leoparden in einem Käfig?« Joe versuchte, seine Verärgerung hinter einem Lächeln zu verbergen. »Maisie hatte eine Kabine erster Klasse gebucht und war so großzügig, sie mit mir zu teilen. Sie verdient sehr gut - du hast nicht gefragt, aber ich erzähle es dir trotzdem. Außerdem hat sie sich eine illustre Klientel aufgebaut und investiert ihr Geld in Grundstücke.«
»Du kennst meine Ansichten bezüglich Maisie! Sie ist eine ernsthafte Ablenkung. Wenn sie nicht wäre, würdest du ein nettes Mädchen finden und heiraten. Aber Joe, selbst wenn du dich mit Geschenken ins Haus einschleichen kannst, was willst du tun, wenn du erst einmal drin bist?«
»Ich bin mir der Methode noch nicht ganz sicher, aber mein Ziel ist es, von der Fußmatte am Eingang bis zu den Räumlichkeiten von Dame Beatrice zu gelangen. Ich will ihre Aufzeichnungen durchgehen, ihre Korrespondenz, ihre Tagebücher, ihre Akten. Ich will ihr Leben so lange schütteln, bis etwas herausfällt. Ich denke, ich weiß, warum jemand die Notwendigkeit sah, sie umzubringen. Ich denke, ich weiß sogar, wer - aber ich will die Beweise dafür in die Hand bekommen.«
Joe blieb zwischen den Torpfeilern stehen, an die er sich so gut erinnerte, um die Szene vor ihm zu bewundern. Dorcas kam auf einem Pony die Auffahrt heruntergeritten, begleitet von einer grauhaarigen Gestalt, die soldatisch gerade im Sattel eines großen, schwarzen Pferdes saß. Beim Anblick seines Wagens kreischte Dorcas auf und rief ihrem Begleiter etwas zu. Beide stiegen ab und kamen auf ihn zu.
»Joe! Ich hatte so gehofft, dass Sie wiederkommen! Joe, das ist Yallop. Yallop, das ist der Polizist, von dem ich dir erzählt habe.«
Joe stieg aus dem Wagen aus und schüttelte die knorrige Hand, die ihm entgegengestreckt wurde. Yallop war womöglich schon in den frühen Sechzigern, aber immer noch ein beeindruckender Mann. Sein dichtes Haar, jetzt beinahe weiß, musste einst schwarz gewesen sein. Die Augenbrauen waren immer noch dunkel, betonten die großen Augen, die wachsam und abwägend schauten. Die linke Hand legte er, wie Joe bemerkte, schützend auf Dorcas Schulter, und Joe gewann deutlich den Eindruck, dass jeder, der für die junge Herrin eine Bedrohung darstellte, seine Unbesonnenheit rasch bedauern würde.
Sie tauschten einige Höflichkeiten aus und kommentierten das Wetter und den Zustand der Pferde. Ungeduldig lugte Dorcas durch die Wagenscheiben. »Heute kein Constable? Kein Sergeant?«
»Tut mir leid, kein Sergeant!« Joe lachte. »Nur der langweilige, alte Sandilands. Aber ich habe etwas Interessantes für dich.«
Er holte die elegante Schachtel in dem dunkelgrünen Geschenkpapier heraus. »Ein Dankeschön der Londoner Kriminalpolizei für die Hilfe, die du uns neulich hast angedeihen lassen.«
Dorcas schien angesichts des glamourösen Objekts ungewöhnlich sprachlos, und so musste Yallop ihre gesellschaftliche Lähmung brechen. »Tja, ich schätze, so gefällt einem die Polizei, nicht wahr, Miss? Ich bin sicher, Sie möchten gleich einmal hineinschauen. Wie wäre es, wenn ich Dandy
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