Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
geschickt, um die Sache unter Kontrolle zu halten, Sir.«
»Dann liegen also, mehr oder weniger, dreißig Minuten zwischen dem Moment, als Sie Dame Beatrice das letzte Mal sahen, und dem Moment, als Tilly die Leiche fand?«
»Ja, Sir. Verzeihung, Sir, aber …« Armitage schien ungewohnt zögerlich.
»Nur weiter, Bill.«
»Nun, ich habe in meinem Beruf gelernt, dass man niemandem vertrauen kann. Und mir kam die junge Dame reichlich abgebrüht vor, wie sie so über der Leiche stand … keine Ahnung, welchen Grund es für sie geben könnte, zu dieser Stunde in dem Zimmer zu sein … zumindest hat sie mir das nicht anvertraut. Also habe ich ihre Bewegungen nachverfolgt.« Er klang eher trotzig als stolz.
»Vollkommen richtig. Und?« Joe gab sich ernst, aber ermutigend.
»Nun, ich hielt es für etwas merkwürdig, dass sie beinahe eine halbe Stunde brauchte, um nach hier oben zu gelangen, also habe ich mich erkundigt. Man hat sie gesehen, wie sie der alten Dame half, die ein wenig unsicher auf den Beinen war - und das dauerte natürlich seine Zeit. Schließlich überantwortete sie die alte Dame der Obhut einer Hotelangestellten, die ich befragt habe, Sir. Dann ging sie an die Rezeption, wo sie sich einige Minuten in eine Schlange einreihte, um die Zimmernummer herauszufinden - wie sie selbst sagte, war kurz zuvor eine größere Gruppe aus dem Theater zurückgekehrt. Dann stieg sie die Treppe hoch. Der Liftboy erinnert sich an keine junge Dame in einem silbernen Kleid, die den Aufzug nahm, aber er kann das nicht beschwören, da zu dieser Zeit jede Fuhre voll war. Sie hätte weniger als zehn Minuten gebraucht, um die Treppe hochzusteigen und das Zimmer zu finden. Ich habe die Zeit gemessen. Sir. Und natürlich ist sie eine recht … äh … sportlich gebaute junge Dame. Sie hätte auch hochrennen können.«
»Sie wollen das wirklich gern Miss Westhorpe aufs Auge drücken, nicht wahr, Bill?« Joe war amüsiert.
Armitage wurde rot. »Ich kann nicht leugnen, dass dieser Gedanke seinen Reiz hat, Sir.« Plötzlich grinste er. »Würden Sie nicht auch viel dafür geben, ihren Wortwechsel mit dem Richter zu hören? Kann nicht behaupten, dass ich nicht versucht hätte herauszufinden, wie sie es getan haben könnte, aber …«
»Aber dann taucht immer wieder das Bild von Tilly Westhorpe auf, in fleckenlosen Handschuhen und makellosem Kleid - mal abgesehen vom Saum -, die am Tatort schnüffelt?«
Armitage seufzte und nickte. »Wir suchen jemand, der in Blut getränkt sein muss, Sir. Jemand, der eine Smaragdkette, ein Brecheisen und einen blutigen Schürhaken an seiner Person versteckt.« Er grinste. »Constable Westhorpes Aufmachung versteckt ja nicht einmal Constable Westhorpe!«
»Nein, wirklich nicht. Wie Sie schon sagten - eine sportlich gebaute junge Dame! Aber wie wahrscheinlich ist es, dass es der Mörder war, der durch das Fenster einstieg?«
» Irgendjemand ist hier eingebrochen, und er ist nicht gekommen, um eine Glühbirne auszuwechseln! Ich habe mir das Fenster angesehen. Die Spuren wurden von außen beigebracht. Die Scheibe ist nach innen zerbrochen. Sehen Sie sich an, wie die Scherben gefallen sind. Könnte man das vortäuschen?« Er schüttelte ungeduldig den Kopf. »Glauben Sie, Sir, dass wir uns da vergaloppieren?«, wollte er mit plötzlicher Besorgnis wissen. »Interpretieren wir da zu viel hinein? Tänzeln wir herum und halten uns für schlau, wo wir nur befinden sollten, dass es ein Einbruch war, der schiefgelaufen ist? Ich muss schon sagen, was wir jetzt brauchen, ist gesunder Menschenverstand.«
»Ich würde zu gern ebenfalls zu dieser Schlussfolgerung gelangen«, sagte Joe, »aber an diesem ganzen Szenario ist etwas faul, und ich glaube, Sie haben das auch bemerkt. Constable Westhorpe ist es jedenfalls aufgefallen, das hat sie mir gesagt. Jetzt hören Sie bitte auf herumzutänzeln und sagen Sie mir klipp und klar, welchen Eindruck Sie gewonnen haben.«
»Die Gewalt gefällt mir nicht, Sir. Fassadenkletterer töten nicht. Das wissen wir alle. Wenn unser Mann in der Hoffnung eingestiegen ist, eine herumliegende Kette einzustecken, während die Besitzerin im Badezimmer ist, und er dabei gestört wurde, dann wäre er verschwunden, wie er kam. Oder er hätte, im Besitz der dazu nötigen Nerven, gesagt ›Tut mir leid, Madam, falsches Zimmer!‹ und wäre lässig zur Tür hinausgeschlendert. Ist alles schon vorgekommen.«
»Westhorpe denkt, dass Dame Beatrice ihn in flagranti ertappte und mit dem
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