Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
oder?«
»Nun ja, dank Westhorpes kenntnisreicher Schubladensuche haben wir zumindest eine Ahnung.«
Armitage lachte heiter, als Joe ihm von dem Ding erzählte, das sie in der Unterwäscheschublade gefunden hatten. »Wollen Sie damit sagen, das kleine Biest kennt sich mit einer solchen Gerätschaft aus?«, wollte er wissen. »Tja, wer hätte das gedacht!«
Joe fiel auf, dass die Gedanken des Sergeanten auf Westhorpe ruhten, nicht auf Dame Beatrice. Erneut schien er an der Animosität gekratzt zu haben, die zwischen den beiden herrschte.
»Sie haben keine besonders hohe Meinung von Constable Westhorpe, stimmt’s Bill?«
»Da stehe ich nicht allein, Sir! Die meisten Männer der Truppe lehnen Frauen ab. Es ist ohnehin schwer genug, an Arbeit zu kommen. Gute Männer verhungern auf der Straße, können ihre Familien nicht unterstützen. Schwer zu verstehen, warum sie nicht zu Hause bleibt, heiratet und Nachwuchs für die nächste Generation produziert, möchte man meinen.«
»Gehören Sie zu diesen Kritikern?«
»Überhaupt nicht. Ich bin einer von denen, die einsehen, dass Frauen ihren Sinn haben, aber gerade diese eine - tja, ich möchte zu gern wissen, was sie sich dabei denkt, wo sie doch all diese Vorteile hat. Auf du und du mit dem Abschaum der Straße und von solchen wie uns Befehle entgegenzunehmen.«
»Hm … bin nicht sicher, ob Westhorpe von irgendjemand Befehle entgegennimmt, ungeachtet ihres niedrigen Ranges, nicht einmal, wenn sie ›Sehr wohl, Sir‹ sagt.«
»Es fließt an ihr ab wie Öl, Sir. Ist mir schon aufgefallen. Das ist die Klassenzugehörigkeit. Es ist der Blick in ihren Augen, der sagt: ›Ich höre mir an, was Sie zu sagen haben, und wenn es einen Sinn ergibt, dann stimme ich mit dem, was Sie vorschlagen, vielleicht überein, aber begehen Sie nie den Fehler, guter Mann, anzunehmen, dass Ihre Streifen irgendeinen Eindruck auf mich machen!‹«
Zu Joes Überraschung nahm die volle Stimme von Armitage die sorgfältig betonte Übertriebenheit des Mayfair-Zungenschlags an, und ihm fiel wieder ein, dass Bill ein beträchtliches Talent besaß, sich Akzente und Sprachen anzueignen.
»Sie wären also nicht entsetzt, wenn ich Ihnen sage, dass ich sie gebeten habe, zu ihren normalen Pflichten zurückzukehren?«
»Sie wurde vom Fall abgezogen?«
Joe war angesichts der Reaktion seines Sergeants überrascht. Er hatte Erleichterung erwartet, Dankbarkeit, Genugtuung - vielleicht sogar einen Hauch von Triumph, jedoch nicht Überraschung und Enttäuschung. Grundgütiger! War es möglich, dass diese blauen Augen, so eisig wie sie waren, ein Ziel gefunden hatten?
»Schade! Ich hatte mich schon gefreut, dieser kleinen Madame zu zeigen, wie es in der Welt zugeht.«
Joe sah ihn fest an. »Wissen Sie, Armitage, ich glaube, Westhorpe hätte uns ein paar Dinge beibringen können.«
Nach intensiven zehn Minuten, in denen sie ihre Notizen prüften und verglichen, Befehle erteilten und einen letzten Blick auf den Tatort warfen, ließ es Joe gut sein. »Es ist spät, Sarge.« Er unterdrückte ein Gähnen. »Ich gehe nach unten ins Büro und mache diesen unschönen Anruf bei der Mutter der Lady in Surrey. Morgen Nachmittag fahre ich hin, und ich möchte, dass Sie mich begleiten. Es wird wieder ein langer Tag werden, fürchte ich, Bill, und ich bin nicht sicher, wie Ihre häusliche Situation aussieht … vielleicht eine Frau, die Sie versöhnlich stimmen müssen?«
»Bin alleinstehend, Sir. Ich habe es fertig gebracht, ungebunden zu bleiben. Lebe bei meinem alten Vater im East End.« Er grinste. »Der alte Herr würde sich Sorgen machen, wenn ich mal nicht spät nach Hause komme.«
»Dann ist es ja gut. Hören Sie, können Sie hier absperren und sich mit dem Hotelpersonal kurzschließen? Ein Streifenkollege von der Nachtschicht des Reviers in der Vine Street ist auf dem Weg hierher und muss noch instruiert werden.«
»Das schaffe ich, Sir!«
5. KAPITEL
Armitage verließ das Gebäude durch den Hinterausgang. Er sah skeptisch auf die regennasse Straße und die Laternen, die im Wind baumelten, und blieb einen Augenblick stehen, um sein Polizeicape fester um die Schultern zu ziehen. Er klopfte seine Taschen ab und prüfte seine Habe, dann zog er eine einigermaßen modische Dienstmütze schnittig auf den Kopf, in dem Winkel, der ihm am liebsten war. Er hatte die Sachen einem Kumpel abgeschwatzt, der bei der Thames Police, der Flusspolizei, arbeitete, und diese Jungs kannten sich mit wetterfester Kleidung aus.
Weitere Kostenlose Bücher