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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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beiseiteschaffen könnten, wäre das überaus freundlich. Wir haben diesen Menschen sonst nichts anzubieten.« Sie sah zu Joe auf und fügte vertraulich hinzu: »Mel kann nicht kochen. Na ja, abgesehen von Eintöpfen. Was Eintöpfe angeht, ist sie ziemlich gut.«
    »Ich sehe zu, was sich machen lässt, Miss Dorcas.« Reid neigte den Kopf und ließ sie mit ihrer neuen Führerin zurück.
    Joe sah das Kind mit Überraschung und Sorge an. Äußerlich unterschied sie sich kaum von den verwahrlosten Straßenkindern, die man im Dreck der Gosse Himmel-und-Hölle spielen sah. Ihre Füße waren nackt und schmutzig, ihr zerrissenes Kleid hing in Fetzen zwischen Knie und Knöchel, und ihre mageren Schultern waren unter einer ziemlich zerschlissenen, braunen Wollstrickjacke verborgen. Ihr Gesicht, dachte Joe, war jedoch außergewöhnlich. Es war schmal und braun, aber mit strahlenden großen, dunklen Augen voller Intelligenz. Joe wusste, er hatte etwas ganz Ähnliches gesehen und zwar erst vor kurzem. Sie drehte den Kopf und sah Armitage und Westhorpe mit der Intensität eines Kindes an, das exotische Tiere im Zoo betrachtet, und da fiel es Joe wieder ein. Ihr Profil. Gerade Nase und mandelförmige Augen, umgeben von einer Fülle glänzenden, schwarzen Haares. Sie hätte einen Maler des alten Kreta inspirieren können. Armitage und Westhorpe schlurften unbehaglich mit den Füßen und sahen sich hilfesuchend nach Reid um, der sich zurückzog. Nur Joe hielt dem Blick des Kindes stand. »Es ist sehr zuvorkommend von dir, uns führen zu wollen«, meinte er leichthin, aber formell, »und wir freuen uns schon darauf, deine Brüder und Schwestern kennenzulernen.«
    »Meinen Bruder Peter haben Sie ja schon gesehen«, sagte sie.
    »Aha, Aktäon, glaube ich.«
    »Nein, da haben Sie was falsch verstanden. Diana hat Aktäon nie erschossen. Sie hat einen Eimer Wasser über ihm ausgegossen, als sie bemerkte, dass er sie beim Baden beobachtete, und ihn in einen Hirschen verwandelt.«
    »Ja natürlich, du hast Recht. Der arme Kerl wurde von seinen eigenen Hunden gejagt und in Stücke gerissen.«
    »Er starb, ihre Namen rufend«, erläuterte Dorcas wonnevoll. »Stellen Sie sich vor, wie das gewesen sein muss! Zu wissen, dass Ihre Freunde Ihnen das Fleisch von den Knochen reißen, und Sie rufen ihre Namen … ›Hört auf - ich bin’s! Theron! Tigris! Erkennt ihr mich nicht?‹ Aber sie erkennen ihn nicht und zerfleischen seinen Hals und fressen seine Leber!«
    »Äh … Sir?«, meinte Armitage unsicher.
    »Ah ja, so gern ich mit Dorcas auch durch die düsteren Abgründe der Mythologie wandern würde, wartet doch Arbeit auf uns. Ich bin Commander Joe Sandilands. Hier ist meine Karte.«
    Dorcas inspizierte sie sorgfältig und schob sie in den Ärmel ihrer Strickjacke.
    »Ich nehme an, du weißt, warum wir hier sind? Das ist mein Detective Sergeant Bill Armitage.«
    »Er sieht sehr gut aus«, erklärte Dorcas ernsthaft.
    »Ich war mir sicher, dass du das denken würdest. Er ist auch sehr klug. Und das ist Constable Mathilda Westhorpe.«
    »Ist sie Ihre Geliebte?«
    »Nein, sie ist mein Constable. Wir arbeiten zusammen.«
    »Orlando hat viele Geliebte, und sie arbeiten auch immer zusammen, aber er hat nie eine von ihnen geheiratet. Was halten Sie davon?«
    »Als Mann, der selbst nicht verheiratet ist, kann ich nur sagen: ›Vernünftiger Bursche.‹ Wahrscheinlich wird er das Richtige tun, sobald er irgendwann seine Wahl getroffen hat«, sagte Joe, der den Faden des Gesprächs verloren hatte. »Und jetzt, Miss, führe uns bitte zu ihm, wenn es dir nichts ausmacht.«
    »Schön. Hier entlang. Granny gestattet uns nur, uns im ältesten Teil des Hauses aufzuhalten, wie Sie herausfinden werden. Nicht, dass mir das was ausmacht, denn das ist der interessanteste Teil. Ehrlich gesagt, werde ich dort wohnen bleiben, auch wenn Orlando irgendwann genügend Mut aufbringt, das einzufordern, was von Rechts wegen ihm gehört, und er das ganze Haus übernimmt.«
    Joe blieb stehen und wies mit der Hand auf das Gebäude. »Du meinst, all das gehört …?«
    »O ja. Orlandos Vater hat es ihm hinterlassen, als er vor zehn Jahren starb. Großmutter hätte ins Witwenhaus am Fluss ziehen sollen, da drüben - oder wo immer es sie sonst hingezogen hätte. Sie ist sehr reich, wissen Sie. Sie könnte überall wohnen, wo es ihr gefällt. Aber sie will hier nicht weg. Und mein Vater zwingt sie nicht - er ist ein ziemlicher Kümmerling, was Großmutter betrifft. Die meisten

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