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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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Menschen sind das. Ich weiß, sie hat versucht, es Tante Bea zu hinterlassen, wenn sie stirbt. Zusammen mit all ihrem Geld. Das steht in ihrem Testament. Ich hab’s gesehen.« Sie zögerte und meinte dann ohne eine Spur von Schuldgefühlen: »Ist wohl besser, wenn Sie Granny nicht sagen, dass ich es gesehen habe. Sie würde einen Anfall bekommen! Sie hat es auf ihrem Schreibtisch liegen lassen, während sie im Flur mit dem Anwalt telefonierte, also bin ich hineingeschlichen und habe es gelesen. Orlando soll gar nichts bekommen. Was halten Sie davon?«
    »Ich habe nicht zu allem eine Meinung«, erwiderte Joe gereizt. »Ich bin hier, um zuzuhören und Fragen zu stellen und herauszufinden, was die anderen denken.«
    »Männer! Warum müssen sie immer so unaufrichtig sein?«, kommentierte Dorcas.

9. KAPITEL
    »Dann ist Ihr Vater also ein Kümmerling, wie?« Armitage zog mit dem Kind gleich. »Das ist aber nicht nett, so etwas zu sagen.«
    »So bezeichnet er sich selbst … Bill … und es ist ja auch wahr. Orlando ist sehr sanft und unbekümmert, ein sonniges Gemüt. Er hasst es, jemand zu beleidigen. Und er ist so charmant. Es macht einen ganz krank. Ich hoffe, Sie werden nicht unhöflich zu ihm sein … ihn foltern oder so … denn das werde ich nicht zulassen!«
    »Wir können ebenfalls sehr charmant sein, Miss. Und Daumenschrauben sind heutzutage aus der Mode gekommen.«
    »Das ist gut. Ich dachte nur, ich sollte Sie warnen.«
    »Lassen Sie mich eines klarstellen«, meinte Armitage fröhlich. »Sie sind vierzehn, stimmt’s? Also sind Sie 1912 geboren, zwei Jahre vor Kriegsausbruch. Laut Großmama hat Orlando die Kriegsjahre in der Schweiz verbracht. Haben Sie ihn begleitet?«
    »Nein, Bill. Er hat mich und meinen ältesten Bruder, der damals noch ein Baby war, hier bei Granny gelassen. Unsere Mütter - wir haben nicht dieselben - sind weggegangen. Wir können uns nicht an sie erinnern.«
    »Klingt nach einer düsteren Situation.«
    »Das hätte es sein können, wenn es Grandnanny Tilling nicht gegeben hätte. Sie war bereits die Nanny von Tante Bea und Orlando, als die noch klein waren, und sie kam extra aus dem Dorf, um sich um uns zu kümmern. Sie blieb auch, nachdem mein Vater aus der Schweiz zurückkam, und ist erst gegangen, als sie letztes Jahr in den Ruhestand entlassen wurde. Sie war nicht nur eine Nanny - sie ist früher auch Gouvernante gewesen und hat uns lesen und schreiben und all das beigebracht.«
    »Besuchen Sie die Schule im Dorf?«, wollte Armitage wissen.
    »O nein. Wir haben es einmal versucht, aber die anderen Kinder haben mit Katapulten Rübenstücke auf uns gefeuert. Peter geriet in eine Schlägerei mit einer Horde von Dorfjungen und brach sich den Arm. Grandnanny Tilling ging in die Schule und beschwerte sich, aber sie nannten uns trotzdem nur ›Zigeuner‹ und ›Lumpenpack‹.«
    »Diese kleinen Affen! Denen sollte man mal die Leviten lesen!« Armitage glühte förmlich vor Mitgefühl.
    »Ach, das machte uns nichts aus. Wir konnten ohnehin besser lesen als die Lehrer. Sie waren ebenso froh, uns los zu sein, wie wir froh waren, wieder wegzukommen«, meinte Dorcas philosophisch. »Ich bekomme genug Bildung - na ja, beinahe genug - durch die Bücher in der Bibliothek. Wenigstens die lässt mich Granny lesen, wann immer mir danach ist. Sie selbst geht nie in die Bibliothek. Sind Sie verheiratet, Bill?«
    »O Gott!«, dachte Joe. »Geht es schon wieder los? Kennt die Anziehungskraft des Sergeants denn keinerlei Grenzen?«
    »Nein, Miss. Ich habe nie eine gefunden, die den Test bestanden hätte.«
    »Den Test bestanden?« Dorcas gluckste. »Klingt wie der Anfang eines Märchens. Was muss Ihre Auserwählte denn tun? Ein Rätsel lösen? Einhundert Meter schneller laufen als Sie? Sich binnen zehn Sekunden von Handschellen befreien?«
    »Ich habe den Test nicht gemacht, Miss. Die Frau eines Polizisten muss den Behörden nachweisen, dass sie einen einwandfreien Leumund hat. Drei angesehene Mitglieder der Gesellschaft müssen das bezeugen.«
    »Wie furchtbar! Möchten Sie tatsächlich jemand heiraten, der dermaßen korrekt ist, Bill? Ich glaube, dann würden Sie ein ziemlich langweiliges Leben führen!«
    »Polizisten sollen ein langweiliges Leben führen.«
    »Ich glaube nicht, dass der Commander ein langweiliges Leben geführt hat«, meinte Dorcas und warf rasch einen Seitenblick auf Joe. »Wie ist er zu dieser dramatischen Narbe in seinem Gesicht gekommen? Wurde er von einer Löwenklaue

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