Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
etwas Geld. Orlando hat einige Bilder eingetauscht. Andere hat er gekauft, wenn er das Geld auftreiben konnte. Das da gehört mir«, sagte sie und zeigte auf etwas, das für Joe zu den besten der Sammlung gehörte, die insgesamt etwas zu frei und modern für seinen Geschmack war. »Ein Geschenk vom Künstler.«
Joe betrachtete das Bild genauer. Ein kleines Mädchen in einem weißen Kleid stand an einem Mittelmeerstrand, ihr dunkles Haar zeichnete sich deutlich vom leuchtend blauen Himmel ab. Sie hielt eine große Muschel in der Hand und sah den Maler mit intensiver Neugier an. Joe brauchte nicht lange, um sich klar zu werden, dass es sich bei dem Mädchen um Dorcas handelte. Er fragte sich allerdings, wer der Maler gewesen sein mochte. Er trat näher und sah auf die hingekritzelte Signatur: P. Ruiz Picasso.
»Das hat Pablo gemalt«, erklärte Dorcas. »Pablo Picasso. Orlando hält ihn für ziemlich gut. Mögen Sie es?«
»Es ist herrlich! Du kannst von Glück sagen, dass du ihn in einer klassischen Stimmung erwischt hast! Sonst hätte es sehr gut sein können, dass du am Ende …« Seine Stimme verlor sich. Er fürchtete, sein nächster Kommentar könnte beleidigend sein oder seine künstlerischen Vorurteile preisgeben.
»… aussehe wie dieser Eintopf?«, ergänzte sie fröhlich. »Lauter kleine Stückchen?«
»Kubistisch!«
Sie grinsten einander an. Westhorpe sah neuerlich auf ihre Uhr.
Als sie zurück in den Garten gingen, bemerkte Joe einen überraschenden Augenblick der Kommunikation zwischen dem Sergeant und dem Constable. Tilly streckte den Arm aus und berührte Bill an der Schulter. Er lehnte seinen Kopf zu ihr, und sie flüsterte etwas, woraufhin er breit lächelte und mit einem blitzschnellen Blick auf seinen Chef zustimmend nickte.
Joe konnte die Botschaft mühelos interpretieren: »Es ist Zeit, dass der Commander heiratet und eigene Kinder bekommt.« Tja, wenn dieser Tag jemals kam, würde er seine Aufgabe weitaus besser erledigen als dieser Dummkopf Orlando, dachte er bitter. Diese aufgeweckte, kleine Lady sollte eine anständige Ausbildung erhalten, wonach sie sich eindeutig sehnte, anstatt wie ein Straßenkind herumzulaufen. Wenn andererseits der unbeholfene Eifer des Kindes, mit jedem außerhalb ihrer engen Welt zu reden - und sei es auch nur ein Polizist -, dazu führte, dass sich seine Assistenten einander annäherten, dann konnte er das nur begrüßen. Er dehnte seinen Spaziergang aus und verwickelte Dorcas in ein Gespräch, ließ Bill und Tilly den Freiraum, um das zu tun, was die unteren Ränge seiner Erfahrung nach am meisten genossen - den Chef auf die Schippe nehmen.
Er musste nicht über seine Schulter schauen, um sich des Erfolgs seines Planes zu vergewissern. Nach langem Starren meinte Dorcas: »Dann ist sie seine Geliebte. Die beiden scheinen einander zu mögen.«
»Ach, das glaube ich nicht«, zwang etwas in ihm zu sagen. »Sie haben sich erst gestern kennengelernt.«
Dorcas bedachte ihn mit einem Blick, von dem er schwören konnte, dass er mitleidig war.
Orlando und der Rest des Clans hatten sich rund um seine Staffelei in einem entlegenen Teil des Grundstücks versammelt. Eine schwangere Frau in einem langen Rock und einer Stola, einen Schal lässig um den Kopf gewickelt, goss Limonade aus einem großen Krug aus und reichte dem Künstler ein Glas. Zwei Jungen lachten und rauften im Gras, und ein kleines Mädchen schlug mit einem Haselnusszweigchen auf die beiden ein. Joe blieb stehen, um die idyllische Szene in sich aufzunehmen. Mit einem Anflug von Verärgerung und Amüsement kam er zu dem Schluss, dass es zweifelsohne gestellt war, dieses perfekte Abbild des englischen Landlebens. Ein grün gestrichener Zigeunerwohnwagen parkte in einem Stück wild wucherndem, ungemähten Obstgarten, der das gepflegte Grundstück des Hauses nahtlos mit dem dahinter liegenden Buchenwald verband. Kleine Inseln von hüfthohen wilden Möhren unter den Apfelbäumen verschmolzen in der Ferne mit einem Nebel aus Glockenblumen, und die leichte Brise aus dem Wald blies den Mandelduft von Maiblüten zu ihnen. Joe war völlig verzaubert.
»England, Heim voller Schönheit!«, brummte ihm Armitage ins Ohr. »Dafür haben wir gekämpft! Habe mich oft gefragt, ob ich es jemals wiedersehen würde. War es vier Jahre unseres Lebens wert? Manche Leute haben mit ihrem Leben dafür bezahlt, wie ich mich zu erinnern glaube«, murmelte er.
Jahre im Schlamm von Flandern, in einer monochromen Landschaft, gefolgt
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