Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
Eifer und Mühe -, ich bin sicher, Ihnen fällt da was ein.«
»Sie meinen, ich soll untertauchen, Sir?«
»Natürlich meine ich das! Ihr hässliches Gesicht ist den Jungs von der Presse vertraut. Sie sind viel zu leicht zu erkennen! Ich will nicht, dass sie Sie mit ihren Magnesiumblitzen verfolgen oder was immer diese teuflischen Gerätschaften sind. Ich schlage ja nicht vor, dass Sie nach Paris oder Schottland fliehen sollen - machen Sie sich nur eine Zeitlang unsichtbar, verstanden? Das ist ein Befehl!«
»Ich habe eine Schwester, die praktischerweise in Surrey wohnt. Sie sagt immer, sie würde nicht genug von mir zu sehen bekommen.«
»Großartig! Großartig! Hinterlegen Sie die Telefonnummer bei meiner Sekretärin, Joe. Und ich muss wohl nicht erst betonen, wie sehr ich Ihre … äh … Kooperation zu schätzen weiß?«
Sein Lächeln verschwand, als Joe die Tür hinter sich geschlossen hatte. Er blieb sitzen. Die buschigen, weißen Augenbrauen zogen sich in einem unwillkommenen Gedanken zusammen. Seine Hand griff nach dem Summer auf seinem Schreibtisch, und seine Sekretärin trat ein.
»Miss Holland, ich muss ein paar Memos diktieren, wenn es Ihnen nichts ausmacht.«
»Natürlich nicht, Sir Nevil.« Sie setzte sich, und ihr Stenogrammheft tauchte mysteriöserweise auf ihrem Schoß auf. Ein gespitzter Bleistift wartete auf das erste Wort.
Er sah mit leichter Verärgerung auf die schlanke, aufrechte Gestalt auf der anderen Seite seines Schreibtisches. Sie war ihm immer einige Sekunden voraus, und das brachte ihn aus der Fassung. »Wie macht sie das nur?«, fragte er sich. Wann immer sie den Raum betrat oder verließ, hatte er den Eindruck, dass sie salutiert hatte. Musste an der Ausbildung liegen. Er erinnerte sich, dass Miss Holland eine ehemalige Marinehelferin war. Als die Truppe nach dem Krieg aufgelöst wurde, waren viele dieser jungen Frauen, handverlesen aufgrund ihrer Intelligenz und ihrer Fähigkeit zu harter Arbeit, von Ehemännern geangelt worden und ein paar von Männern, die ihre Fertigkeiten und ihre Diskretion zu schätzen wussten, Männern wie Sir Nevil.
Der »neue Landdienst«, wie man die Truppe genannt hatte, war 1917 gegründet worden, gegen Ende des Krieges, von Dame Katharine Furse, einem ehemaligen Mitglied des medizinischen Hilfskorps. Sie hatte bereits drei Jahre in Frankreich gedient. Dame Katharine und ein Komitee aus bemerkenswert effizienten und erfahrenen Damen mussten mit einer Flut von siebentausend jungen Frauen fertig werden, die sich um die weiße Fahne geschart hatten, um sich anwerben zu lassen. Es war ein Wunder, dass sie die Zeit fanden, die Rekrutinnen in Uniform zu stecken, bevor der Krieg vorbei war und sie alle mit einem Wochenlohn freigesetzt wurden. Aber in dem kurzen Jahr ihrer Existenz hatten die Marinehelferinnen die Männer der Marine beeindruckt und für sich gewonnen, von den untersten Rängen bis hin zum obersten Admiral.
Sir Nevil hatte ein Jahr nach dem Ende des Krieges eine ganz außergewöhnliche Szene beobachtet. Es war im Juli 1919. Er hatte an dem großen Friedensmarsch durch London teilgenommen und sich am Ende wie alle anderen im Hyde Park eingefunden. Dort hatte er Dame Katharine gesehen, die höchstpersönlich das Kontingent an Marinehelferinnen anführte. Die Frauen in Blau marschierten stolz in makelloser Formation in den Park, und als sie auf die Höhe der Achilles-Statue kamen, wurden sie von einem unabgesprochenen Ausbruch von Applaus jener Admiräle begrüßt, unter deren Kommando das Hauptkontingent gestanden hatte. Sir Nevils frostiger Blick war feucht geworden. Er hatte es für einen würdevollen Tribut an die Hingabe der Marinehelferinnen gehalten.
Wenn die höchsten Behörden des Landes sich auf ihn verließen, um zu verhindern, dass der gute Name der Marinehelferinnen beschmutzt wurde von diesem... diesem... fauligen Apfel - nun denn, so sei es! Hätte er Joe ins Vertrauen ziehen sollen? Nein. Besser, wenn man nach den Regeln spielte. Jedenfalls war der Junge klug genug, um selbst auf die Idee zu kommen. Und taktvoll genug, um das nicht an die große Glocke zu hängen. Was hatte er doch gleich mit so bedeutungsvoller Stimme gesagt? »… werden die Akten höchst interessant finden …« Sir Nevil stöhnte. Wenn Sandilands seine Arbeit gründlich gemacht hatte, dann zweifelte er nicht daran. Der Inhalt würde einem höchstwahrscheinlich die Haare zu Berge stehen lassen. Wie gut, dass er um die Akten gebeten hatte. In den falschen
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