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Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands

Titel: Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Cleverly
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kommentiert. Das unterschied ihn von den anderen Rekruten und diente als Fingerzeig auf seine Fähigkeiten. Eine Fußnote vom September 1925 führte das noch weiter aus.
    Bill hatte Unterricht in Russisch genommen. Bei einem Russen. Ort und Zeit der Treffen seien detailliert vermerkt, hieß es. Joe durchsuchte die Akte, stellte sie sogar hochkant und schüttelte sie, aber die angesprochenen Überwachungsblätter fehlten.
    Das war es also. Bolschewismus. Der Albtraum der Briten. Noch mehr gefürchtet als die Faschisten am anderen Ende des Spektrums. Die Bolschewiken hatten die Anarchisten als bête noire abgelöst. Wenn Bill tatsächlich rote Neigungen verspürte, wäre seine Beförderung zum Stillstand gekommen, er würde als Sicherheitsrisiko ständig überprüft, und seine ganze Karriere wäre in Gefahr. Der Mann musste doch wissen, dass erst vor sechs Monaten der gesamte Vorstand der Kommunistischen Partei Großbritanniens unter Arrest genommen worden war. Die zwölf Vorstandsmitglieder waren vom Geheimdienst unsanft einkassiert und sofort vor Gericht gestellt worden.
    Joe hatte an der Gerichtsverhandlung im Old Bailey teilgenommen. Alle wurden Sir Archibald Bodkin vorgeführt und in einigen ziemlich ernsten Anklagepunkten für schuldig befunden worden, einschließlich Aufruf zur Meuterei. Die fünf Rädelsführer, die bereits vorbestraft waren, wurden zu zwölf Monaten verurteilt, die anderen sieben - mit unerwarteter Milde, wie Joe fand - hatten die Wahl zwischen sechs Monaten in Pentonville oder ihrer Freiheit unter der Zusicherung einwandfreien Verhaltens. Zur Überraschung aller hatten sich die Männer nur wenige Sekunden auf der Anklagebank besprochen und sich dann einstimmig für eine Haftstrafe entschieden. Eine beeindruckende Schau. Joe und andere, die zweifelsohne über mehr Einfluss verfügten als er, waren beeindruckt und - ja - alarmiert gewesen. Bodkins großzügige Geste, sein Warnschuss vor den Bug, war nach hinten losgegangen.
    Integre Männer, Männer, in deren Adern ein Feuer brannte, Männer, die bereit waren, eine Haftstrafe in den Gefängnissen Seiner Majestät abzusitzen, um so die Hingabe an ihre Überzeugungen unter Beweis zu stellen - das waren Männer, die von einem Romantiker wie Joe respektiert wurden, vom Staat jedoch gefürchtet.
    Joe las noch einmal die wenigen Worte, die auf Bills Akte standen. Worte, die die Aussichten eines Mannes ruinieren konnten. Er seufzte. Er hoffte, er hatte keinen falschen Schluss gezogen.
    Als er die Akte schloss, fiel ihm auf, wie ungewöhnlich dünn sie war. Er hatte bereits herausgefunden, dass die Überwachungsberichte fehlten. Aber es fehlte noch mehr. Was war mit dem üblichen Geschreibsel? Wo war die nur von einer Büroklammer zusammengehaltene Lose-Blätter-Sammlung von Referenzen, Urlaubsanträgen, Krankenattesten? Und wo waren die so wichtigen Kriegsdienstunterlagen? Wenn die verloren gegangen waren, könnte Joe doch zumindest einen Ersatzbericht über die Zeit seines gemeinsamen Dienstes mit Bill diktieren. Er hätte mit den Worten begonnen: »Dieser Mann ist nach Einschätzung seines befehlshabenden Offiziers das Beste, was sein Land zu bieten hat. Er ist zu einhundert Prozent loyal, furchtlos, tatkräftig, intelligent und findig.« Er hätte seitenlang so weitermachen können, mit Illustrationen.
    Joe hielt nur noch das Knochengerüst von Bills Akte in der Hand. Das Fleisch war irgendwo anders. Er kritzelte eine Notiz für Charlie, ihm aus der Lohnabteilung alle Besoldungsdokumente und Überstundenberichte des Sergeants zu besorgen. Er hoffte, das Interesse an Bill wäre schon vor dieser untergeordneten Abteilung erlahmt. Vielleicht hatte er ja Glück.
    Ein kurzes Klopfen an der Tür unterbrach seine Gedankengänge. Hastig schob er die Akte in eine Schublade und rief: »Herein.«
    »Offenbar störe ich Sie nicht, Sir«, sagte Armitage und betrachtete frech den verdächtig leeren Schreibtisch von Joe. »Wir sind zu zweit. Ich habe Constable Westhorpe mitgebracht.«
    Joe drückte den Summer. »Charlie - noch zwei Becher, bitte.«
     
    Sie setzten sich Joe entschlossen gegenüber und nahmen beide ihre Notizbücher heraus. Joe fragte sich, ob er ihnen sagen sollte, dass der Fall kurz davor stand, für abgeschlossen erklärt zu werden, dass die Hunde zurückgepfiffen worden waren, aber dann beschloss er, sie erst anzuhören.
    »Wir gaben auf und sind zur Basis zurückgekehrt, als wir die achte erhärtende Aussage aufgenommen haben. Wir fingen mit

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