Die Tote im Ritz - Ein Fall fuer Detective Joe Sandilands
würde das nur das Ansehen einer hochverehrten Truppe beschädigen. Staatsfeinde - und die schienen immer mehr zu werden und von allen Seiten des politischen Spektrums zu kommen - könnten sich eines solchen Skandals bedienen, um das Land an seiner empfindlichsten Stelle zu treffen - seinem Stolz.
Sir Nevil sprach mit Entschiedenheit: »Geben Sie sich keine weitere Mühe. Kein Grund, all diese Leute zu behelligen. Lassen Sie es gut sein.« Sein Tonfall wurde weicher, als er fortfuhr: »Hören Sie, Joe, es kann gar nicht die Frage sein, dass von oberster Stelle in den Ermittlungen um den Tod dieser hochverehrten Dame ein Stoppschild errichtet wurde. Die Beerdigung ist für nächsten Donnerstag in St. Martin’s angesetzt. Die hohen Tiere vom Militär werden alle anwesend sein. Ich glaube, ihre Mutter möchte die Zeremonie einfach und kurz halten. Sie hat sogar darum gebeten, dass keine Uniformen getragen werden. Also eine Parade von Homburgs statt Dreispitzen. Ziemlich angemessen angesichts der Umstände - sie ist schließlich nicht im aktiven Dienst gestorben. Wir bereiten eine Presseerklärung vor, die mit der Bekanntgabe der Einzelheiten zur Beerdigung herausgegeben wird. Wir haben Glück - angesichts der königlichen Geburt und des drohenden Streiks suchen die Presseleute diese Woche nicht gerade nach Schlagzeilen!«
Er sah Joe direkt in die Augen. »Man wird der Presse mitteilen, dass Dame Beatrice starb, während sie tapfer versuchte, einen Einbrecher zu verjagen, der anschließend mit einem Schmuckstück das Weite suchte. Commander Sandilands ist, so werden wir vermelden, ihm dicht auf den Fersen. Gerade die Art von grässlicher Geschichte, die die sensationslüsterne Öffentlichkeit goutiert. Was sagen Sie dazu, Joe?«
Joe stimmte den Grad von Bitterkeit in seinem Tonfall perfekt ab. »Mir fällt auf, das Sie nicht wissen wollen, was ich denke , Sir. Ich sage, dass ich es verstehe. Ich überlasse Ihnen die Notizen zu den Ermittlungen, und sollte es je notwendig erscheinen, die Ermittlungen weiter voranzutreiben, so hoffe ich, dass meine Notizen nützlich sein werden.« Er senkte die Stimme, um ihr mehr Betonung zu verleihen. »Ich denke, Sie werden sie höchst interessant finden, Sir.«
Sir Nevils Augen umwölkten sich mit ungewöhnlicher Unentschlossenheit.
Joe fand, dass er seinen Chef gut genug kannte, um eine inoffizielle Bemerkung zu riskieren. Wieder sprach er leise, obwohl sie allein im Zimmer waren. »Haben wir voreilig gehandelt, Sir?«
Sir Nevil bedachte ihn mit einem flüchtigen Lächeln. »Sehr gut erkannt, mein Junge!«, brummte er. »Sie haben ja keine Ahnung, aus wie vielen Richtungen ich unter Beschuss gekommen bin, seit die treibenden Kräfte in diesem Land gemerkt haben, was genau geschehen ist.« Er stieß unter seinem Schnauzer einen Pfiff aus. »Verdammtes Glück, dass Sie diskret vorgegangen sind! Wenn Sie all das Samstagnacht dem Reporter erzählt hätten, wären wir beide von unseren Stühlen katapultiert worden. Aber dafür werden wir ja bezahlt - für Diskretion. Kann natürlich nicht mit Ihnen darüber reden, aber das Außenministerium, das Innenministerium, Room 40, die Gespenster von MI5 und die Gangster von der Staatssicherheit - alle halten mir das Messer an die Gurgel. Habe keine Ahnung, was da los ist … und dürfte es Ihnen auch nicht sagen, selbst wenn ich eine Ahnung hätte.«
Joe erwiderte leichthin: »Wahrscheinlich sind alle so sehr damit beschäftigt, sich gegenseitig zu beäugen, dass sie gar nicht bemerken, wie sich der Schurke direkt vor ihrer Nase davongemacht hat.«
»Muss schon sagen, diese ganze Heimlichtuerei passt mir nicht.« Sir Nevils aufrichtiges, altes Soldatengesicht wirkte plötzlich müde. »Das ist derzeit sehr in Mode, wie ich weiß, dieses Schattenboxen, aber ich bevorzuge ein Ziel, das sich mir in hellem Tageslicht und vorzugsweise in Schussweite präsentiert. Ich gehöre wohl noch der alten Schule an, wie? Zeit, dass ich abtrete, denke ich!«
Er fügte etwas energischer hinzu: »Hören Sie, Joe, jetzt, da Sie diese Ermittlung vom Hals haben, warum nehmen Sie sich da nicht ein paar Tage frei? Sie müssen natürlich zur Beerdigung kommen - das würde man zu schätzen wissen -, aber warum nehmen Sie nicht den Rest der Woche Urlaub? Kommen Sie am Montag wieder. Und warum geben Sie Ihrer Belegschaft nicht gleich ähnliche Anweisungen, denjenigen, die damit zu tun hatten? Sagen Sie ihnen, sie sollen aufs Land oder ans Meer fahren - als Lohn für
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