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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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vielleicht auch stinkreich?«
    Ich nickte ernsthaft.
    »Ha — sehr! Aber ich habe kein Geld.«
    Eine Sekunde blinzelte sie mich verdutzt an, dann lachte sie wieder. Ihr Lachen klang, wie wenn man Glaskügelchen in eine Silberschale fallen läßt.
    »Sie Glücklicher!« rief sie. »Wenn eine Frau Sie liebt, dann tut sie es allein nur Ihretwegen. Es gibt nichts Schlimmeres, als Geld und Sommersprossen gleichzeitig zu haben, da weiß man nie genau, wem von beiden die Liebe gilt. Mögen Sie Sommersprossen?«
    »Ich halte Sommersprossen für eine der genialsten Schöpfungen des lieben Gottes. Haben Sie schon einmal einen Elefanten, einen Haifisch oder ein Kaninchen mit Sommersprossen gesehen? Bestimmt nicht. Sommersprossen sind einer der wenigen Gründe, um die es sich lohnt, ein Menschengesicht auch noch nach acht Tagen hin und wieder anzuschauen: es ist ungeheuer reizvoll, zu beobachten, wie sie entstehen und wie sie sich verändern... Wollen wir jetzt tanzen?«
    Sie rutschte mit einer kleinen Drehung von ihrem Hocker herunter, und da ich gleichzeitig aufgestanden war, prallten wir zusammen. Sie war zwar wie ein Junge gekleidet, aber sie faßte sich an wie ein Mädchen.
    »Tanzen wir so, wie ich vorhin mit Robby getanzt habe?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Nein — dazu muß man im Urwald aufgewachsen sein und sich einen großen Teil des Lebens von einem Ast zum anderen vorwärts bewegt haben. Außerdem finde ich es hier zum Tanzen viel zu heiß.«
    Es war die alte Leier, aber Audrey machte mit. Wir gingen auf die Terrasse hinaus, und ich bemühte mich herauszubekommen, wie viele Whiskys ich an diesem Abend schon getrunken hatte.
    »Sie sind ja blau!« hörte ich sie wie aus weiter Ferne sagen.
    Ich hatte das Gefühl, als ob sie mich heftig hin und her zöge.
    »Nein«, murmelte ich. »Das kann eigentlich gar nicht sein.«
    Ich hörte meine eigene Stimme wie aus einem Ofenrohr kommen, und ich merkte, daß meine Zunge bleischwer geworden war. Plötzlich sah ich vor mir grelle Lichter, die rasch immer größer wurden und die mich schrecklich blendeten — und dann hörte ich heulende Polizeisirenen. Ich dachte noch an ein Mädchen, das irgendwo tot in einem roten Cadillac lag — und dann war alles dunkel.

4

    Als ich aufwachte, schien die Sonne. Sie kam in Streifen durch eine Jalousie in ein Zimmer, das ich noch nie in meinem Leben gesehen hatte.
    Ich strampelte die geblümte Steppdecke herunter und merkte, daß ich in einem Schlafanzug steckte, der mir viel zu klein war; die Ärmel reichten mir kaum bis über die Ellenbogen, und die Beine nur bis knapp unter die Knie.
    Rasende Kopfschmerzen bohrten in meinem Hirn. Ich setzte mich auf die Bettkante und schaute mich mit dumpfem Interesse in dem Zimmer um.
    Es sah aus wie das Schlafzimmer eines Junggesellen, der eine Menge Geld und gar keinen Geschmack hatte: auf dem Boden ein dicker, grellroter Teppich, in der einen Ecke eine Clubgarnitur in schreiendem Blau und grüne Vorhänge. Die Lampe, die in der Mitte des Zimmers von der Decke herabhing, war mit knallgelbem Stoff bezogen und sah aus, als hätte ein junger Hund damit gespielt.
    Dem Bett gegenüber stand ein Bücherbord an der Wand. Ich stand auf und schaute mir die Bücher an. Es waren zum Teil Kriegs- und Soldatenbücher mit Titeln wie »Unsere Helden in der Luft«, »Unternehmen 68«, »Drei Mann im Feindesland« und so weiter; das andere waren Kriminalromane.
    An einem resedagrünen, breiten Schrank, der am Fußende des Bettes stand, hingen meine Hose und die weiße Smokingjacke säuberlich über einem Bügel, und meine Wäsche lag auf einem Stuhl.
    Ich ging zum Fenster und schaute durch die Jalousie hinaus. Draußen war ein hübsch angelegter Garten mit einer Hecke auf der Straßenseite. Auf dem Einfahrtsweg stand ein Chevrolet, zitronengelb mit rotem Dach.
    Während ich mein weißes Seidenhemd und die schwarze Smokinghose anzog, überlegte ich mir, was wohl mit mir passiert sein konnte, und wo ich mich befand. Ich wußte nicht mehr viel, aber eins wußte ich: soviel hatte ich bestimmt nicht getrunken, daß ich davon so hätte in die Knie gehen können.
    Ich trat wieder zum Fenster. Ein Polizeiwagen fuhr langsam durch das Gartentor und hielt hinter dem Chevrolet. Meine beiden Bekannten von gestern abend, Polizeileutnant McGorvyn und der lange Sergeant, stiegen aus. Ich hatte das mulmige Gefühl, daß ihr Besuch mir gelten würde.
    Ich ging zur Tür, machte sie auf und stand einem fremden Polizisten

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