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Die Tote im roten Cadillac

Die Tote im roten Cadillac

Titel: Die Tote im roten Cadillac Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Magnolia Boulevard bogen wir links ein, und ich zeigte Eddie, wo ich wohnte. Wir hielten vor dem IBM-Haus, einem zwölfstöckigen Kasten in tomatenroter Farbe mit grünen Fensterkreuzen.
    »So was«, sagte Eddie kopfschüttelnd. »Da wohnen wir beinahe nebeneinander und haben uns nie getroffen. Ich würde ja gar nichts sagen, wenn du drüben in Ventura oder in Santa Monica oder in San Pedro lebtest — aber so nahe beisammen, das ist zu drollig.«
    Ich gab ihm einen scherzhaften Puff in die Rippen.
    »Aber fein ist es, Eddie, was? Hast du hier einen Haufen Freunde in der Stadt?«
    »Ach Gott, weißt du — Freunde! Ich hab’ natürlich schrecklich viele Bekannte, vom Geschäft her und durch die Andersons. Aber richtige Freunde — nein, Randy, eigentlich nicht.«
    »Ich auch nicht, Eddie. Früher, weißt du, da war das ja einfach. Man hat sich kennengelernt und war gleich gut Freund. Aber heute? Man wird älter, und es dauert länger, bis man mit einem Menschen warm wird.«
    Im neunten Stockwerk verließen wir den Fahrstuhl. Wir gingen durch den langen Korridor. Eddies Gummisohlen quietschten auf dem Linoleum.
    »Hier«, sagte ich, »Nummer 462 — das bin ich!«
    Ich sperrte die Tür auf und ließ ihn eintreten. Ich hatte hier einen kleinen Vorraum, dahinter ein großes Zimmer, das mir als Büro diente, und daneben ein kleineres Zimmer, in dem ich wohnte und schlief und von dem aus es in eine winzige Küche und in ein noch winzigeres Bad ging. Vor dem Büro war ein Balkon, auf dem man ganz bequem stehen konnte, wenn man nicht mehr als Schuhgröße neununddreißig hatte.
    Alle Räume waren jetzt von einer Gluthitze erfüllt. Da ich ja erst am Abend weggefahren war und nicht damit gerechnet hatte, so spät nach Hause zu kommen, hatte ich die Jalousien nicht geschlossen.
    Während sich Eddie umsah, holte ich das nach, aber es half natürlich nichts mehr.
    »Mach dir’s bequem«, sagte ich. »Was willst du trinken?«
    »Hast du Gin und Zitrone?«
    »Natürlich. Ach ja, richtig — jetzt erinnere ich mich wieder: Gin-Fizz, nicht wahr? Immer noch?«
    »Ja, immer noch. Wenn du mir sagst, wo er ist, kann ich ihn mir selber mixen, während du dich umziehst.«
    Ich zeigte ihm den Eisschrank in der Küche, und dann verschwand ich im Bad. Ich duschte erst lauwarm, dann eiskalt, rasierte mich und zog meinen grauen Flanellanzug an. Dabei fiel mir ein, daß Eddie in seiner Kleidung nichts von Familientrauer zeigte. Die weiße Hose und sein grünes Seidenhemd, das er ohne Krawatte trug, leuchteten vergnügt in die Gegend. Nun — mich ging das nichts an.
    Ich goß mir in der Küche noch einen Whisky ein, tat ein paar Stücke Eis dazu und ging ins Büro, wo Eddie auf der Couch saß und in einem alten Journal blätterte.
    »So«, sagte ich. »Jetzt fühle ich mich wieder menschlich.« Da ich immer noch Kopfschmerzen hatte, nahm ich eine Tablette aus meinem Schreibtisch und schluckte sie. Und dann schauten wir uns an.
    »Schöne Schweinerei, was?« sagte ich. »Es ist ein verdammt ekliges Gefühl, zu wissen, daß man für einen Mörder gehalten wird und sozusagen nur auf Abruf herumläuft. Ein Glück für mich, daß du rechtzeitig da warst. Du bist doch gerade gekommen, als ich umkippte, was?«
    Ich war neugierig auf seine Antwort, und es kam mir plötzlich so vor, als ob von dieser Antwort unendlich viel abhängen könnte. Immer wieder erinnerte ich mich nämlich daran, daß ich geglaubt hatte, Eddie kurz vorher am Fenster gesehen zu haben, — und ich glaubte nicht an eine Vision.
    »Nein«, sagte er ruhig. »Ich war schon kurz vorher da. Ich ging einmal über die Terrasse, weil ich jemand suchte. Aber da habe ich dich noch nicht gesehen.«
    »Mensch, Eddie! Aber ich dich! Ich dachte schon, ich würde an Halluzinationen leiden. Ich habe dich gesehen, wie du durchs Fenster hereingeschaut hast; im ersten Augenblick war ich so überrascht, daß ich eine Weile brauchte, um zu wissen, daß wirklich du es warst, dem dieses Gesicht gehörte... Ah, mir fällt da was ein: Wie ist eigentlich der alte Anderson?«
    Wir zündeten uns eine Zigarette an, und Eddie sagte:
    »Ein Sonderling. Er kümmert sich kaum um sein Geschäft. Er hat anscheinend gute Direktoren, die den ganzen Laden schmeißen. Wenn er jemanden findet, mit dem er über Fische und Angeln sprechen kann, dann taut er etwas auf. Aber sonst ist er ein Kauz, der kaum drei Worte ‘rausbringt.«
    »Wer wird ihn nun von Olivias Tod benachrichtigen?«
    »Lloyd natürlich. So was

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