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Die Tote im See

Die Tote im See

Titel: Die Tote im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Raymond Chandler
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und sie spielte mir eine Szene vor, daß mir vor Staunen Mund und Nase offenstanden.«
    Patton sagte: »Wer hat sie umgebracht, mein Sohn? Ich vermute, Sie wollen nicht unbedingt, daß diese Kleinigkeit an Kingsley hän-genbleibt?«
    Ich sah Kingsley an und sagte: »Sie haben gesagt, daß Sie nicht selbst mit ihr am Telefon gesprochen haben. Und was ist mit Miss Fromsett? Glaubte sie, mit Ihrer Frau zu sprechen?«
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    Kingsley schüttelte den Kopf. »Ich bezweifle das. Ich glaube, es ist
    sehr schwer, sie so zu täuschen. Mir hat sie nur gesagt, daß sie sehr
    verändert und sehr undeutlich geklungen habe. Aber ich hatte kei‐
    nen Verdacht. Ich hatte keinen, bis ich hier oben ankam. Als ich letz‐
    te Nacht das Haus betrat, dachte ich, daß da irgendwas nicht stim‐
    men könne. Alles war zu sauber, zu ordentlich, zu gepflegt. Crystal
    ließ Sachen nie so zurück. Es hätten Kleider im ganzen Schlafzimmer verstreut herumliegen müssen, überall im Haus hätte man Kip‐
    pen gefunden und Flaschen und Gläser in der Küche. Es hätte un-gewaschene Teller und Ameisen und Fliegen geben müssen. Ich
    dachte, daß vielleicht Bills Frau aufgeräumt hätte, bis mir einfiel, daß das an diesem speziellen Tag nicht der Fall gewesen sein konnte. Sie war ja viel zu sehr damit beschäftigt, sich mit Bill zu streiten, sich ermorden zu lassen oder Selbstmord zu begehen, je nachdem.
    Ich dachte darüber nur ziemlich verschwommen nach, und ich will
    nicht behaupten, daß ich wirklich zu einem Schluß gekommen wä‐
    re.«
    Patton stand aus seinem Sessel auf und ging hinaus auf die Veranda. Als er zurückkam, wischte er sich seine Lippen mit seinem braunen Taschentuch ab. Er setzte sich wieder und rutschte stärker
    auf die linke Seite, wohl wegen der Revolvertasche auf der anderen
    Seite. Er sah Degarmo nachdenklich an. Degarmo stand an der
    Wand, hart und aufrecht, wie aus Stein. Seine rechte Hand hing immer noch mit leicht gekrümmten Fingern seitlich herab.
    Patton sagte: »Ich habe immer noch nicht gehört, wer Muriel getö‐
    tet hat. Gehört das zum Programm, oder hat man das vielleicht noch
    nicht rausgefunden?«
    Ich sagte: »Jemand, der dachte, daß sie umgebracht werden muß,
    jemand, der sie geliebt und gehaßt hat, jemand, der viel zu sehr Po‐
    lizist war, um sie mit irgendeinem weiteren Mord entschlüpfen zu lassen, der aber nicht Polizist genug war, sie einfach festzunehmen
    und die ganze Geschichte herauskommen zu lassen. Jemand wie
    Degarmo.«
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    Degarmo richtete sich von der Wand weg auf und lächelte düster.
    Seine rechte Hand machte eine schnelle saubere Bewegung und hielt
    dann einen Revolver. Er hielt ihn mit lockerem Handgelenk, so daß
    er auf den Boden vor ihm gerichtet war. Er sprach zu mir, ohne mich anzusehen.
    »Ich nehme an, daß Sie keine Waffe haben«, sagte er. »Patton hat
    einen Revolver, aber ich nehme kaum an, er kann ihn so schnell zie‐
    hen, daß es ihm was hilft. Vielleicht haben Sie einen kleinen Beweis,
    der Ihre letzte Vermutung stützt. Oder sind das für Sie unwichtige
    Kleinigkeiten, mit denen Sie sich nicht gerne aufhalten?«
    »Einen kleinen Beweis«, sagte ich. »Nicht wirklich viel. Aber es läppert sich zusammen. Jemand hat im Granada länger als eine halbe Stunde hinter dem grünen Vorhang gestanden, und zwar so ru‐
    hig gestanden, wie nur ein Bulle beim Beschatten zu stehen weiß.
    Jemand, der einen Gummiknüppel hatte. Jemand, der wußte, daß
    ich mit einem Gummiknüppel geschlagen worden war, ohne daß er
    sich meinen Hinterkopf angesehen hätte. Sie haben’s Shorty gesagt,
    erinnern Sie sich? Jemand, der wußte, daß auch das tote Mädchen mit einem Gummiknüppel niedergeschlagen worden war, obgleich
    man’s nicht sehen konnte und obwohl man zu diesem Zeitpunkt die
    Leiche wahrscheinlich noch nicht gründlich genug untersucht hatte,
    um das herauszufinden. Jemand, der ihr die Kleider vom Leib riß und ihren Körper wüst zerkratzte, mit einem sadistischen Haß, den
    ein Mann wie Sie vielleicht für eine Frau empfinden mußte, die ihm
    das Leben zur Hölle gemacht hatte. Jemand, der wahrscheinlich
    immer noch Blut und Hautfetzen unter den Fingernägeln hat, jeden‐
    falls genug, damit ein Chemiker damit was anzufangen wüßte. Ich wette, daß Sie Patton nicht die Fingernägel Ihrer rechten Hand zeigen wollen, Degarmo.«
    Degarmo hob den Revolver ein wenig an und lächelte. Ein breites,
    weißes Lächeln.
    »Und wie konnte ich gewußt haben, wo sie zu finden

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