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Die Tote ohne Augen

Die Tote ohne Augen

Titel: Die Tote ohne Augen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jeff Herr
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Schießwettbewerben ihre Kollegen haushoch geschlagen. Sie
hatte einen besonderen Eindruck bei Mike Lüttich hinterlassen, als sie ihn mit
ihrer beruhigenden Stimme über seinen Pferdestall ausgefragt und ihn mit ihren
tiefblauen, stechenden Augen angesehen hatte. Es fiel ihm schwer, trotz all seines
Leids und seiner Trauer, ihr nicht in den Ausschnitt zu schauen. Ihr fiel es
schwer, professionell zu bleiben, da sie Tiere liebte.
    Außer den zwei Pferdekadavern gab
es nicht viele brauchbare Spuren. Die Tiere, die durch einen Schuss vom
Tierarzt getötet wurden, lagen in ihren Boxen. Ihre Augen waren verätzt, die
Augenhöhlen waren leer, die Säure hatte den ganzen Augapfel zerfressen. Sie
sahen aus wie überdimensionale Gruselfiguren. Das Fell hin bis zum Nüstern war
ebenfalls verätzt. Dr. Lomesch nahm an, dass die Säure mithilfe einer Spritze
in die Augen geträufelt oder gespritzt wurde. Der Täter musste also jemand sein,
der sich mit Pferden auskannte, aber auch mit Säuren. Da es trotz Anfang Herbst
noch über 20 Grad waren, fingen die Leiber der Pferde an sich aufzublähen.
Fliegen schwärmten umher. Es war nur eine Frage der Zeit, bis sie aufplatzten
und die 40 Meter langen Gedärme freigaben. Der Gestank würde schrecklich
werden, der Anblick unmöglich. Doch die Staatsanwaltschaft gab sie nicht frei,
um sie zur Tierverbrennungsanlage abzutransportieren. Fingerabdrücke gab es
viele im Stall, besuchen doch viele Kinder und Jugendliche die Reit- und
Voltigierkurse. Diese wurden allerdings bis auf unbestimmte Zeit abgesagt. Die
Spurensicherung fand außer den vielen Fingerabdrücken Spuren von Reitstiefeln
und Fasern und natürlich Haare. Haare von Pferden, Hunden, Katzen, Mäusen und
natürlich Menschen. Diese alle zuzuordnen war ein Ding der Unmöglichkeit.
Niemand hatte jedoch etwas Anormales beobachtet. Kathia, die Pferdewirtin, war
zwar zur Tatzeit im Stall, doch war sie gerade dabei, Möhren und Rüben zu
raspeln. Durch das Geräusch der mit einem Zweitaktmotor angetriebenen Raspel
hatte sie jedoch nichts gehört. Es ging ihr wirklich sehr schlecht. Sie
zitterte am ganzen Körper, als hätte sie den Leibhaftigen gesehen. Sie musste
von einem Notfallseelsorger betreut werden. Der Anblick ihrer zwei geliebten
Pferde, wie sie tot und ohne Augen dalagen, würde ihr nie wieder aus dem Kopf
gehen. Dabei war die Arbeit in Mikes Stall alles, was sie hatte. Sie war ein
Waisenkind gewesen und suchte dringend eine Arbeit. Sie wuchs in einem Heim
auf, konnte mit ihren 18 Jahren dort nicht mehr bleiben und landete auf der
Straße. Da sie sich mit Pferden auskannte und Mike sie sympathisch fand,
stellte er sie ein. Das war vor zwei Jahren.
     
    „Schrei nur, niemand wird dich
hören, erinnerst du dich an das Bild der Pferde ohne Augen? Genau so wirst du
gleich aussehen, du hast es dir selbst zuzuschreiben. Hättest du dich mal
besser rausgehalten! Ach, du weinst? Weine nur, es ist das letzte Mal, dass du
weinst, das letzte Mal, dass du atmest, das letzte Mal, dass dein Herz
schlägt!“
     
    Es würde Tage dauern, bis man die
Spuren alle zuordnen konnte. Würde man den Kindern es antun, Fingerabdrücke und
Speichelproben zu nehmen? Maria war sich darüber noch nicht im Klaren. Mike
Lüttich drängte, dass der Stall wieder freigegeben werden konnte. Er hatte noch
zwölf andere Pferde, die täglich beritten wurden. Der Tod zweier Pferde sowie
der Stillstand der ganzen Reitschule bedeuteten einen Lohnausfall, der schwer
wettzumachen war. „Wir müssen mindestens warten, bis die Spurensicherung durch
ist und die Staatsanwaltschaft die Kadaver freigegeben hat“, meinte Maria. „Das
wird frühestens morgen sein, wenn nicht übermorgen.“ „Ich kann nicht so lange
warten, ich bringe es nicht fertig, rumzusitzen und nichts zu tun.“ Maria
leistete gute psychologische Betreuung. Als sie Mikes Hand nahm, um ihn zu
trösten, war es, als hätte er eine Stromleitung berührt. Sein Herz stolperte.

Kapitel 3
     
    Im Gemeindeatelier ging es so
kurz nach acht noch ruhig zu. Die Arbeiter saßen alle zusammen im Umkleideraum
und Ben der Vorarbeiter teilte die Arbeiten auf. „Wie ihr wisst, haben wir drei
Hauptprobleme: Im Sommer Gras, im Herbst Blätter und im Winter Schnee! Wir
stehen gerade am Beginn der Blättersaison. Marcel, du nimmst den Rasenmäher und
mähst zum letzten Mal für dieses Jahr das Fußballfeld.“ Marcel war der
Maschinist oder eher der „Spieler.“ Er mochte es, mit Maschinen rumzuspielen.
Es war ihm

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