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Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
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die sie in ihrem Schreibtisch aufbewahrt hat.« Als er sah, daß ich nicht wußte, wovon er sprach, riß er sich abrupt zusammen. Ich spürte, daß ich an Details gerührt hatte, die er mir nicht erzählen würde.
    »Was für Dinge?«
    »Also, sie hatte einen Brief in ihrem Schreibtisch bei der ERF - einen Brief von dir. Im Umschlag war auch die Kreditkarte. « »Das weiß ich.«
    »Gut. Ebenfalls in dem Umschlag befand sich ein Foto von dir und Lucy in Miami. Ihr habt offenbar im Garten deiner Mutter gesessen.«
    Ich schloß für einen Moment die Augen und holte tief Luft, als er fortfuhr.
    »Gault weiß zudem, daß Lucy deine Schwachstelle ist. Ich will nicht, daß er sich auf sie fixiert. Aber was ich dir beizubringen versuche, ist, daß er das wahrscheinlich bereits getan hat. Er ist in eine Welt eingebrochen, in der sie ein As ist. Er hat CAIN übernommen.«
    »Deswegen hast du sie verlegt«, sagte ich.
    Wesley sah mich an und suchte nach einem Weg, mir zu helfen. Ich sah die Qual hinter seiner kühlen Zurückhaltung und spürte seinen schrecklichen Schmerz. Auch er hatte Kinder.
    »Du hast sie zu mir in den Sicherheitsstock verlegt«, sagte ich, »weil du Angst hast, daß Gault hinter ihr her ist.«
    Er sagte noch immer nichts.
    »Ich will, daß sie morgen an die Universität in Charlottesville zurückkehrt«, sagte ich mit einer wilden Entschlossenheit, die ich nicht empfand. Was ich wirklich wollte, war, daß Lucy meine Welt nicht kennenlernte, und dazu war es zu spät.
    »Das geht nicht«, sagte er. »Und sie kann auch nicht zu dir nach Richmond. Um die Wahrheit zu sagen, im Moment kann sie nirgendwohin. Hier ist sie am sichersten.«
    »Sie kann nicht für den Rest ihres Lebens hierbleiben«, sagte ich.
    »Bis wir ihn haben...
    »Vielleicht finden wir ihn nie, Benton!«
    Er sah mich aus müden Augen an. »Dann werdet ihr beide vielleicht in unserem Zeugenprogramm enden.«
    »Ich werde meine Identität nicht aufgeben. Mein Leben auch nicht. Das wäre kaum besser, als tot zu sein.«
    »Doch, es wäre besser«, sagte er ruhig, und ich wußte, daß er getretene Körper, enthauptete Körper, Körper mit Schußwunden vor sich sah.
    Ich stand auf. »Was mache ich wegen meiner gestohlenen Kreditkarte?« fragte ich benommen.
    »Laß sie sperren. Ich hatte gehofft, wir bekämen Geld aus Beschlagnahmungen, Drogengeld. Aber dem ist nicht so.« Er hielt inne, als ich ungläubig den Kopf schüttelte. »Es war nicht meine Entscheidung. Du kennst unsere Etatprobleme. Du hast die gleichen.«
    »O Gott«, sagte ich. »Ich dachte, du wolltest ihn finden.«
    »Es ist nicht sehr wahrscheinlich, daß uns deine Kreditkarte zu ihm führt, durch sie erfahren wir nur, wo er war.«
    »Ich kann es nicht fassen.« »Schieb den Politikern die Schuld in die Schuhe.« »Ich will nichts von Etatproblemen und Politikern hören!« rief ich.
    »Kay, das FBI kann sich kaum mehr die Munition für die Schießanlagen leisten. Und du kennst unsere Personalprobleme. Ich persönlich bearbeite in diesem Augenblick hundertneununddreißig Fälle, jetzt, während wir uns unterhalten. Letzten Monat wurden zwei meiner besten Leute pensioniert. Ich habe noch neun Leute. Neun. Das macht zusammen zehn, die versuchen, die gesamten USA abzudecken, plus die Fälle, die uns aus dem Ausland angetragen werden. Himmel, der einzige Grund, warum wir uns dich leisten können, ist, daß wir dir nichts zahlen.«
    »Ich mache den Job nicht wegen des Geldes.«
    »Du kannst deine Amex-Karte sperren lassen«, sagte er müde. »Ich an deiner Stelle würde es sofort tun.«
    Ich sah ihn lange an, dann ging ich.

10
    Lucy war vom Laufen zurück, hatte geduscht und war in der ERF beim Arbeiten, als ich wieder in unsere Suite kam. Das Abendessen wurde in der Cafeteria serviert.
    »Ich fahre heute noch nach Richmond zurück«, sagte ich am Telefon zu ihr.
    »Ich dachte, du bleibst über Nacht«, sagte sie, und ich hörte Enttäuschung heraus.
    »Marino holt mich ab.«
    »Wann?«
    »Er ist unterwegs. Wir könnten noch zusammen essen, bevor ich aufbreche.«
    »Okay. Ich möchte, daß Jan mit uns ißt.« »Gut. Marino wird auch mitessen. Er müßte demnächst hiersein.« Lucy schwieg.
    »Warum setzen wir beide uns erst nicht noch allein zusammen?« schlug ich vor.
    »Hier?«
    »Ja. Wenn du mich durch alle Scanner, verschlossenen Türen, Röntgenapparate und hitzegesteuerten Detektoren schleust.«
    »Da muß ich die Generalstaatsanwältin anrufen. Sie haßt es, wenn ich sie zu Hause

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