Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote ohne Namen

Die Tote ohne Namen

Titel: Die Tote ohne Namen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Cornwell
Vom Netzwerk:
störe.« »Bin schon unterwegs.«
    Die Technische Forschungsabteilung bestand aus drei von Bäumen umgebenen Betonkästen. Um auf den Parkplatz zu gelangen, mußte man an einem Wächterhäuschen vorbei, das keine dreißig Meter von dem der Akademie entfernt war. Die ERF war die geheimste Abteilung des FBI, die Angestellten mußten ihre Fingerabdrücke in biometrische Schlösser einscannen, bevor sich die Plexiglastüren öffneten. Lucy erwartete mich am Eingang. Es war fast acht Uhr. »Hallo«, sagte sie.
    »Es stehen mindestens ein Dutzend Autos auf dem Parkplatz. Arbeiten die Leute immer so spät?«
    »Sie kommen und gehen den ganzen Tag über. Meist sehe ich sie überhaupt nicht.«
    Wir gingen durch die große Eingangshalle, an geschlossenen Labortüren vorbei, hinter denen Wissenschaftler und Techniker an Projekten arbeiteten, über die sie nicht sprechen durften. Abgesehen von Lucys Arbeit an CAIN hatte ich nur vage Vorstellungen davon, was hier vor sich ging. Ich wußte lediglich, daß das Ziel aller Projekte darin bestand, Spezialagenten bei ihren Jobs technisch zu unterstützen, ob es sich um Überwachung, Schußwaffengebrauch, den Einsatz von Robotern bei Unruhen oder darum handelte, sich aus einem fliegenden Helikopter abzuseilen. Daß Gault hier eingebrochen war, war etwa so, als würde er ungehindert in der NASA oder einem Atomkraftwerk herumschlendern. Es war unvorstellbar.
    »Benton hat mir von dem Foto erzählt, das in deinem Schreibtisch war«, sagte ich zu Lucy, als wir in einen Aufzug stiegen, um in den zweiten Stock hinaufzufahren.
    »Gault wußte bereits, wie du aussiehst, wenn es das ist, was dir Sorgen macht. Er hat dich früher schon gesehen mindestens zweimal.«
    »Mir gefällt nicht, daß er jetzt weiß, wie du aussiehst«, sagte ich.
    »Du nimmst an, daß er das Foto hat.«
    Wir betraten einen grauen Kaninchenbau, lauter Kabinen mit Computerarbeitsplätzen, Druckern und Papierstapeln. CAIN selbst stand hinter einer Glaswand in einem klimatisierten Raum mit zahllosen Monitoren, Modems und Kilometern von Kabeln unter einem erhöhten Boden.
    »Ich muß etwas überprüfen«, sagte Lucy und scannte ihre Fingerabdrücke ein, um die Tür zu CAIN aufzuschließen.
    Ich folgte ihr in die kühle spannungsgeladene Atmosphäre, in der unsichtbare Meldungen mit unglaublicher Geschwindigkeit ausgetauscht wurden. Modemlämpchen blinkten rot und grün, und auf einem riesigen Bildschirm verkündeten große leuchtende Buchstaben: CAIN.
    »Das Foto war in dem Umschlag zusammen mit der American-Express-Karte, die er jetzt offensichtlich hat«, sagte ich. »Es liegt nahe, daß er auch das Foto hat.«
    »Jemand anders könnte es haben.« Sie beobachtete konzentriert ein paar Modems, schaute dann auf die Uhrzeit, die der Bildschirm anzeigte, und notierte etwas. »Das hängt ganz davon ab, wer meinen Schreibtisch durchsucht hat.«
    Wir waren immer davon ausgegangen, daß nur Carrie eingebrochen war und mitgenommen hatte, was immer sie wollte.
    Jetzt war ich mir dessen nicht mehr so sicher. »Vielleicht war Carrie nicht allein«, sagte ich. Lucy erwiderte nichts.
    »Ich glaube nicht, daß Gault der Gelegenheit widerstehen konnte. Ich glaube, daß er dabei war.«
    »Das ist ziemlich riskant, wenn man wegen Mordes gesucht wird.«
    »Lucy, es ist ziemlich riskant, überhaupt hier in die ERF einzubrechen.«
    Sie machte weiter Notizen, während Farben über den Bildschirm wirbelten und Lichter an- und ausgingen. CAIN war ein Space-Age-Geschöpf mit Tentakeln zu Verbrechensbekämpfungseinheiten hier und im Ausland, sein Gehirn ein beigefarbener Kasten mit zahllosen Knöpfen und Schlitzen. Ich fragte mich, ob er vielleicht verstand, was wir sagten.
    »Was sonst könnte noch aus deinem Büro verschwunden sein?« fragte ich sie. »Vermißt du noch etwas?«
    Sie betrachtete das blinkende Lämpchen an einem Modem. Sie schien perplex. Dann sah sie mich an. »Er muß durch eins dieser Dinge r reinkommen.«
    »Was ist los?« fragte ich sie verwirrt.
    Sie setzte sich vor eine Tastatur, drückte auf die Leertaste, und der Bildschirmschoner verschwand. Sie meldete sich an und begann, UNIX-Befehle zu tippen, die ich nicht verstand. Als nächstes rief sie das Benutzerprotokoll auf.
    »Ich schaue mir das routinemäßig an und überprüfe die Modems«, sagte sie mit Blick auf den Bildschirm. »Wenn die Person nicht hier in diesem Gebäude sitzt und über die Hardware mit CAIN verbunden ist, muß sie sich über das Modem

Weitere Kostenlose Bücher