Die tote Schwester - Kriminalroman
vorsichtig.
Zeynel lachte nicht.
»Nein, das ist es ganz bestimmt nicht. Nicht wegen dir, aber wenn du dabei bist, wird sie nicht so viel erzählen. Wir sind die Polizei, wir sind anonym, fremd, Respektspersonen. Du bist der Freund ihrer Freundin. Du hast gestern schon mit ihr geredet, da ist ja auch nicht viel bei herumgekommen.«
»Immermann 23. Wir sollten untersuchen, was das heißen könnte.«
»Habe ich gestern schon einen Mitarbeiter machen lassen. Wir konnten nichts Interessantes entdecken. Edwin hat stundenlang recherchiert; ich glaube, er hat sogar bei allen Immermann-Büchern auf Seite 23 nachgesehen.«
Zbigniew war überrascht. Zeynel nahm seine Hinweise ernst.
»Immermann-Bücher?«
»Ja, es gibt da so einen Dichter, von früher. Deswegen gibt es auch Immermannstraßen. Es gibt auch eine Immermann-Homepage. – Mein Gott, Edwin, du kennst doch Edwin.«
Der junge KK 51-Kollege war, was Recherche anbetraf, ein Ass. Er gab niemals eine Spur auf. Und solange er zwischen Computer und Telefon sitzen blieb, machte er auch keine Fehler.
»Also, wenn der sich nach stundenlanger Recherche keinen Reim auf Immermann 23 machen kann, dann weiß ich auch keine Lösung«, fuhr Zeynel fort. »Gut, es könnte irgendein Haus Nummer 23 in irgendeiner Immermannstraße in Deutschland sein, aber so eine gibt es in jeder Stadt, das hilft uns auch nicht besonders weiter.«
Zbigniew wunderte sich, dass Zeynel Edwin indirekt lobte. Früher hatte es zwischen Zeynel und Edwin immer eine leichte Konkurrenz gegeben, jeder wollte der Bessere sein. Mit der Berufung von Zeynel ins Präsidium schien das Problem zwischen den beiden aus der Welt geschafft zu sein. Vermutlich, weil Zeynel klar geworden war, dass Edwin im Gegensatz zu ihm keinen Drang zur Macht hatte.
»Was dachte denn Edina, was Immermann 23 heißt?«, fragte Zeynel.
Zbigniew zuckte die Achseln.
»Sie hatte auch keine Ahnung. Und Samuel Weissberg auch nicht. Er hat sogar vor einiger Zeit an die Bewohner der Immermannstraße 23 in Köln einen Brief geschrieben, aber die wussten auch nichts damit anzufangen.«
»Sehr rätselhaft. Aber ich glaube ehrlich gesagt immer noch, dass die Entführung mit etwas zu tun hat, was auch hier seine Wurzeln hat. Sie ist hier entführt worden, nicht in den Vereinigten Staaten. Deine New-York-Reise in allen Ehren, aber ich glaube, du steigerst dich da in etwas rein.«
»Mag sein. Aber wenn ihr schon alles andere ermittelt, habe immerhin ich eine Beschäftigung.«
Zeynel lächelte. Der KTU -Beamte, der eine neue Mülltüte zu den anderen stellte, beäugte sie.
»Keine Chance, dass ich beim Edina-Verhör dabei bin?«, setzte Zbigniew nach.
Zeynel schüttelte verneinend den Kopf.
»Du würdest auch nicht anders handeln«, sagte er zu Zbigniew. »Und der Oberstaatsanwalt und der Polizeiführer, die würden mir beide den Kopf abreißen.«
Zbigniew nickte. Da hatte Zeynel vermutlich sogar recht.
Er ging zu Tonia, die nach dem Umparken im Wagen sitzen geblieben war.
»Und?«, fragte sie.
»Ja«, sagte Zbigniew und setzte sich auf den Beifahrersitz. »Der Ring hat natürlich nun alles auf den Kopf gestellt.«
Tonia nickte, fragte aber nicht nach Details.
»Was hast du nun vor?«, fragte sie.
Zbigniew fokussierte den Kirchturm in der Ferne, hinter den Feldern, auf denen weiterhin die Spurensicherung ihr Werk tat. Er hatte keine Ahnung.
»Ich muss noch einmal telefonieren.«
Er zückte sein Mobiltelefon und rief Lachmann an.
Dr. Lachmann war der Staatsanwalt, der in der Regel die Ermittlungen des KK 51, Zbigniews Arbeitsstelle, beauftragte. Zusammen mit Zbigniews Dienststellenleiter schwebte er immer offiziell über dem, was Zbigniew tat. Zbigniew und Lachmann hatten ein gespaltenes Verhältnis zueinander; der Staatsanwalt war ein intelligenter Prolet, der Zbigniew schon eine Menge Kraft und Energie gekostet hatte. Andererseits hatte er Zbigniew in den wirklich wichtigen Momenten immer Rückendeckung gegeben.
Lachmann nahm ab, Zbigniew begrüßte ihn.
»Herr Meier!«, brüllte Lachmann ihm sofort ins Ohr, ließ ihn gar nicht weiterreden. »Mensch, es tut mir so leid für Sie, und für Ihr Mädel da … Wenn ich Ihnen da irgendwie helfen kann, dann sagen Sie es, so eine Scheiße, das gibt’s doch nicht, auf unserem eigenen verdammten Flughafen … «
»Sie könnten was tun«, sagte Zbigniew, als Lachmann endlich ausgeredet hatte. »Ich würde gern in die Ermittlungskommission. Sie kennen doch die wichtigen Leute.«
Stille
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