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Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)

Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition)

Titel: Die tote Stadt: Frankenstein 5: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean Koontz
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Country-Stars waren so gut wie vorbei. Zwar konnte er für Einheimische spielen, für Leute, die hier mit ihm aufgewachsen waren, die ihn oder seine Familie kannten, aber wenn er für einen Raum voller Wildfremder spielte, brach seine Schüchternheit durch, und er konnte sein Publikum kaum ansehen oder zwischen den Songs ein paar lockere Sprüche loslassen.
    Er hatte ein hinreichendes Auskommen als Schreiner und Möbeltischler, Handwerke, die er von seinem Dad gelernt hatte. Er hatte immer Arbeit und konnte aus gut gemachten Schwalbenschwanzverbindungen und handgeschliffenen Lackierungen fast so viel Befriedigung schöpfen wie daraus, Musik zu machen. Und niemand interessierte sich dafür, wie ein Möbeltischler aussah. Derzeit war er mit einem kompletten Küchenumbau beschäftigt, nur sechs Straßen von seinem Haus entfernt, und daher konnte er seine Werkzeuge dortlassen und zu Fuß zur Arbeit und nach Hause gehen.
    So weit er zurückdenken konnte, war er gern durch diese Stadt gelaufen, weil sie so hübsch war, vor allem aber seit seiner Heimkehr aus dem Krieg. Rusty kannte Männer, die mit einem Bein oder ganz ohne Beine zurückgekehrt waren. Er sprach täglich ein Dankgebet für seine Beine und bewies seine Dankbarkeit, indem er sie benutzte. Er fühlte sich nicht schuldbewusst, weil er auf seinen eigenen Füßen aus dem Krieg zurückgekehrt war, während andere getragen werden mussten, aber er fühlte die Ungeheuerlichkeit, die grobe Ungerechtigkeit, und manchmal bekümmerte sie ihn spät nachts.
    Er war wenige Häuser von dem alten Gerichtsgebäude entfernt und näherte sich der Kreuzung, als er einen Mann aufschreien hörte. Er blieb stehen, um zu lauschen, doch der Schrei war kurz und gedämpft gewesen, als sei er aus einem der großen, alten Häuser gedrungen. Es mochte kein Schrei, sondern ein Ruf gewesen sein.
    Rusty drehte sich im Kreis und musterte im Laternenschein die Straßen, die Häuser mit den zurückversetzten Türen am Ende der Verandastufen, die Bäume mit den kahlen Ästen, die dort, wo der Schnee sie nicht bedeckte, schwarz waren. Der zweite Schrei, diesmal der einer Frau, war nicht so kurz, aber ebenfalls gedämpft. Der Schnee spielte auch dem Gehör Streiche, und daher konnte Rusty den Ursprung des Schreis nicht bestimmen, bevor er abrupt abriss.
    Auf der Hauptstraße herrschte kein Verkehr, so weit die Sicht bei dem Schneetreiben reichte. Als er drei weitere Schritte auf die Kreuzung zuging, sah er, dass die Querstraße gleichermaßen menschenleer war. Der Schneesturm scheuchte die Leute früh nach Hause und ließ sie dortbleiben, doch die Bewohner von Montana waren abgehärtet und durch unfreundliches Wetter nicht leicht abzuschrecken. Wenn der Schnee nur zehn Zentimeter hoch lag, waren normalerweise einige Leute auf Skiern unterwegs und stakten dort, wo die Pflüge den Bürgersteig noch nicht geräumt hatten, mit ihren Skistöcken auf den Straßen voran, ganz zu schweigen von Kindern, die Schneeburgen bauten oder ihre Schlitten zum nächsten unbebauten Hügel zogen, lachten und aufgeregt miteinander plapperten. Rusty sah niemanden und hörte auch keine Kinder.
    Ihm wurde bewusst, dass auch keine Schneepflüge in der Ferne brummten. Die Schneeräumarbeiten hätten auf Hochtouren laufen sollen. Die Gegend um das Gerichtsgebäude herum war gewöhnlich eine der ersten, die sie sich vornahmen, wenn es schneite.
    Als Rusty aus dem Krieg heimgekehrt war, waren seine Nerven in der ersten Zeit empfindlich und angespannt gewesen; es war ein Leichtes gewesen, sie zu reizen, und sie hatten sich so schnell nicht wieder beruhigt. Der Frieden im kleinstädtischen Montana war ihm trügerisch erschienen. Manchmal fiel es ihm leicht zu glauben, in der Nacht seien verstohlene Meuchelmörder am Werk, die Schläfern die Kehlen aufschlitzten. Und bisweilen war er ohne ersichtlichen Grund erstarrt, weil er plötzlich Explosionen erwartete, zu denen es nie kam. Aber diese Zeiten lagen mehr als zwei Jahre zurück. Er litt an keiner posttraumatischen Belastungsstörung. Seine Nerven waren gut geheilt, und selbst wenn er sich plötzlich nachts um drei im Bett aufsetzte und nicht mit Sicherheit sagen konnte, was ihn geweckt hatte, wurden sie nicht mehr von blanker Furcht in Schwingungen versetzt.
    Daher nahm er seine düstere Vorahnung ernst. Hier stimmte etwas nicht. Die beiden gedämpften Schreie – egal ob es nun Schreie gewesen waren oder Rufe – waren keine Einbildung gewesen. Die menschenleeren Straßen, das

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