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Die Tote vom Johannisberg

Die Tote vom Johannisberg

Titel: Die Tote vom Johannisberg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Buslau
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Düsseldorf.« Sie reichte mir ein paar Hochglanzprospekte. »Die hab ich mir zuschicken lassen.«
    Ich betrachtete die Blätter. »Regio GmbH. Komischer Name.«
    Jutta nickte. »Da steckt auch ein merkwürdiges Konzept dahinter.«
    »Alle reden von Globalisierung«, las ich. »Wir helfen Ihnen, Ihr regionales Image zu bewahren. Stehen Sie zu Ihrer Region, zeigen Sie Tradition, denn nur aus Ihren Wurzeln kann Ihr Fortschritt wachsen. Ihre Firma, Ihre Heimat: zwei Pfeiler Ihrer Identität als Unternehmer.« Alles war in Grün und Braun gehalten. Von weitem sahen die Blätter wie eine Fachzeitschrift für Jäger aus. Das Logo erinnerte ein bißchen an ein Hirschgeweih.
    »Klingt irgendwie rechts«, sagte ich. »Wie eine Blut-und-Boden-Kampagne für die Industrie.«
    »Ich habe erfahren, daß Mallberg viele Freunde in Parteien hat, die eher rechtsaußen anzusiedeln sind.«
    »Ist das nicht verrückt? Firmen so etwas anzubieten? Ich meine, gerade in der Industrie wird doch die Öffnung für den Weltmarkt immer wichtiger. Die Manager lernen, wie man sich auf Japanisch für eine Einladung bedankt und mit Stäbchen ißt, und er will Heimatkundeunterricht.«
    Jutta steckte sich eine Zigarette an. »Es ist verrückt. Das heißt: Er ist verrückt. Und das Schlimme ist: Dieser Verrückte hat Geld.«
    Ich holte mir ebenfalls eine Camel aus der Schachtel. Eine Weile sah ich den Rauchkringeln nach.
    »Das sind die Übelsten«, sagte ich dann. »Und man muß ihnen auf den Zahn fühlen. Mal sehen, wie diese Firma mit potentiellen Kunden umgeht.«
    Ich fand auf dem Prospekt Adresse und Telefonnummer. Gleich daneben standen die Firmeninterna. Geschäftsführer war Friedrich Mallberg, Gesellschafter ein gewisser Karl Steinbach. »Dann wollen wir mal«, sagte ich und holte Juttas schnurloses Telefon.
    »Regio GmbH.«
    »Ja, hier Schütz von der Waffenhandlung Schütz in Elberfeld. Ich hätte gern Herrn Mallberg gesprochen.«
    »Oh, das tut mir leid, Herr Schütz. Herr Mallberg ist außer Haus.«
    »Kommt er heute noch zurück? Ich meine, könnte ich einen Termin haben?«
    »Lassen Sie mich sehen. Ja, da gibt es eine Möglichkeit. Geht es um eine Beratung? Da könnte auch einer unserer Mitarbeiter …«
    »Ja, wissen Sie, ich habe vor einiger Zeit Herrn Mallberg persönlich kennengelernt und meinen Fall geschildert. Er bat mich, auf jeden Fall anzurufen und einen Termin mit ihm persönlich zu vereinbaren. Es ist eine sehr dringende Angelegenheit.«
    »Herr Mallberg ist ab fünfzehn Uhr auf jeden Fall im Hause. Wenn Sie dann ein wenig Geduld haben, können wir ein Gespräch dazwischenschieben.«
    »Das wäre wunderbar. Vielen Dank.«
    »Auf Wiederhören.«
    Jutta grinste. »Na, Herr Schütz von der Waffenhandlung Schütz -heute schon was geschossen oder vielleicht Schützenkönig geworden?«
    »Mir ist nichts Besseres eingefallen«, sagte ich ungeduldig und sah auf die Uhr. Fast zwanzig nach zwei.
    »Leih mir noch mal dein Auto.«
    »Wie lange?«
    »Weiß ich nicht. Das wird eine intensive Beschattung. Ende offen.«
    Sie seufzte. »Das hatte ich befürchtet.« Dann ging sie in den Flur und gab mir den Autoschlüssel.
    »Soll ich nicht besser mitkommen?«
    »Nein. Das kann gefährlich werden.«
    »Na gut, du Held.«
    *
    Als ich die Adresse in der Grafenberger Allee in Düsseldorf erreichte, war es bereits Viertel nach drei. Das machte nichts - ich hatte nicht vor, den Termin bei Mallberg einzuhalten. Auf der Suche nach einem guten Beobachtungsplatz war ich an einem McDrive vorbeigekommen. Ich stellte mich mit dem BMW in die Schlange des Straßenverkaufs, erstand ein paar Dinge von der Speisekarte und stellte die große braune Tüte mit dem charakteristischen »M« auf den ledernen Beifahrersitz.
    Mallbergs Firma befand sich in einer kleinen Villa. Sie lag von der Straße aus etwas erhöht und besaß große Fenster. Ich ließ den BMW an dem Haus vorbeirollen, wendete und suchte mir einen Posten etwa fünfzig Meter entfernt.
    Ich drehte den Schlüssel herum, der Motor erstarb, doch in meinem Kopf brummte es weiter. Ich versuchte zu verdrängen, daß ich eine Nacht in Bewußtlosigkeit hinter mir hatte und daß ich wahrscheinlich sogar in ärztliche Behandlung gehörte. Ich nahm die braune Tüte, sammelte ein paar Pommes zusammen und steckte sie in den Mund. Dann suchte ich nach Servietten, die sich ganz unten in der Tüte befanden.
    Eigentlich ist diese amerikanische Fast-food-Kette doch auch ein Unternehmen, das auf Traditionen setzt, dachte

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