Die Tote vom Johannisberg
aufgelegt.
*
»Du meine Güte«, sagte Jutta nur, als sie die Bescherung sah.
Zum ersten Mal schien sie ihren Optimismus zu verlieren. Vorsichtig bahnte sie sich einen Weg durch die Trümmer, erreichte schließlich das Schlafzimmer und hob das Laken, das ich über die tote Katze gelegt hatte.
»Ach Gott, die Arme. Wie furchtbar.« Jutta schniefte. Sie zog ein Papiertaschentuch hervor und putzte sich die Nase.
Ich fand den Pappkarton, mit dem ich neulich noch Katzenfutter vom Supermarkt transportiert hatte. Dort legten wir Madämchen erst einmal hinein.
Nach einiger Zeit hatten wir eine Bestandsaufnahme gemacht. Die Einbrecher hatten nichts gestohlen, aber ansonsten ganze Arbeit geleistet. Die Aktion mußte ziemlichen Lärm gemacht haben. Als ich bei Krause klingelte, machte niemand auf. Ob er ausgerechnet heute seine Frau überreden konnte, das Haus zu verlassen? Der würde sich freuen, wenn er zurückkam.
Zum Glück war mein Revolver noch an seinem Geheimplatz. Ich zählte penibel die Munition. Alles war noch da. Genau zwanzig Schuß. Ich steckte die Waffe in das Schulterhalfter.
»Willst du nicht doch die Polizei verständigen?« fragte Jutta.
»Nein.«
»Warum nicht? Glaubst du nicht, daß es jetzt ein bißchen zu gefährlich wird?«
»Das ist mir egal. Frau Mallberg hat mich gefeuert. Ich werde also jetzt ganz auf mich allein gestellt arbeiten. Und ich werde den Fall auf meine Art lösen. Übrigens habe ich das Gefühl, daß die Polizei in der Sache mit drin hängt. Es kann ja sein, daß die Polizei manchmal Fehler macht, aber sie läßt sich bestimmt nicht mit einem uralten Abschiedsbrief einen Selbstmord vormachen - jedenfalls nicht, wenn alles mit rechten Dingen zugeht.«
»Hm. Und was ist mit deinem Kopf? Laß mal sehen.« Jutta zerrte mich ans Licht. »Eine ganz schöne Schramme.«
»Ist mir egal«, sagte ich und spürte, wie Wut in mir hochstieg. Ich bekämpfte sie, indem ich mich verbissen ans Aufräumen machte. Die Sperrmüllabfuhr würde viel zu tun haben.
Jutta machte wortlos mit und überließ mich meinen Gedanken.
Irgendwann fanden wir mein Radio. Jutta drückte den Einschaltknopf. Fröhliche Klänge erfüllten schlagartig die Wohnung: »Dat Hätz von der Welt, dat schlägt in Kö-hö-lle, dat Hätz von der Welt, dat schlägt am Ring, ta-a-ta-ta-taaaa!«
Heute war der elfte November. Der rheinische Feiertag zum Karnevalsbeginn.
Aber uns war nicht nach Feiern zumute.
15. Kapitel
Nach einer Stunde war uns klar, daß das Aufräumen wenig Sinn machte. Ich hatte Besseres zu tun. Ich packte ein paar Sachen zum Anziehen zusammen. Jutta bot mir an, bei ihr zu wohnen, bis meine Unterkunft wieder in Ordnung sein würde. Sie nahm den Koffer, ich trug den Karton mit Madämchen zum Auto. Dann fuhren wir zum Brill hinauf. Im Geräteschuppen in Juttas Garten fand ich einen Spaten.
»Unter dem Apfelbaum«, sagte Jutta. »Hier hätte es ihr vielleicht gefallen.«
Ich hob schweigend eine kleine Grube aus. Es strengte mich ziemlich an, und mein Atem dampfte in der kalten Novemberluft. Dann legten wir das Bündel mitsamt dem Laken hinein.
»Moment«, sagte ich. Ich ging noch mal in das Häuschen, holte eine Zange und schnitt das Kabel ab, mit dem sie stranguliert worden war. Dann schaufelte ich die Grube zu. Nach und nach verschwand das weiße Laken unter der Erdschicht. Am Ende blieb ein kleiner brauner Hügel übrig - fast in derselben Farbe wie die Einsprengsel auf dem Fell der Katze.
»Und sie hatte keinen Namen?« fragte Jutta.
»Doch, ich habe sie zum Schluß Madämchen genannt.«
»Da müßte irgendwas drauf. Ein kleiner Strauch oder so.«
*
»Diese ganze Aktion kann nur auf Mallbergs Konto gehen«, sagte ich, als wir wieder in der Wohnung waren. »Er war von Anfang an dagegen, daß ich überhaupt an dem Fall arbeite. Er hat auch seine Frau bequatscht, mich wieder zu entlassen. Der Mann hat was zu verbergen, da bin ich ganz sicher.«
»Apropos«, sagte Jutta. »Ich hab was für dich.« Sie stand von ihrer weißen Couch auf und holte etwas von dem Biedermeiersekretär, der einsam an einer Wand des riesigen Wohnzimmers stand.
»Ich habe mich ein bißchen für dich umgehört.«
Da war sie wieder, die Detektivassistentin aus Leidenschaft. Sobald es ihr jedoch langweilig wurde, ließ die Leidenschaft nach. Im Moment war das allerdings nicht der Fall.
»Mein Bekanntenkreis ist doch noch für die ein oder andere Information gut. Mallberg hat eine Unternehmensberatungsfirma. Irgendwo in
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