Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
Vom Netzwerk:
Seehandel verdient und
einen großen Teil davon in das Geschäft mit Edelsteinen investiert. Er kannte die meisten Städte um das Mittelmeer herum, sowohl auf der europäischen als auch auf der afrikanischen Seite, und selbstverständlich auch die großen Diamanthandelszentren des Mittleren Ostens.
    Auf den Namen Sorokine angesprochen, fragte er zögernd: »Woher kommt der Mann? Etwa aus Russland?«
    »Möglich«, gab Narraway zurück. Er hatte die Beine übereinandergeschlagen und sich behaglich in einem Ledersessel zurückgelehnt. »Dann allerdings müsste er ein Einwanderer der dritten oder vierten Generation sein, denn er ist Diplomat. Ein hochgewachsener Mann, sieht gut aus, meiner Schätzung nach um die vierzig.«
    Der andere nickte und nahm einen kleinen Schluck aus seinem Glas mit Whisky-Soda. »Ach, jetzt weiß ich, wen Sie meinen. Hat er nicht Dunkelds Tochter geheiratet? Die Frau sieht blendend aus. Zum Anbeißen. Warum interessieren Sie sich für ihn? Ist etwas passiert?«
    Narraway lächelte. Es wirkte gezwungen. »Passiert nicht dauernd etwas? Was fällt Ihnen im Zusammenhang mit Sorokine ein?«
    Kelter verzog das Gesicht.
    »Offen gesagt am ehesten Wurstigkeit. Ich glaube nicht, dass er sich je bemüht hat, sein Bestes zu geben. Zwar durchaus ein angenehmer Bursche, aber ihm ist sein Leben lang alles in den Schoß gefallen: seine Stellung und sein Geld. Vor allem die Frauen sind ihm nur so zugeflogen.«
    »Viele?«, hakte Narraway sofort nach.
    Kelter sah ihn aufmerksam an. »Schon möglich. Warum?«
    Ohne darauf einzugehen, fragte Narraway weiter: »Wutausbrüche?«
    Mit einem Lächeln erklärte Kelter: »Nicht, dass ich wüsste, aber … Sind Sie auch an Gerüchten interessiert?«
    »Wenn Sie sonst nichts haben.« Narraway verabscheute unbegründete Verdächtigungen; doch bildeten sie häufig den Ausgangspunkt für Nachforschungen.

    »Wir sprachen von Wutausbrüchen«, erinnerte er seinen Gesprächspartner.
    Kelter stellte sein Whiskyglas hin. »Vor ein paar Jahren hat es in Kapstadt eine ziemlich üble Sache gegeben. Eine Mulattin ist umgebracht worden. Man hat ihr die Kehle durchgeschnitten und den Bauch aufgeschlitzt. Weil es sich um einen Mischling und eine Hure handelte, hat man sich nicht so viel Mühe gegeben, den Fall aufzuklären, als wenn sie eine anständige Frau oder eine Weiße gewesen wäre. Über den Täter weiß man bis heute nichts.«
    Narraway war skeptisch. Konnte es wirklich so einfach sein? »Und warum erwähnen Sie das im Zusammenhang mit Sorokine?«
    Kelter zuckte die Achseln. »Das weiß ich selbst nicht so recht. Gerüchte eben. Wie es aussah, kannte er die Frau und stand wohl in irgendeiner Art Beziehung zu ihr.«
    »Hat ihn die Polizei vernommen?«
    Kelter seufzte. »Ich bitte Sie: eine Hure, in Kapstadt. Sie hatte mit vielen Männern zu tun. Darunter Bergleute, Händler, Abenteurer aus aller Herren Länder, Burschen, die in ihrer Heimat nicht mehr erwünscht waren, Trunkenbolde, Leute, die sich aus welchen Gründen auch immer von zu Hause abgesetzt hatten – was weiß ich. Das hätte jeder Beliebige sein können. Die Behörden haben sich nicht groß in die Sache reingekniet, sondern nur hier und da ein paar Fragen gestellt.«
    »Und wer hat gesagt, dass es Sorokine gewesen sein soll?«
    Kelter verzog angestrengt das Gesicht. »Wenn ich es mir recht überlege, weiß ich es nicht. Es ging wohl eher um bedeutungsvolle Blicke als um Worte. Ich habe mich nicht weiter um die Angelegenheit gekümmert, weil sie mir das ehrlich gesagt nicht wert war. Damals sind sehr viel aufregendere Sachen passiert.«
    Narraway ließ das Thema einstweilen fallen, nahm sich aber vor, andere Bekannte, die ihm verpflichtet waren, danach zu fragen. Es fiel ihm nicht leicht, den Fall herunterzuspielen und so zu tun, als frage er mehr oder weniger beiläufig. Doch war ihm klar,
dass man ihm die Unwahrheit sagen würde, wenn man merkte, dass ihm an der Sache lag. Und wer den Eindruck hatte, dass er ihm mit seiner Aussage einen Gefallen tat, würde später Ansprüche auf Gegenleistungen anmelden, womöglich zu einem Zeitpunkt, an dem er sie keinesfalls würde befriedigen können.
    Er suchte einen anderen Raum des Klubs auf, in dessen Luft sich der beißende Zigarrenrauch mit dem Geruch von Ledersesseln und erstklassigem alten Whisky vermischte. Mitunter gefiel ihm die Art von Frage- und Antwortspiel, das er trieb. Das mochte teilweise damit zusammenhängen, dass er es ziemlich gut beherrschte. Er

Weitere Kostenlose Bücher