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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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einen oder zwei Punkte zu klären«, stieß Pitt zwischen halb zusammengepressten Zähnen hervor, sodass seine Worte undeutlich klangen. »Es darf in dieser Angelegenheit nicht den geringsten Zweifel geben.«
    »Ja, gibt es denn da etwa noch einen?«, fragte der Prinz mit gehobenen Brauen. »Sorokine hat die bewusste Frau getötet, seine Gattin ist dahintergekommen und hat ihm die Tat vorgehalten. Daraufhin hat er sie ebenfalls getötet. Was könnte da noch unklar sein? Der Mann ist offenkundig verrückt. Es ist nicht nur eine Frage des Taktes, sondern geradezu ein Akt der Barmherzigkeit, dass wir ihn für den Rest seines Lebens Händen anvertrauen, die für ihn sorgen. Einen minder bedeutenden Mann würde man hängen.«
    »Dafür aber würde man ihn erst einmal vor Gericht stellen und ihm eine Möglichkeit geben, sich zu verteidigen«, gab Pitt unverzüglich zurück. Sogleich wurde ihm klar, dass er in den Augen des Kronprinzen einen unverzeihlichen Fehler begangen hatte.
    »Wie denn?«, fragte dieser kalt. »Etwa, indem er sich darauf beruft, irre zu sein? Dass er das ist, wissen wir doch bereits.«
    Es war Pitt schmerzlich bewusst, dass er dem Mann gegenüberstand,
der eines Tages, möglicherweise schon bald, über das Land herrschen würde. Ihm würde er seinen Treueid leisten müssen, und in seinem Namen würden alle Gesetze des Landes angewendet. Er kam sich bereits wie ein Verräter vor, weil er solche Gedanken hegte, doch sie ließen sich nicht abweisen.
    »Sir, offenbar im Zusammenhang mit jener Sadie ist ein Gegenstand aus Limoges-Porzellan zu Bruch gegangen. Aus den vielen teils winzig kleinen Resten lässt sich dessen ungefähre Form und Farbe erkennen. Es scheint sich um einen weißen Tafelaufsatz mit einem Dekor aus goldenen Ranken und rosa Rosen gehandelt zu haben, auf dem kobaltblaue Figuren abgebildet waren. In welchem Raum hat er sich befunden?«
    Der Prinz sah ihn eine Weile stumm an und zwinkerte mehrfach. Auf seine Stirn traten Schweißtropfen, obwohl es im Raum kühl war.
    »Sir?«, sagte Pitt.
    »Ein solcher Tafelaufsatz ist mir nicht bekannt«, sagte der Prinz mit belegter Stimme. »Hier gibt es so viele Porzellangegenstände … und dergleichen … Mir ist nichts in der Art ins Auge gefallen.« Er zwinkerte erneut.
    »Vielleicht würde es das, wenn er irgendwo fehlte?«, fragte Pitt. »Von den Dienstboten im Gästetrakt, die die Reste beiseitegeräumt haben, kannte keiner den Tafelaufsatz. Also muss er sich wohl in diesem Flügel befunden und außerdem eine gewisse Bedeutung gehabt haben.«
    »Ich wüsste nicht, warum.« Der Prinz war offenkundig verärgert. »Das Ungeschick eines Dienstboten, der seine Tat leugnet, geht den Staatsschutz wohl nichts an.« Diese Worte klangen endgültig. Er schien im Begriff zu stehen, sich umzudrehen und fortzugehen.
    »Hat er sich womöglich in Ihren Privatgemächern befunden, Sir?«, fragte Pitt unvermittelt. »Das würde erklären, warum ihn mit Ausnahme Mr Tyndales die Dienstboten nie gesehen haben. Er aber hat Angst zu sagen, wo sich der Gegenstand befand. Ich werde genötigt sein, die Sache durch Rückschlüsse zu klären.«

    Der Prinz erstarrte. »Sie überschreiten Ihre Kompetenzen, Inspektor.« Seine Stimme war eisig, aber ohne die Festigkeit, die man hätte erwarten dürfen. »Sie wissen, wer die Prostituierte und die bedauernswerte Mrs Sorokine getötet hat. Nehmen Sie den Mann in Gewahrsam und bringen Sie ihn fort. Mehr wird von Ihnen nicht erwartet. Für den Fall, dass Ihnen das nicht klar geworden sein sollte, sage ich es jetzt.«
    »Bevor ich herkam, hat man mir erklärt, Sir, dass hier im Palast eine Prostituierte ermordet aufgefunden worden sei. Es war und ist meine Pflicht Ihrer Majestät gegenüber, zu ermitteln, was geschehen ist und wer die Tat begangen hat, und das sowohl rasch als auch taktvoll. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Ihre Majestät darüber hinaus nicht auch den Wunsch haben sollte, dass Gerechtigkeit geschieht. Davon wurde zwar nicht ausdrücklich gesprochen, aber doch wohl vermutlich nur deshalb, weil jeder das für selbstverständlich hält. Ganz davon abgesehen, ist Gerechtigkeit etwas äußerst Zweckmäßiges, denn Unrecht trägt üble Früchte.«
    Sie sahen einander an. Auf dem Gesicht des Kronprinzen zeigten sich Zornesflecken, und in seinen Augen erkannte Pitt unversöhnlichen Hass. »Um was für einen Gegenstand handelt es sich noch einmal?«
    »Vermutlich um einen Tafelaufsatz, Sir, aus Limoges-Porzellan. Weiß

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