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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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einem Schuhlöffel mit silbernem Griff stand eine mit Leder bezogene silberne Taschenflasche. Vermutlich füllte er sie mit Whisky. Er schien sich nicht nur gern mit Luxus zu umgeben, sondern auch damit zu prahlen. Trotz aller Bemühungen Adas hing nach wie vor ein leichter Geruch nach Zigarrenrauch im Raum. Sie würden noch einmal mit Bienenwachspolitur und Lavendel dagegen vorgehen müssen. Was für ein unnötiger Zeitaufwand!
    Ihr fiel auf, dass auf einem Regalbrett sieben Bücher standen, die alle mit Afrika zu tun hatten. Sie hätte sie sich gern näher angesehen, doch wollte sie nicht Gefahr laufen, dabei ertappt zu werden.
    Obwohl es in Mrs Dunkelds Zimmer nach Maiglöckchen-Parfüm statt nach Zigarrenrauch roch, wirkte es nüchterner als das von Mrs Quase.
    Nachdem Gracie die Handtücher verteilt hatte, holte sie aus der Waschküche Nachschub.
    In Mrs Sorokines Zimmer fielen ihr als Erstes ein achtlos auf das Bett geworfener scharlachroter Morgenmantel sowie einige Perlen- und Strassketten ins Auge, die inmitten einer Fülle von Steckkämmen, Cremetiegeln und Parfümflakons lagen. Da es so aussah, als sei deren Besitzerin nur für einen Augenblick fortgegangen, legte Gracie die Handtücher ab und ging. Sie wagte nicht, sich näher umzusehen.

    Das Zimmer Mr Sorokines überraschte sie. In erster Linie lag das an den vielen Büchern, von denen sich, so weit sie sehen konnte, kein einziges mit Afrika beschäftigte. Sie warf einen Blick auf eines, das mit einem Lesezeichen darin auf dem Nachttisch lag, dann nahm sie es in die Hand und las den Titel. Das Bildnis des Dorian Gray . Sie schlug es auf und begann zu lesen. Sogleich zog die Macht und Leidenschaft der Worte sie so sehr in ihren Bann, dass sie nicht hörte, wie sich die Tür öffnete. Erst als eine Stimme fragte: »Können Sie das denn lesen?«, merkte sie, dass jemand gekommen war.
    Vor Entsetzen entglitt ihr der Band und fiel polternd zu Boden. »’tschuldigung!«, sagte sie viel zu laut und spürte, wie ihr die Röte ins Gesicht stieg.
    Er bückte sich und hob das Buch auf, wobei er sorgfältig die Seiten glättete. »Nun, können Sie?«, fragte er noch einmal.
    Entsetzt sah sie den gut aussehenden Mann an. Er war hochgewachsen, hatte kräftige Gesichtszüge, wirkte aber nicht einschüchternd. Die Augen unter seiner hohen Stirn waren grau. Sie wusste selbst nicht, warum sie das überraschte und warum sie angenommen hatte, sie müssten braun sein. Sie nickte stumm, und das weniger, weil sie nicht die Unwahrheit sagen wollte, sondern weil es ihr nicht recht schien, das herrliche Geschenk zu verleugnen, das ihr Charlotte mit ihrem Leseunterricht gemacht hatte.
    Er lächelte.
    »Und was steht da, wo Sie gelesen haben?«
    »Es geht um ’nen Mann, der immer schön bleiben will«, gab sie zur Antwort und schluckte. »Und jung.«
    Ihre Antwort schien ihm zu gefallen, denn er nickte befriedigt. »Ich lasse es auf dem Tisch liegen«, sagte er. »Dann können Sie später noch einmal hineinsehen. Inzwischen dürfen Sie die Handtücher auf die Kommode legen.«
    Mit nach wie vor hochrotem Gesicht nahm sie die Handtücher vom Bett, wo sie sie abgelegt hatte, trug sie an Ort und Stelle und floh dann mit zitternden Händen auf den Gang hinaus.
    Ohne sich eine Sekunde länger als nötig aufzuhalten, legte sie
in Mr und Mrs Marquands Zimmern die frischen Handtücher hin und eilte mit den gebrauchten zur Waschküche. Weil es so viele waren, fielen ihr unterwegs immer wieder ein oder zwei aus der Hand, sodass sie umkehren und sie aufheben musste, wobei ihr andere entfielen.
    In der Waschküche warf sie alle in einen der großen Weidenkörbe und beschloss, sich ein wenig umzusehen. Falls man sie dabei entdeckte, konnte sie ohne Weiteres sagen, sie suche nach Seife oder irgendeinem von einem Dutzend anderer Reinigungsmittel, denn sie zu kennen und zu benutzen gehörte zu ihren Pflichten. Staunend blieb sie vor einem großen Fass voller Kleie stehen. Charlotte hatte ihr gezeigt, dass sich Flecken aus Stoffen nicht nur mit Terpentinersatz entfernen ließen, sondern auch mit Kleie. Weiterhin gab es da unvorstellbar große Mengen an Seife, Bimsstein, Kreide, Terpentin, Pfeifenton, Schwefelblume, mehrere große Klumpen Bienenwachs, Waschblau, frisch hergestellte Stärke sowie ein schwärzliches Harz, das sie nicht kannte. Auf den Borden darunter standen Flaschen, deren Etiketten sie entnahm, dass sich Oxalsäure, Kleesalz, Salmiakgeist und Gummi arabicum darin befanden.
    Statt

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