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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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etwas für ihr Land zu tun.
    Vielleicht ließ sich in den Zimmern der Gäste etwas in Erfahrung bringen. Allerdings war ihr nicht recht klar, was das sein sollte. Auf welche Weise könnte sie da etwas Nützliches herausbekommen? Und woran würde sie merken, dass das Pitt bei seinen Ermittlungen weiterhelfen könnte? Was würde aus ihm, falls die Suche ergebnislos blieb?
    Die Zeit reichte kaum, die ihr zugewiesene Arbeit zu erledigen. Sie musste putzen, Staub wischen, aufräumen und für Ada Bettwäsche holen. Es war anstrengend, treppauf und treppab zu eilen, und Ada ließ sich nicht die geringste Gelegenheit entgehen, Gracie immer wieder mit der Nase darauf zu stoßen, dass sie in der Hackordnung auf der alleruntersten Stufe stand. Da sie mit ihren einundzwanzig Jahren für ein einfaches Dienstmädchen ziemlich alt war, hatte sie sich für den Auftrag im Palast als weit jünger ausgegeben, und es gab ihr einen Stich, dass alle das sofort zu glauben schienen. Mr Tyndale wusste von Narraway ihr wahres Alter, und dass er nicht die geringsten Einwände gegen die falsche Angabe erhoben hatte, konnte nur bedeuten, dass auch er ihr nie zugetraut hätte, schon volljährig zu sein. Und in Adas Augen zählte ohnehin nur, dass Gracie als Letzte gekommen war; sie nutzte die Fülle ihrer Macht über sie und genoss das in vollen Zügen. Auch sie hatte einst als zuletzt Gekommene angefangen und sorgte jetzt dafür, dass Gracie alles ausbaden musste, was sie seinerzeit an entwürdigender Behandlung erlitten hatte.
    Als Gracie einen Stapel Handtücher nach oben bringen wollte, der so hoch war, dass sie kaum darüber hinwegsehen konnte, holte Edwards sie ein und bot ihr seine Hilfe an. »Danke, ich kann die selber tragen«, lehnte sie höflich ab.

    »Se lassen sich wohl nich’ gern helfen, was?«, fragte er leicht gekränkt.
    Sie wich seinem Blick aus und sagte, während sie mit den Füßen die nächsten Stufen ertastete: »Das will ich nich’ sagen. Ich kann’s mir nicht leisten, an mei’m ersten Tag hier Leute zu verärgern.«
    »Und was is’, wenn ich Se für eingebildet halt’?«, fragte er. »Für eine, die ’s nich’ nötig hat, Hilfe von ’nem Kollegen anzunehm’?«
    »So dumm sind Se bestimmt nich’«, sagte sie und hoffte inständig, dass das stimmte. Auf keinen Fall durfte sie in Verwicklungen mit einem Lakaien geraten, der ihr nachstellte. »Mich kenn’ Se nich, aber Se kenn’ Ada.« Im selben Augenblick stolperte sie über eine Stufe, und er ergriff ihren Arm, damit sie nicht fiel. »Danke«, sagte sie abweisend. »Bringen Se mich bitte nich’ bei andern in Schwierigkeiten.«
    »Ada is’ unten«, gab er zur Antwort. »Ich helf Ihn’, die Sachen raufzutragen, damit Se nich’ wieder über Ihre eignen Füße stolpern.«
    »Und was is’, wenn hier eine von den Damen herkommt? Wie wollen Se das erklär’n?«, fragte sie rasch. »Lassen Se sich bloß nich’ auf der Etage hier erwischen, sons’ will der Polizist noch von Ihn’ wissen, wie oft Se sons’ noch hier oben war’n, wo Se eigentlich nix zu suchen ha’m.«
    Das schien ihn zur Vernunft zu bringen, und erleichtert sah sie, dass er wieder nach unten ging. Da Ada anderswo beschäftigt war, konnte sie sich ein wenig umsehen, während sie ihre Arbeit tat. Sie war entschlossen, die knappe Zeit zu nutzen.
    Rasch suchte sie die Zimmer der weiblichen Gäste auf. Das von Mrs Quase wirkte ausgesprochen feminin. Auf ihrer Frisierkommode sah sie Unmengen von Parfümflakons, Zierkämmen, Haarbürsten mit silbernem Griff und allerlei Cremes in kostbar aussehenden Tiegeln. In der offen stehenden Kommodenschublade lagen hübsche Taschentücher. Offenbar war die Frau sehr darauf bedacht, ihre Schönheit zu bewahren. Der Wert der Kleider, die Gracie bei einem verstohlenen Blick in den Schrank sah,
hätte ihrer Schätzung nach genügt, zwei Dutzend Dienstmädchen ein Jahr lang in Lohn und Brot zu halten. Ihre ganze Garderobe befand sich in makellosem Zustand.
    Im Zimmer von Mr Quase roch es nicht nach Parfüm, sondern nach Leder und Schuhcreme. Alles war einwandfrei aufgeräumt. Auf einer Kommode lag eine Aktenmappe, die offensichtlich verschlossen war.
    Auch in Mr Dunkelds Zimmer lag eine solche Mappe, größer als die von Mr Quase. Auch sie war verschlossen. Eine kleine Schale enthielt golden schimmernde Kragen- und Manschettenknöpfe. Das Rasierzeug daneben wirkte ebenfalls ausgesprochen edel. Auf einer Kommode lagen silberne Haar- und Kleiderbürsten, und neben

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