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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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würde ihr je verzeihen, die Entdeckung weitergetragen zu haben.
    »Tun Sie das.« Mechanisch strich sich Mrs Newsome über den Rock, wobei die Schlüssel an ihrem riesigen Bund klirrten. »Kümmert sich Ada um Sie und zeigt Ihn’, was Se zu tun ha’m?«
    »Doch, ja, danke, Ma’am.« Sie hatte nicht die Absicht, der Wirtschafterin zu berichten, was Ada und Edwards miteinander trieben. Erstens gehörte es sich nicht zu petzen, und außerdem konnte Mrs Newsome unmöglich so blind sein, dass sie das nicht von selbst gemerkt hätte.
    »Es is’ jetz’ elf, da könn’ Se sich in der Küche ’ne Tasse Tee geben lassen.«
    »Danke, Ma’am.« Gracie machte einen ziemlich unbeholfenen Knicks. Sie war an solches Verhalten nicht gewöhnt, und sicherlich hätte Mrs Pitt es lächerlich gefunden.
    In der riesigen Küche am anderen Ende des Ganges mit ihren Tellerschränken und den vielen kupfernen Küchengeräten an den Wänden saßen Cuttredge und Mrs Oliphant einander gegenüber. Auf dem Tisch standen eine Teekanne, mehrere Tassen und zwei Teller mit aufgeschnittenem Früchtebrot.
    »Bestimmt hat das einer geklaut«, sagte der Stiefelputzer Rob achselzuckend, »un’ dann taucht das garantiert nie wieder auf.«
    »Unsinn«, gab Mrs Oliphant hitzig zurück. »Halt besser den Rand, mein Junge, sons’ gehs’ du heut’ ohne Abendessen zu Bett.«
    Rob biss sich auf die Lippe, doch war an seinem Gesichtsausdruck zu erkennen, dass er so manches wusste, was er nicht zu sagen wagte.
    »Wer soll’s denn gestohlen ha’m?«, fragte Mrs Oliphant. »Etwa einer von uns?«
    »Natürlich nich’«, sagte Rob entrüstet und riss dabei die Augen
weit auf. »Was soll jemand mit so ’nem Messer? Kriegt er ja nix für.«
    »Is’ wahrscheinlich irgendwo runtergefallen«, versuchte Cuttredge die Sache zu erklären.
    Ohne auf ihn zu achten, fuhr Mrs Oliphant fort: »Außer uns gibt’s hier aber niemand. Oder glaubs’ du Dummkopf, eine von den Schlampen hat’s als Andenken mitgenomm’? Die Weiber war’n aber nich’ im Esszimmer. So was lädt man nich’ zum Essen ein. Außerdem war die Mahlzeit lange zu Ende, bevor man die nach oben gebracht hat. Wer soll’s also genomm’ ha’m?«
    »Na ja, der alte Knacker«, sagte Rob eigensinnig.
    »Was für ’n alter Knacker?«, wollte Mrs Oliphant wissen. »Sie da, Se heißen Gracie, nich’? Setzen Se sich. Trinken Se ’ne Tasse Tee. ’s Früchtebrot is’ ganz frisch.« Sie goss Tee ein und schob Gracie die Tasse zusammen mit einem der Teller hin. »Se seh’n ja so mager aus. Se sollten zuseh’n, dass Se ’n bisschen Fleisch auf die Rippen kriegen, sons’ heißt es noch, wir lassen unsre Leute hungern.« Dann wandte sie sich wieder Rob zu. »Raus mit der Sprache, von wem redest du da?«
    Der Stiefelputzer wurde so bleich, dass seine Sommersprossen nahezu plastisch hervortraten. »Ich mein den, der die große Kiste gebracht hat, Mrs Oliphant, so ’n Fuhrmann.«
    »Ich ahn nich’, wovon du redest«, sagte sie.
    Gracie lauschte so atemlos, dass sie vergaß, die Tasse zum Mund zu führen.
    »Da is’ doch so ’n Kerl gekomm’ und hat kurz nach Mitternacht ’ne Kiste Bücher gebracht, für Mr Dunkle oder wie der heißt«, erläuterte Rob.
    Mrs Oliphant hob die schmalen Brauen. »Willst du damit sagen, der Mann, der die Bücher gebracht hat, is’ mit ei’m von unser’n Messern verschwunden?«, fragte sie ungläubig. »Was meins’ du denn, was er damit gewollt hat?«
    »Was weiß ich«, gab Rob unwillig zurück. »Vielleicht, weil’s aus ’m Palast is’. Se wür’n sich wundern, was die Leute alles gern von hier hätten. Da ha’m mich schon viele nach gefragt.«

    »Wag es, auch nur ’ne Fingerspitze Staub wegzunehm’, mein Junge«, fuhr ihn Mrs Oliphant an, »dann darfst du ’ne ganze Woche im Stehen essen und musst noch dankbar dafür sein.«
    Rob rieb sich das Hinterteil, als spüre er die Schläge schon. »Die ha’m mich gefragt, ich hab aber nich’ gesagt, dass ich was genomm’ hab!« Jetzt war er endgültig beleidigt. »Ohne mich wüssten Se gar nich, dass das Messer fehlt. Se sind undankbar.«
    »Nich’ in dem Ton, frecher Bengel!«, sagte sie aufgebracht. »Du vergisst, wer du bist, Rob Tomkins. Lass das Mr Tyndale nich’ zu Ohren komm’, sons’ wäscht er dir ’n Mund mit Schmierseife aus.«
    »Dann sagen Se ihm e’m, dass der alte Knacker ’s Messer geklaut hat«, sagte er trotzig.
    »Ich weiß nichts davon«, gab sie zurück. »Hör auf un’ iss dein

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