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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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mochte der Kronprinz fürchten? Einen Skandal? Ein weiteres Verbrechen? Oder hatte er Sorge, es könne irgendein schändliches Geheimnis an den Tag kommen? Wusste er, worum es sich dabei handelte, wagte aber nicht, es auszusprechen?
    Pitt empfand Abscheu vor seiner eigenen Hilflosigkeit.
    »Sir«, sagte er entschlossen. »Uns bleibt nur eine Schlussfolgerung, nämlich die, dass einer der männlichen Gäste hier die bedauernswerte Frau getötet hat.«
    »Nein, nein!«, sagte der Prinz sofort und schüttelte wiederholt den Kopf. »Da müssen Sie sich irren. Bestimmt gibt es eine andere Möglichkeit, der Sie noch nicht nachgegangen sind. Erklären Sie es ihm, Dunkeld!« Er zuckte die Schultern, als gehe es bei Pitt um ein Problem, das Dunkeld lösen musste.
    Unwillkürlich ballte Pitt die Hände, die er an der Hosennaht hielt, zu Fäusten, wobei ihm die Nägel in die Handflächen drangen. Auf keinen Fall durfte er zulassen, dass sich Dunkeld erneut in den Vordergrund drängte, doch gerade, als Pitt zum Sprechen ansetzte, sagte Dunkeld leise und eindringlich: »Bitte verzeihen Sie, Sir, aber er hat recht. So sehr mich das Eingeständnis schmerzt, es kann in der Tat nur einer von uns gewesen sein. Das ist ja das Entsetzlichste an der ganzen Situation.« Sein Gesicht war angespannt. Im Dämmerlicht des Raumes wirkten seine Augen fast schwarz.
    Mit hilflos erhobenen Händen stand der Kronprinz starr da. »Aber diese Männer hatten unser volles Vertrauen!«, sagte er bestürzt. »Jeder von ihnen ist eine auf seinem Gebiet herausragende
Persönlichkeit. Wir brauchen sie für die Verwirklichung des Projekts!« Erneut wandte er sich an Dunkeld, als könne dieser eine Erklärung liefern, die die Situation in einem anderen Licht erscheinen ließ.
    »Gewiss, Sir«, sagte Dunkeld niedergeschlagen. »Ich hätte mich für jeden einzelnen von ihnen verbürgt.«
    »Das haben Sie getan!«, sagte der Prinz gereizt.
    Dunkelds Züge verdüsterten sich. »Ja, was ihre Fähigkeiten, ihr Urteilsvermögen und ihren guten Ruf angeht.«
    Mit kaum unterdrücktem Ärger gab der Prinz zurück: »Ich weiß. Tut mir leid. Natürlich. Wirklich schade, dass Watson Forbes nicht hier ist! Er wäre genau der Richtige. Meinen Sie, wir könnten ihn doch noch überreden, sich an dem Projekt zu beteiligen, für den Fall, dass es … zum Schlimmsten kommen und sich zeigen sollte …« Er holte tief Luft. »… dass wir uns von einem unserer Mitstreiter trennen müssen?«
    Dunkeld biss sich auf die Unterlippe.
    »Das bezweifle ich, Sir, will es aber gern versuchen. Er hat mir unmissverständlich klargemacht, dass Afrika für ihn erledigt ist.«
    »Und wenn ich ihn persönlich bitten würde?«, fragte der Kronprinz und sah Dunkeld eindringlich an.
    »Selbstverständlich würde er wie jeder von uns mit Sicherheit alles in seinen Kräften Stehende tun, Ihnen zu Gefallen zu sein, Sir«, gab Dunkeld zurück. In seiner Stimme lag keinerlei Wärme. Offenkundig hatte er das lediglich gesagt, um Seine Hoheit versöhnlich zu stimmen. Pitt merkte das, auch wenn der Prinz die Ausrede möglicherweise nicht als solche aufgefasst hatte, denn er wirkte beruhigt.
    »Den Grund dafür, dass er alles aufgegeben hat, was mit Afrika zusammenhängt, müssen wir, wie ich fürchte, im Tod seines Sohnes suchen«, fuhr Dunkeld fort, als sei eine Erklärung nötig.
    Verwirrt fragte der Prinz: »Der Tod seines Sohnes? Zweifellos lässt sich ein Mann seiner Fähigkeiten und seines Einfallsreichtums dadurch nicht von der Weiterführung seines Lebenswerks abhalten?«

    »Es war sein einziger Sohn«, Dunkelds Stimme wurde immer leiser, »und er ist vor neun Jahren unter entsetzlichen Umständen ums Leben gekommen. Das hat den armen Forbes zutiefst erschüttert. Es heißt, er habe seinen Sohn, oder genauer gesagt, was von ihm übrig geblieben war, selbst aufgefunden.« Auf seinen Zügen lag ein Ausdruck von Abscheu, seine Mundwinkel waren herabgezogen. »Krokodile hatten ihn zerfleischt. Ich war damals selbst nicht in Afrika, wohl aber mein Schwiegersohn, Julius Sorokine, und soweit ich weiß, auch Quase und Marquand. Außerdem Forbes’ Tochter Liliane. Damals war sie noch nicht mit Mr Sorokine verheiratet.«
    Er wirkte weiterhin angespannt. »Man kann Forbes kaum einen Vorwurf machen, wenn er angesichts dessen einen Schlussstrich unter diesen Lebensabschnitt gezogen hat und nicht dorthin zurückkehren möchte – schon gar nicht in Gesellschaft eben der Menschen, die er zwangsläufig mit der

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