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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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von Frau geht.« Er hätte gern »und ihre Kunden« hinzugefügt, doch war ihm klar, dass man ihm das nie verzeihen würde. Nicht nur war es die kurzlebige Befriedigung nicht wert, die ihm das verschafft hätte, es wäre vor allem unprofessionell gewesen. Er musste jetzt rasch etwas zu seiner Ehrenrettung tun, bevor Dunkeld oder der Kronprinz wieder den Mund auftat. »Aber gewöhnlich entlarven sich Lügner früher oder später selbst«, fuhr er ein wenig zu rasch fort. »Solchen Verbrechen geht normalerweise ein Vorfall voraus, der den Täter über die Grenzen seiner Selbstbeherrschung hinaustreibt.«
    »Und nach so etwas halten Sie also Ausschau?«, fragte der Prinz zweifelnd.
    Pitt spürte, wie ihm die Röte heiß ins Gesicht stieg. In dieser Formulierung klang das so, als handele es sich um ein von vornherein
zum Scheitern verurteiltes Unterfangen. Er zwang sich, an die vielen von ihm gelösten Fälle zu denken, die ursprünglich als aussichtslos gegolten hatten. »Ja, aber auch nach anderen Dingen, Sir.« Er lächelte gequält. »Dabei wäre ich für jede Unterstützung dankbar, die Sie mir gewähren können, für alles, was weiterhilft. Mir ist klar, dass eine zügige Lösung ebenso wichtig ist wie eine diskrete Behandlung des Falles.«
    Zornesröte trat auf Dunkelds gebräunte Wangen, doch nicht einmal er wagte, jetzt Pitt zu widersprechen. Die Atmosphäre im Raum knisterte vor Spannung. Man hätte glauben können, dass vor den hohen Fenstern ein Sommergewitter heraufzog.
    »Gewiss«, stimmte der Prinz unglücklich zu. »Selbstverständlich stehe ich Ihnen zur Verfügung. Was wünschen Sie zu wissen?« Er sah Dunkeld nicht an, doch hatte Pitt den Eindruck, dass ihn das große Mühe kostete.
    Eine so günstige Gelegenheit dürfte kaum wiederkehren. »Hat es irgendeine Unstimmigkeit gegeben, sei es zwischen den Gästen selbst oder zwischen ihnen und den bewussten Frauen? Vollständige Offenheit wäre der Sache sicher dienlich, Sir.«
    Der Prinz schien erleichtert, als er antwortete: »Sorokine hatte schlechte Laune. Natürlich hat er sich nicht rüpelhaft aufgeführt, war aber immerhin so unhöflich, dass er sich nicht an der Abendunterhaltung beteiligen wollte. Er schien sich Sorgen zu machen.«
    Pitt unterließ den Hinweis, dass diese Art von Unterhaltung dem Mann vielleicht nicht behagte.
    Als hätte er seine Gedanken gelesen, warf Dunkeld ein: »Bevor Sie ihm edle Gefühle unterstellen, Pitt, sollten Sie wissen, dass Sorokine ein Mann von Welt und durchaus imstande ist, sich wie ein Herr zu amüsieren. Ich glaube, er hatte sich mit seiner Frau und seinem Bruder Simnel Marquand überworfen. Auch wenn er mein Schwiegersohn ist, muss ich doch gestehen, dass er seine Gefühle nicht immer beherrscht.«
    »Und die anderen Herren haben sich mehr oder weniger rückhaltlos beteiligt?«, erkundigte sich Pitt.

    »Gewiss«, antwortete der Prinz ohne das geringste Zögern. Er lächelte einen Augenblick, bevor die Erinnerung an das Entsetzen des nächsten Morgens seine Laune trübte. »Gewiss«, wiederholte er.
    »Und Sie alle haben sich um wie viel Uhr zurückgezogen?«, fasste Pitt nach.
    Auf das Gesicht des Prinzen trat ein Ausdruck von Widerwillen. Eine solche Frage war taktlos und ungehörig. Das war Pitt ebenso bewusst wie das Unbehagen, das über dem Raum lag. Doch er dachte nicht daran, sich durch diese plötzliche Empfindlichkeit des Prinzen das Konzept verderben zu lassen. Mochten sich die Herren ruhig in ihren Empfindungen verletzt fühlen, so, als habe ein voyeuristischer Fremder sie bei intimen Verrichtungen beobachtet. Vielleicht entsprach das mehr oder weniger sogar der Wahrheit. Er wartete.
    »Ich habe nicht auf die Uhr gesehen«, sagte der Prinz abweisend. »Es dürfte aber irgendwann nach Mitternacht gewesen sein. Sorokine ist früher gegangen.«
    »Aha. Und jeder von Ihnen mit einer anderen Frau?«
    »Selbstverständlich!«, knurrte der Prinz. Er schien noch etwas hinzufügen zu wollen, überlegte es sich dann aber anders. Sein Gesicht war hochrot.
    »Wer von Ihnen befand sich in Gesellschaft der Frau, die später getötet wurde, Sir?«, fragte Pitt.
    »Ich«, gab Dunkeld rasch zur Antwort.
    Sowohl an Dunkelds Gesicht als auch an dem des Prinzen war abzulesen, dass er log. So absurd der Augenblick war, so unwiederbringlich war die Gelegenheit dahin, mehr über die Zusammenhänge zu erfahren. Er erkannte die Dankbarkeit, die auf den Zügen des Prinzen aufblitzte, und dann den Ärger, als dieser merkte,

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