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Die Tote von Buckingham Palace

Die Tote von Buckingham Palace

Titel: Die Tote von Buckingham Palace Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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schlimmsten Tragödie seines Lebens in Verbindung bringen muss.« In seiner Stimme lag die unüberhörbare Bitte an den Kronprinzen, die Konsequenzen zu respektieren, die der Mann aus diesem schweren Verlust gezogen hatte.
    Seine Königliche Hoheit schien sich damit abgefunden zu haben, dass er auf Forbes’ Mitarbeit verzichten musste. Zwar war er nicht bereit hinzunehmen, dass man ihm einen Strich durch die Rechnung machte, doch gegen Umstände, die sich nicht ändern ließen, war auch er machtlos. Dass man dem Tod die gebührende Achtung zu erweisen hatte, war ihm hinlänglich bewusst, hatte er doch volle dreißig Jahre lang die Trauer seiner Mutter um den Verlust ihres Gatten miterlebt, ohne je zu ihr durchzudringen.
    Er sah zu Pitt hinüber, als falle ihm dessen Anwesenheit plötzlich wieder ein. »Eine äußerst bedauerliche Situation«, sagte er, als habe Pitt möglicherweise nicht verstanden, worum es ging. »Wir müssen unbedingt wissen, wer die Tat begangen hat. Auf keinen Fall kann man die Sache auf sich beruhen lassen, doch wäre es mir lieb, wenn Sie dabei mit größtmöglichem Takt vorgehen könnten.«

    Pitt dachte nicht im Traum daran, seine Ermittlungen einzustellen oder sich geschlagen zu geben. Die hochnäsige Art des Kronprinzen war ihm alles andere als angenehm, doch gab es keine Möglichkeit, ihn das entgelten zu lassen. Er musste an die nächtlichen Vergnügungen denken, denen sich die beiden Männer, die da vor ihm standen, hingegeben hatten. Offenbar hatten sie nichts dabei gefunden, sich mit käuflichen Frauen einzulassen, obwohl die eigene Gattin unter demselben Dach schlief. Diese Gefühlskälte war ihm widerwärtig. Und jetzt kannten sie keine andere Sorge, als einen Skandal und die damit verbundenen Folgen zu vermeiden. Womöglich war der Kronprinz mit der Frau, die man am nächsten Morgen so scheußlich zugerichtet aufgefunden hatte, intim gewesen, hatte sie vielleicht benutzt, ihren Körper gestreichelt. Jetzt waren die beiden verärgert, weil sich ein Mann, der den Verlust des einzigen Sohnes nicht verwinden konnte, von seinen Geschäften in Afrika zurückgezogen hatte und nicht daran dachte, sich am Bau der von ihnen geplanten Eisenbahnlinie zu beteiligen.
    Dass Männer, die so überheblich und zugleich so kindisch waren, so viel Macht hatten, machte ihm Sorge.
    »Man wird die Sache nicht auf sich beruhen lassen, Sir«, sagte er steif. »Es handelt sich um ein scheußliches Verbrechen. Man hat der Frau die Kehle durchgeschnitten und ihren Unterleib aufgeschlitzt, sodass ihre Eingeweide hervorgequollen sind.« Er sah, wie es den Prinzen schüttelte, seine teigige Haut fahl wurde und ihm Schweißtropfen auf die Stirn traten. Das erfüllte ihn mit einer gewissen Befriedigung.
    Dunkeld seufzte zum Zeichen, dass er Pitt für einen ungehobelten Patron und ausgesprochenen Spielverderber hielt, andererseits aber von ihm eigentlich auch nichts anderes erwartet hatte. »Also wirklich«, sagte er matt und wandte sich dem Prinzen zu. »Ich bitte um Entschuldigung, Sir. Pitt … bemüht sich nach Kräften.« Ganz offensichtlich sah er in ihm einen Angehörigen der unteren Klassen, der ungefähr derselben Gesellschaftsschicht angehörte wie die Tote, mit dem Unterschied, dass sie ganz offen
zu ihrem Dasein als Prostituierte gestanden und Männern wie ihm das erwünschte Amüsement verschafft hatte, während dieser Polizist einfach prüde und ein fürchterlicher Langweiler war.
    Pitt spürte, wie ihm die Galle hochkam. Lediglich der leicht belustigte Blick, der auf Dunkelds Züge trat, wenn er zu ihm hinsah und der Prinz ihn nicht sehen konnte, hinderte ihn daran, es ihm mit gleicher Münze heimzuzahlen.
    »Damit hat Mr Dunkeld völlig recht, Sir«, erklärte er stattdessen. »Doch die Sache ist äußerst heikel. Selbstverständlich sagt jeder der Herren, dass er zum Zeitpunkt der Tat im Bett war, doch können ihre Gattinnen das angesichts der Art ihrer … Abendunterhaltung nicht bestätigen.«
    »Und was ist mit den Kammerdienern?«, fragte der Prinz hoffnungsvoll.
    »Mit Ausnahme Mr Dunkelds hatten alle Herren ihrem Kammerdiener mitgeteilt, dass sie ihn nicht mehr brauchen.«
    »Ach je. Daran habe ich nicht gedacht. Es muss aber doch etwas geben, was Sie tun können! Wie gehen Sie in einem solchen Fall normalerweise vor?«
    »Ich stelle Fragen, sehe mir Beweismittel an, prüfe die Fakten«, gab Pitt zurück. »Aber nicht jeder Mordfall wird gelöst, vor allem dann nicht, wenn es um … diese Art

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