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Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi

Titel: Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Michéle
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Justin realistisch zu sehen. Einmal hatte Mabel sie beim Schreiben überrascht, aber Abigail hoffte, ihre Cousine nahm an, sie hätte nur einen Brief verfasst. Mabel gegenüber einzugestehen, dass ihre Beziehung zu Justin nicht so unbeschwert war, wie sie es ihr glauben machte, war Abigail viel zu peinlich, als dass sie ein Wort darüber verloren hätte.
    Ihr Kopf brummte, als würden Straßenarbeiter mit Presslufthammern jede einzelne Zelle ihres Gehirns auseinandernehmen, und ihr Mund war völlig ausgetrocknet.
    „Durst“, flüsterte Mabel und versuchte, die Augen zu öffnen, aber erst nach mehrmaligem Blinzeln konnte sie verschwommene Konturen erkennen. Eine weißgekleidete Gestalt mit einem Becher in der Hand beugte sich über sie.
    „Schön, dass Sie wieder da sind.“ Die Stimme der Dame war angenehm leise, denn jedes laute Geräusch verursachte Mabel Kopfschmerzen. „Ich helfe Ihnen, damit Sie trinken können.“
    Sie stützte Mabels Oberkörper, damit sie den Becher mit lauwarmem Pfefferminztee leeren konnte. Nach und nach nahmen die verschwommenen Konturen vor Mabels Augen Gestalt an, und sie erkannte, dass sie in einem Krankenzimmer lag.
    „Was ist passiert?“, flüsterte sie.
    „Sie hatten einen Autounfall, Miss Clarence, und sind im Hospital im Liskeard.“
    Langsam hob Mabel eine Hand und tastete nach ihrem Kopf. Sie konnte keinen Verband fühlen, allerdings klebte auf ihrer rechten Schläfe eine Mullkompresse. Als sie versuchte, ihre Glieder zu bewegen, stöhnte sie vor Schmerzen.
    „Bleiben Sie ruhig liegen, Miss“, sagte die Schwester sanft. „Sie haben großes Glück gehabt, es ist nichts gebrochen und Sie haben keine inneren Verletzungen. Nur eine Platzwunde an der Stirn, die genäht werden musste, und ein paar Prellungen.“ Die junge Schwester lächelte. „In ein paar Tagen wird Ihr Körper in allen Farbschattierungen leuchten. Nun ja, ich denke nicht, Sie wollen demnächst im Bikini über einen Laufsteg spazieren, oder?“
    Mühsam erwiderte Mabel ihr Lächeln. Das Verhalten der Krankenschwestern hatte sich in den letzten Jahren erheblich geändert. Mabel hätte sich eine solch flapsige Bemerkung gegenüber einer älteren Patientin niemals erlaubt.
    Es klopfte, und ohne eine Antwort abzuwarten, stürmte Abigail in den Raum.
    „Mabel! Oh, mein Gott, wie geht es dir? Der Arzt sagt, du hättest eine ganze Armee von Schutzengeln gehabt …“
    „Nicht so laut, bitte.“ Mahnend sah die Schwester Abigail an. „Die Patientin braucht Ruhe, wir können eine Gehirnerschütterung nicht ausschließen.“
    Abigail warf der jungen Frau einen hochmütigen Blick zu. In ihrer Stimme lag die ganze Arroganz des Adels, als sie sagte: „Lassen Sie mich mit meiner Cousine allein. Ich werde klingeln, wenn wir etwas benötigen.“
    Die Schwester nahm ihr Tablett und verließ wortlos das Zimmer. Natürlich wusste sie, wer Abigail Tremaine war,und auch, dass es besser war, sich mit dieser Frau nicht anzulegen.
    Abigail zog einen Stuhl heran, setzte sich und nahm vorsichtig Mabels Hand, in deren Rücken eine Verweilkanüle steckte, durch die die Flüssigkeit einer Infusion rann.
    „Ich sagte dir immer wieder, du mögest Justin bitten, dich zu fahren, wenn du irgendwohin willst. Mit deinem alten Auto musste früher oder später ja mal was passieren.“
    „Bevor ich nach Cornwall kam, habe ich den Corsa in der Werkstatt durchsehen lassen“, warf Mabel ein und hielt ihren schmerzenden Kopf. „Das ist keine vier Wochen her, und ich bin sicher, wenn mit den Bremsen etwas nicht in Ordnung gewesen wäre, hätte man es bemerkt.“
    „Bremsen?“ Alles Blut wich aus Abigails Wangen. „Du meinst, die Bremsen haben versagt?“
    Mabel nickte, und plötzlich erinnerte sie sich wieder an alles. Das Treffen mit Alan Trengove, seine Bestätigung, dass Sarah Miller Arthurs uneheliche Tochter und Erbin war, und ihre eigene, nervöse Anspannung, da sich die Fäden um Abigail herum immer enger zogen. Sie hatte zu Victor fahren und ihm davon erzählen wollen. Vor Mabels Augen stand nun deutlich die abschüssige, kurvige Straße, sie wurde immer schneller, wollte bremsen, doch ihr Fuß trat ins Leere. Dann war da der Traktor, ihr Auto überschlug sich und schließlich die Schwärze, die sich über und unter ihr breitmachte.
    Während ihrer nächsten Worte ließ sie Abigail nicht aus den Augen. „Ich glaube nicht, dass es ein Zufall war.“
    „Das ist Unsinn!“ Aufgeregt sprang Abigail auf und lief im Zimmer auf und ab.

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