Die Tote Von Higher Barton: Ein Cornwall-Krimi
war es ganz gut, dass sie mal eine Zeit lang hier war.“
Langsam begann Mabel zu verstehen, worauf Victor hinauswollte. Leise fragte sie: „Und dann hat Ihre Nichte Michael Hampton kennengelernt?“
Er nickte grimmig. „Weiß nicht wo, aber plötzlich zog sie mit dem Typen rum. Hab’ ihr gesagt, dass sie für so etwas noch viel zu jung sei, sie wollte aber nicht hören. Meinte, sie wäre alt genug, um sich zu verlieben. Nun …“, Victor hob die Hände und seufzte, „dieser Scheißkerl hat sie geschwängert und sitzengelassen. Will natürlich nichts mehr davon wissen und meint, Carol wäre mit jedem ins Bett gestiegen.“
„Das ist ja schrecklich! Darüber haben Sie mit ihm auf der Straße gestritten.“
Victor nickte. „Wollte ihm sagen, dass er nicht so einfach davonkommt, zumindest Alimente muss er zahlen, wenn das Kind mal da ist. Er hat mich aber nur ausgelacht.“
„Warum haben Sie mir das nicht gleich gesagt, sondern geleugnet, Michael Hampton überhaupt zu kennen?“
Eine leichte Röte flog über Victors Wangen.
„Tja, spricht nicht gerade für mich, die Sache, oder? Schließlich wurde das Mädchen meiner Obhut anvertraut, und ich bringe sie schwanger ihren Eltern zurück. Die sind natürlichstinksauer, meine Schwester macht mir die Hölle heiß und nennt mich einen alten Trottel. Bin nicht gerade stolz darauf, dass ich auf Carol nicht besser aufgepasst habe.“
„Verständlich“, erwiderte Mabel und nickte. „Ich verstehe, dass Sie auf Michael nicht gut zu sprechen sind.“
Victors buschige Augenbrauen zogen sich über seiner Nasenwurzel zusammen.
„Mit dem Unfall hab’ ich nichts zu tun. Warum hätte ich ihm was tun sollen? Ich brauche ihn lebend, um beweisen zu können, dass er der Vater ist. Dann kann er zahlen. Oder vielmehr seine Eltern, die mir übrigens die Tür vor der Nase zugeknallt haben, als ich mit ihnen sprechen wollte.“
Mabel war geneigt, dem Tierarzt zu glauben, ein Rest Skepsis blieb jedoch. Victors Erklärung klang einleuchtend, Mabel konnte auch verstehen, dass er sich Vorwürfe machte, nicht bemerkt zu haben, dass seine Nichte sich mit Michael einließ, dennoch blieb Mabel zurückhaltend. So sehr es ihr auch unter den Nägeln brannte, jemandem von ihren Vermutungen über Sarah Miller und Abigail zu erzählen – Victor Daniels konnte sie im Moment nicht vollständig vertrauen. Mabel musste erst feststellen, inwieweit seine Ausführungen der Wahrheit entsprachen.
„Der Unfall ist trotzdem seltsam“, sagte Mabel und fixierte Victors Gesicht, in dem sich nichts regte. Er zuckte lediglich mit den Schultern.
„Wir wissen ja, wie die jungen Leute sind – sie trinken zu viel und fahren zu schnell.“
„Michael hatte nur ein Bier getrunken“, unterbrach ihn Mabel. „Außerdem war er ein guter Fahrer, und die Straße war trocken und an der Stelle, wo er den Unfall hatte, schnurgerade.“
Victor sah sie erstaunt an.
„Sie waren dort?“
Eigentlich hatte Mabel Victor das nicht verraten wollen, da es ihr aber nun herausgerutscht war, nickte sie.
„Ich kann mir nicht vorstellen, warum der junge Mann verunglückt ist. Sie müssen zugeben, Victor, die Sache ist äußerst seltsam.“
Victor schlug sich auf den Oberschenkel und rief laut: „Seltsam? Ich würde sagen, sie stinkt zum Himmel! Aber ich, meine liebe Mabel, habe damit nichts zu tun. Nicht das Geringste! Wie ich vorhin erklärte habe, hoffe ich, dass Michael überlebt, damit er die Verantwortung für sein Kind übernehmen kann.“
„Könnte Carol …?“ Sofort nachdem sie die beiden Worte ausgesprochen hatte, verengten sich Victors Augen und er sagte zornig: „Zu so etwas ist meine Nichte nicht fähig, außerdem ist sie in York.“ Er lachte bitter. „Als ich vor ein paar Tagen mit ihr telefonierte, musste ich leider feststellen, dass Carol diesen Mistkerl immer noch liebt und sich die Augen nach ihm ausweint.“
„Keinesfalls wollte ich Ihre Nichte verdächtigen.“ Mabel sah ihn entschuldigend an, trank dann ihre Tasse aus und stand auf. „Danke für den Tee, Victor.“
Er grinste. „Warum danken Sie mir? Sie haben ihn schließlich gemacht.“
„Auch wieder wahr“, entgegnete Mabel. „Sie sollten wirklich zusehen, bald eine neue Haushälterin zu finden.“
„Wir sollten mit dem Anwalt in Truro sprechen“, sagte er plötzlich zusammenhangslos.
„Das habe ich bereits getan“, antwortete Mabel. „Ich war heute Vormittag in Truro, der Anwalt unterliegt jedoch derSchweigepflicht und
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